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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Verstand es dir nicht längst gesagt? Sieh mich an und zittere, elende Kreatur – denn ich bin Muortis, der Herrscher der Finsternis, Gebieter über Nebel und Eis.«
    Die schwarze Gestalt breitete die Arme aus, sodass Erwyn das Gefühl hatte, von der Dunkelheit eingehüllt zu werden. Es war, als würde er in einen gähnenden Abgrund starren. Die grässliche Präsenz des Bösen umlauerte ihn wie eine Natter, schien nur auf den Augenblick zu warten, in dem sich sein Verstand eine Blöße gab, um unvermittelt zuzubeißen und ihn zu vergiften, ihn hinabzureißen in die kalte Kluft des Wahnsinns.
    »N-nein – nein…«, presste er stockend hervor, was sein finsteres Gegenüber nur noch mehr zu amüsieren schien.
    »Da liegst du nun vor mir, kleines Sylfensöhnchen, und zitterst um dein Leben. Wenn der alte Narr dich jetzt nur sehen könnte, dieser törichte Greis, den du als Yvolar kennst. Schon viel zu lange weilt er auf Erden und verpestet die Gedanken der Sterblichen mit dem, was er für die Wahrheit hält. Dabei ist er nichts als ein Scharlatan.«
    »Y-Yvolar«, wiederholte Erwyn ängstlich den Namen des Druiden. »Ist er…?«
    »Keine Sorge, mein kleiner Freund. Der alte Narr ist wohlauf, ebenso wie die Sterblichen, die so töricht sind, ihm auf seiner sinnlosen Mission zu folgen. Ich sehe keinen Nutzen darin, sie zu vernichten, denn sie können mir nicht mehr gefährlich werden.« Wieder lachte Muortis. »Glaubst du denn, mir bliebe etwas verborgen? Denkst du im Ernst, ich hätte all die Jahrtausende schlafend verbracht? Der Druide mag dir das erzählt haben – eine Lüge wie alles, was er von sich gibt. Ich habe mich zurückgezogen und meine Kräfte gesammelt, das ist wohl wahr. Aber während ich dies tat, habe ich die Welt beobachtet. Ich habe Spione ausgesandt, und du darfst mir glauben, dass es unter den Sterblichen mehr als genug gab, die willens und bereit waren, mir zu dienen.«
    »Ich weiß«, entgegnete Erwyn in einem Anflug von Trotz. Wie der Finstere über seinen Mentor Yvolar sprach, erregte seinen Widerwillen. »Meister Yvolar hat mir gesagt, dass Ihr die Menschen mit falschen Versprechungen lockt.«
    »Ich gebe ihnen das, was sie sich ersehnen«, bestätigte der Herr des Eises. »Was ist falsch daran? Der eine wünscht sich ein großes Haus mit festen Wänden, ein anderer des Nachbarn Weib, der Nächste so viel Wein und Fleisch, wie sein feister Wanst nur fassen kann. Gier, mein unbedarfter junger Freund, ist eine starke Antriebsfeder – solltest du das noch nie erfahren haben?«
    »Noch nie«, behauptete Erwyn. »Und ich will es auch nicht.«
    »Sei unbesorgt, dazu wird es nicht kommen. Denn während deine Gefährten nichts sind als wertlose kleine Maden, die ich jederzeit zertreten kann, stellst du eine Gefahr dar, die ich nicht unterschätzen darf. Nur ein Erbe Ventars, ein Nachkomme des ach so heldenhaften Danaón, kann mir Einhalt gebieten – du, mein unbedarfter Freund!«
    Erwyn war nicht in der Lage, etwas zu erwidern. Schon zuvor hatte der Nebelherr angedeutet, seine Identität zu kennen, aber in diesem Moment erst wurde dem Jungen klar, was dies tatsächlich bedeutete: Muortis wusste, was Yvolar vorhatte! Er kannte den Plan des Druiden – und war dabei, ihn zu vereiteln!
    »Ja«, stimmte der Finstere zu, für den Erwyns Gedanken offenbar ein offenes Buch waren, »damit hast du nicht gerechnet, nicht wahr? Weder du noch einer deiner einfältigen Freunde – und schon gar nicht der alte Tor, der euch anführt. Wie sollte er auch? Sein Leben lang war er damit beschäftigt, das Wesen der Welt zu erforschen und Dinge zu ordnen, die nicht zu ordnen sind. Schon einmal musste er diese Erfahrung machen, doch statt aus seinen Fehlern zu lernen, wiederholt er sie. Die Menschen wollen keine Ordnung und keinen Frieden. Chaos und Zerstörung sind es, wonach ihre Gesinnung verlangt. Ich gebe ihnen, was sie wollen.«
    »Aber I-Ihr zerstört alles. Die Welt, in der wir leben…«
    »Die Welt hat es nicht besser verdient. Glaubst du denn, meine Armeen könnten die Sterblichen bezwingen, wenn diese nicht längst aufgehört hätten, an sich und ihre Welt zu glauben? Selbstvergessen und maßlos, wie sie sind, haben sie sich selbst dem Untergang geweiht. Weder auf das Morgen noch auf das Gestern ist ihr Blick gerichtet, sondern einzig auf das Hier und Jetzt. Mit einer Ausnahme: Du, mein Freund, bist die Verbindung zur Vergangenheit, zu einer Zeit, in der mir die Menschen noch die Stirn bieten konnten – zu

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