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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Wir sind niemandem zugehörig und bedürfen niemands Hilfe. Schon gar nicht der dieses großmäuligen Hohlkopfs, der auf dem Königsthron sitzt.«
    Erschrocken blickte sich Leffel um, weil er fürchtete, jemand könnte sie belauscht haben – so vom Fürstregenten zu sprechen, konnte leicht als Hochverrat ausgelegt werden. Aber die alte Straße, die sich zwischen den grauen Hügeln nach Osten wand, war menschenleer, und der dichte Regen war wie ein Vorhang, der sie rauschend umhüllte.
    »Wenn du so denkst«, wandte Leffel ein, »wieso tust du dann, was Klaigon befohlen hat? Weshalb bist du überhaupt in die Goldene Stadt gekommen?«
    »Weil es der letzte Wunsch meines Bruders war. Er wollte, dass ich nach Iónador gehe und die hohen Herren über die Gefahr in Kenntnis setze, die aus den Bergen droht. Aber Klaigon und seinesgleichen sind entweder zu dumm oder zu blind, um die Wahrheit zu erkennen. Deshalb muss ich nach Damasia, um diesen Druiden zu finden. Die Erle müssen aufgehalten werden. Sie müssen bestraft werden für das, was sie meinem Bruder angetan haben.«
    »Du tust es also nicht für die Menschen von Allagáin? Nicht für die armen Bauersleut’, für die Alten, Frauen und Kinder?«
    »Natürlich nicht!«, sagte der Jäger heftig – ein wenig zu heftig, wie Leffel fand, aber er hakte nicht weiter nach.
    »War dein Bruder ein Jäger wie du?«, erkundigte er sich stattdessen.
    »Ja.«
    »Willst du mir von ihm erzählen?«
    »Da gibt es nichts zu erzählen«, erwiderte Alphart. »Er ist tot, die Erle haben ihn ermordet. Aber ich werde ihn rächen, das habe ich geschworen. Diese verdammten Kreaturen werden für ihre Untat büßen.«
    »Hm«, machte der Gilg nachdenklich. »Es muss furchtbar sein, einen Bruder zu verlieren. Ich selbst hatte nie einen Bruder, weißt du. Genau genommen habe ich noch nicht einmal einen richtigen Freund. Willst du mein Freund sein, Alphart Wildfänger? Dann würde ich versuchen, dir wie ein Bruder zu sein.«
    »Dummkopf!«, knurrte der Jäger. »Du kannst meinen Bruder nicht ersetzen.«
    »Das nicht«, räumte Leffel ein, »aber ich könnte dir ein treuer Gefährte sein. Ich könnte dir von meinen Geheimnissen erzählen und du mir von deinen. Wir könnten Freunde sein, die gemeinsam durch dick und dünn gehen, die füreinander einstehen und…«
    »Kannst du auch schweigen?«, fiel der Jäger ihm ins Wort.
    »Natürlich«, gab Leffel zurück, »ich kann…«
    Mit einer energischen Geste ließ Alphart ihn verstummen.
    Abrupt blieb der Wildfänger stehen. Er schlug die Kapuze zurück und lauschte in den Wind, der durch die Senken pfiff.
    »Was ist?«, flüsterte Leffel kaum hörbar, während er merkte, wie seine alte Furcht zurückkehrte. Es war die Angst vor dem Unbekannten, die er während der Unterhaltung mit dem Jäger fast vergessen hatte…
    Trotz des strömenden Regens und der tiefen Pfützen, die auf der Straße standen, ließ sich Alphart auf die Knie nieder und legte seine Rechte auf einen der Pflastersteine. Dann schloss er die Augen und schien für einen Moment alles um sich herum zu vergessen. Schweigend lauschte er. Als er die Augen schließlich wieder aufschlug, lag ein Ausdruck darin, der Leffel erschreckte.
    »Wir sind nicht allein«, sagte der Wildfänger leise. »Da sind noch welche auf der Straße – und das sind keine Menschen!«

 
    12
     
     
     
    Nie zuvor hatte Galfyn solches Grauen gesehen.
    Blanker Schrecken war über die Wälder hereingebrochen. Blinder Hass hatte sich entladen und Tod und Verwüstung hinterlassen.
    Noch vor wenigen Tagen, als Galfyn und seine Männer ausgezogen waren, um zu jagen, war das Dorf ein Hort des Lebens und der Freude gewesen, ein Ort des Friedens und des Lichts inmitten der Düsternis des Waldes.
    Nun war nichts mehr davon übrig.
    Obwohl es sich für einen Krieger, noch dazu für einen Stammeshäuptling, nicht geziemte zu weinen, konnte Galfyn die Tränen nicht zurückhalten. Der Anblick, der sich ihm und seinen Gefährten bot, war zu entsetzlich.
    Von den Baumhäusern waren nur noch schwelende Trümmer übrig. Rauch lag über den Bäumen, der bittere Geruch des Todes tränkte die kalte Luft. Am Grässlichsten aber war, was die Angreifer mit den Bewohnern des Dorfes angestellt hatten. Der furchtbare Feind hatte sich nicht damit begnügt, sie alle zu töten – er hatte ihre Leichen so furchtbar zugerichtet, als wollte er sie selbst im Tod noch verhöhnen…
    Galfyn blickte an den zugespitzten Pfählen empor, auf denen

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