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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Rionnas anmutige Gesichtszüge waren zur Maske erstarrt, die Brust der jungen Frau hob und senkte sich unter tiefen Atemzügen, hervorgerufen von Trotz und Zorn. Wie sie so vor ihm stand, hatte sie viel von ihrem Vater.
    Entschieden zu viel, wie Klaigon fand.
    »Was ich verlange, ist also nicht rechtens?«, fragte er mit gefährlich leiser Stimme. »Nach allem, was ich für dich getan habe, wagst du es, mir so etwas zu sagen! Nachdem ich dich nach deines Vaters Tod in mein Haus aufgenommen habe wie mein eigenes Kind!«
    »Für alles, was du für mich getan hast, gebührt dir mein Dank und mein Respekt, Onkel«, versicherte Rionna. »Aber deshalb werde ich dir nicht mein Leben opfern.«
    »Mir dein Leben opfern?« Klaigon war laut geworden und ruderte empört mit den Armen. »Wenn du so sprichst, klingst du wie dein Vater. Diese Angewohnheit, kleine Dinge maßlos zu übertreiben, hast du von ihm!«
    »Es geht hier nicht um kleine Dinge, Onkel, sondern darum, wie ich den Rest meines Lebens verbringen soll. Ich verspüre kein Verlangen danach, die Frau eines Mannes zu werden, den ich nicht liebe und der ein tumber Krieger ohne Geist und Verstand ist.«
    »Fürst Barand ist weit mehr als das«, widersprach Klaigon erzürnt. »Er ist ein junger Herr von vornehmem Geblüt. Seine Ahnenreihe reicht zurück bis in die Tage von Díurans Fahrt.«
    »Und wenn schon. Das macht ihn nicht klüger und meine Zuneigung zu ihm nicht größer.«
    »Zuneigung…« Klaigon verzog verächtlich das Gesicht. »Schon wieder höre ich deinen Vater reden.«
    »Vater war stets der Ansicht, dass die Liebe das höchste Gut ist und nicht den Interessen der Macht geopfert werden darf«, versetzte Rionna. »Doch nichts anderes hast du vor. Glaubst du, ich wüsste nicht, weshalb du mich Barand zur Frau geben willst?«
    Klaigon stellte sich unwissend. »Weshalb?«
    »Fürst Barand ist der oberste Befehlshaber deiner Armee, und ungeachtet der Tatsache, dass er ein stumpfsinniger Schlagetot ist, schätzen und respektieren ihn seine Soldaten. Bei einer Verbindung unserer beider Familien würde ihre Loyalität auch uneingeschränkt dir gehören. Außerdem befinden sich die Silberminen am Bennanderk von alters her im Besitz von Barands Familie, und so darfst du dir einen satten Gewinn erhoffen, wenn du mich ihm zur Frau gibst.«
    »Was ist falsch daran?«, fragte Klaigon mit unschuldsvoller Miene.
    »Man verschachert sein eigen Fleisch und Blut nicht aus Gewinnsucht!«, erklärte Rionna und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Klaigon schüttelte tadelnd den Kopf. »Der Starrsinn deines Vaters spricht aus dir. Auch Karrol war nie bereit, sich auf neue Gedanken und Wege einzulassen. Er hat am Althergebrachten festgehalten bis zuletzt.« Er schaute seine Nichte unverwandt an, während er weitersprach. »Worum es mir am allermeisten geht, Rionna, ist deine Zukunft. Ich habe deinem Vater auf dem Sterbebett versprochen, mich um dich zu kümmern. Doch ich werde nicht ewig leben und Fürstregent sein. Wenn du Fürst Barand heiratest, wird es dir auch zukünftig an nichts fehlen. Du wirst die Gemahlin eines stolzen und geachteten Herrn, der sehr wahrscheinlich zum nächsten Fürstregenten gewählt werden wird. Es geht mir um dein Wohl, Rionna. Das ist es, was mir am Herzen liegt.«
    Während er sprach, waren seine kantigen Züge weich geworden und nahezu gütig und seine sonst so harte und abweisende Stimme sanft und milde.
    Rionna bemerkte es wohl, und statt eine harsche Erwiderung vorzubringen, senkte sie schuldbewusst das Haupt und sagte leise: »Verzeih, Onkel. Ich weiß, dass du nur mein Bestes willst. Aber ich kann den Gedanken, Barand zu heiraten und den Rest meines Lebens an seiner Seite zu verbringen, einfach nicht ertragen. Er ist mir fremd.«
    »Barand ist dir fremd?«, fragte Klaigon erstaunt. »Du kennst ihn von Kindesbeinen an. Er müsste für dich wie ein Bruder sein.«
    »Ja, wie ein Bruder. Aber nicht wie ein Mann, der mein Herz gewinnen könnte.«
    »Der Starrsinn eines Weibes!« Klaigon wurde wieder laut, und er schüttelte den Kopf. »Womit habe ich eine solche Nichte nur verdient?«
    Er wandte sich ab, trat wieder hinaus auf den Balkon und schaute über das weite Land. Es war später Sommer, aber schon erfüllte eine Ahnung von Winter die Luft. Es hatte geschneit in den Bergen, ungewöhnlich früh.
    »Willst du mir wenigstens versprechen, es dir noch einmal zu überlegen?«, fragte er nach einer Weile des Schweigens, ohne sich nach Rionna

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