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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Stegen. Nichts, was eine Horde blutrünstiger Erle hätte aufhalten können.
    Der Häuptling zog den Rüssel kraus und bleckte die gelben Zähne. Mit einer herrischen Geste forderte er, dass man ihm Pfeil und Bogen reichte. Dann legte er eines der vergifteten Geschosse an die Sehne. Erlbogen waren kurz und stark, und es bedurfte großer Kraft, sie zu spannen – Lorga bezweifelte, dass ein Mensch dazu in der Lage gewesen wäre.
    Er hingegen zog die Sehne mühelos bis zu seinem Ohr zurück. Einen Augenblick verharrte er, zielte genau, dann ließ er den Pfeil von der Sehne schnellen.
    Mit einem flirrenden Geräusch zuckte der gefiederte Tod hinaus in die Nacht – um einen Herzschlag später eine der Wachen zu ereilen, die auf den Stegen postiert waren.
    Der Pfeil traf den Mann in die Brust und durchschlug den ledernen Panzer, den er trug. Der Wächter ließ Schild und Speer fallen und taumelte zurück. Er durchbrach das Brückengeländer und stürzte in die Tiefe, direkt in eines der Feuer, sodass die Funken hoch in die Nacht stoben.
    Die Erle verfielen in schadenfrohes Grunzen. Lorga gab den Befehl zum Angriff, und die Farne und Büsche teilten sich und entließen eine Horde kreischender Bestien, die mit blanken Waffen über die erschrockenen Menschen herfielen.
    Die überrumpelten Wächter starrten auf das Grauen, das aus dem Dickicht stürzte, direkt auf sie zu.
    Dann hatten die Angreifer sie auch schon erreicht.
    Die Wächter am Feuer wurden kurzerhand niedergemacht. Hier und dort zuckten ein paar Pfeile von den Stegen herab. Aber die Erle waren nicht aufzuhalten. In ihrer Raserei versuchten einige von ihnen, die knorrigen Stämme mit bloßen Klauen zu erklimmen. Andere warfen rostige Eisenhaken nach oben, an denen grob geflochtene Seile geknotet waren, an denen sie emporkletterten.
    Die ersten Seile vermochten die Verteidiger noch zu kappen, sodass die Erle mit wütendem Grunzen zu Boden schlugen. Dann jedoch gelang es Lorga, einen der Stege zu erklimmen und den Wächter dort mit einem furchtbaren Axthieb zu fällen, woraufhin der Anführer der Erle einen gellenden Kriegsschrei ausstieß.
    Ehe die so brutal aus dem Schlaf gerissenen Menschen vollends begriffen, dass es kein Albtraum war, den sie erlebten, fielen die Bestien mordend über sie her. Grässliche Schreie erklangen und vermischten sich mit dem Gebrüll der Erle. Rauch stieg von den Hütten auf, und der bittere Geruch von Blut wurde bald überlagert von dem des Feuers, das die Unholde legten.
    Schließlich verstummte das Geschrei der Menschen.
    »Auftrag ausgeführt, Lorga!«, erstattete einer der Unterführer dem Häuptling Bericht. »Keiner der elenden Menschen ist mehr am Leben. Kaelor wird sehr zufrieden sein!«
    »Noch nicht«, widersprach der Häuptling. Mit blutbesudelter Klaue griff er unter seinen rostigen Harnisch und zog ein Stück Stoff hervor, das in Blau und Gold gehalten war und im rauen Nachtwind flatterte.
    Lorga nahm sich einen herrenlos am Boden liegenden Speer, durchbohrte damit den Stofffetzen, dann holte er aus und schleuderte den Speer. Im Stamm einer Eiche blieb er stecken, an ihm das verräterische Banner, schmutzig und vom Geruch des Todes durchtränkt.
    Schon bald würde das Schicksal seinen Lauf nehmen.
    Genau wie Kaelor es vorausgesagt hatte…

 
    11
     
     
     
    Bei Anbruch der Dämmerung wurden Leffel Gilg und Alphart Wildfänger von den Wachen des Túrin Mar durch das Stadttor und über die große Brücke geführt. Vom Hausmeier waren sie mit Proviant für drei Tage versorgt worden – mit Pökelfleisch und Käse, dazu mit Brot aus weißem Mehl, wie die vornehmen Leute es aßen. Den Weg zum Urberg hatte man ihnen nicht lange zu erklären brauchen; sie mussten, so hatte man ihnen gesagt, nur der alten Hauptstraße nach Nordosten folgen, die in alter Zeit die Festen Iónador und Damasia miteinander verbunden hatte. Dass sie über weite Strecken verfallen war und gefährlich nah am Schwarzmoor verlief, verschwieg man geflissentlich.
    Anders als die Berge des Hintertals, wo sich Alphart auskannte wie in seiner Rocktasche, war ihm der Nordosten Allagáins nicht vertraut. Er wusste nur, dass jenseits des alten Grenzwalls der Dunkelwald begann, über den auch die mutigsten Wildfänger Allagáins nur hinter vorgehaltener Hand sprachen. Es hieß, Geister und andere finstere Geschöpfe gingen dort um, und keiner, der nicht dem Waldvolk angehörte, dürfte ihn betreten, wenn ihm sein Leben lieb wäre.
    Alphart hatte nie viel von

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