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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Wahl, als dem Willen meines Onkels zu gehorchen.«
    »Nein, Herrin!« Calma hob beschwörend die Hände. »Sagt so etwas nicht! Seine Träume soll man niemals verraten, denn durch sie spricht der Schöpfergeist selbst zu uns. Ihr habt ihn doch noch, Euren Traum, oder nicht?«
    Rionna nickte zögernd.
    Der Traum… Es war immer wieder derselbe Traum, der sie in den Nächten heimsuchte: Sie sah sich inmitten dunkler Mauern gefangen, und Verzweiflung wohnte in ihrem Herzen – bis jemand kam, um sie mit blankem Schwert aus ihrem Gefängnis zu befreien, ein aufrechter Kämpfer, dessen Gesicht sie allerdings niemals zu sehen bekam…
    »Träume, Herrin, zumal wenn sie von solchen Dingen handeln, sind mehr als Schimären, die uns des Nachts verwirren. Ob wir danach handeln oder nicht, ist uns überlassen. Aber tun wir es nicht, werden unsere Wünsche für immer unerfüllt bleiben.«
    »Meinst du?«
    »Es ist so sicher wie der frühe Winter, den ich schon jetzt in meinen alten Knochen spüre.«
    »Ach, Calma…« Traurig schüttelte Rionna den Kopf und trat an das hohe Fenster ihres Gemachs, blickte hinaus auf die Dächer der Stadt, von denen aus Vögel in den leuchtenden Morgenhimmel flatterten. »Wie sehr wünschte ich, du hättest recht. Wie sehne ich mich danach, dem Gefängnis aus Prunk und Wohlstand zu entfliehen, das mein Onkel um mich errichtet hat.«
    »Dann müsst Ihr auf den Kämpfer aus Eurem Traum warten.«
    »Ich soll auf ihn warten?« Rionna lachte freudlos. »Ich weiß ja nicht mal, wie er aussieht.«
    »Ihr werdet ihn erkennen, mein Kind. Wenn die Zeit reif ist dafür, werdet Ihr ihn erkennen.«
    »Und… wenn er nicht kommt?«
    »Er wird kommen«, war Calma überzeugt. »Aber Ihr müsst geduldig sein. Auf die Erfüllung seiner Träume, mein Kind, lohnt es sich immer zu warten.«
    »Auch dann, wenn ich mich damit dem Willen meines Onkels widersetze?«, fragte Rionna leise.
    Calma zögerte keinen Augenblick mit der Antwort.
    »Auch dann«, sagte sie leise.

 
    6
     
     
     
    Sein Name war Leffel Gilg.
    Eigentlich hieß er Leffel Furr – zumindest war »Furr« der Name seiner Eltern gewesen. Aber die Leute aus dem Dorf und von den umliegenden Gehöften nannten ihn nicht so. Sie pflegten ihn »Gilg« zu rufen, weil sie ihn für einen nichtsnutzigen Tölpel hielten. Und schlimmer noch, für einen Tunichtgut und Tierschinder.
    Unzählige Geschichten erzählte man über ihn – doch nicht einmal die Hälfte davon entsprach auch nur annähernd der Wahrheit. Es wurde behauptet, dass der Gilg dem Bauer Dobler Vieh gestohlen und den Müller um zwei Sack vom besten Mehl erleichtert hätte, dass er den Wirt vom »Springenden Hirsch« um ein Fässlein Bier betrogen und dem Magistrat üble Streiche gespielt hätte, dass er die Gesellschaft der Menschen mied, weil er mit Koblingen und Feldgeistern befreundet wäre, und dass er die moosgrüne Kappe auf seinem Kopf auch zu den Mahlzeiten nicht abnahm.
    Das meiste davon war erstunken und erlogen – bis auf die Sache mit der Kappe, die er tatsächlich auch beim Essen anbehielt. Aber dafür gab es einen Grund.
    Jeder Versuch, den Leffel unternahm, sich den Leuten vom Dorf anzunähern und die Vorurteile gegen seine Person abzubauen, hatte für ihn stets nur in neuen Schwierigkeiten geendet.
    Ihm wurde noch immer unwohl, wenn er daran dachte, wie er der Nichte der Witwe Burz den Hof hatte machen wollen. Jolanda war ein hübsches Mädchen, das allerdings arg nach seiner Tante kam und deshalb mehr in die Breite als in die Höhe geschossen war. Aber Leffel bildete sich ein, in ihr Herz geschaut und dort nur Gutes gesehen zu haben, weswegen er auf das Äußere nichts gab. Als er allerdings an die Tür des Burzer Hofs klopfte, um der Dame seines Herzens einen frisch gepflückten Strauß Wiesenblumen zu überreichen, da öffnete ihm die alte Burz und dachte, die Blumen wären für sie bestimmt. Zeit, sich zu erklären, bekam Leffel nicht – mit dem Besen in der Hand fegte ihn die resolute Witwe vom Hof und rief ihm hinterher, keine Frau der Welt, und wäre sie noch so einsam, würde einen so hässlichen Dingeier wie ihn zum Mann haben wollen. Und schon am nächsten Tag erzählte man überall im Dorf, der Gilg hätte sich der Witwe Burz auf höchst unsittliche Weise genähert.
    So ging es immer. Was Leffel auch anfing und was er auch tat – die Leute im Dorf stellten sich gegen ihn und erzählten über ihn hässliche Dinge. Schon oft hatte er darüber nachgedacht, seine Heimat zu

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