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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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und seiner Sippe damit jede Möglichkeit nahm, den grimmen Winter zu überstehen, entgegnete der Herr von Búron Dunán: »Wenn unsere Soldaten nicht gestärkt in den Kampf ziehen, wird kein Mensch jemals wieder das Frühjahr erleben.«
    Nachdem das Heer an den Ufern des von Eis bedeckten Sees die Nacht verbracht hatte, setzte es seinen Marsch fort und folgte weiter dem Lauf des Allair. Bitterkalter Wind strich durch die Senken und nagte an der Entschlossenheit der Männer, und der Marsch durch den zerstampften Schnee war eine Qual. Nur schleppend kam die Streitmacht voran, selbst die Reiter bewegten sich nur langsam vorwärts. Oder war es mehr als die ungünstige Beschaffenheit des Bodens, die das Vorankommen des Heeres hemmte? Rannten die Waldkrieger und die Soldaten Iónadors bereits gegen ein Hindernis an, das der Feind errichtet hatte?
    Besorgt schauten Barand und Galfyn in die Mienen ihrer Männer und sahen Furcht und Verzweiflung darin. Je weiter es nach Süden ging, desto langsamer schleppte sich das Heer dahin. Wo war die Entschlossenheit der Männer geblieben, wo ihr Wille, sich der feindlichen Streitmacht zu stellen?
    Schon gab es unter den Clanführern manche, die den Rückzug forderten, die nicht einsehen wollten, weshalb ein Waldkrieger sein Leben im Kampf für Iónador wagen sollte, wo man doch kurz zuvor noch in den Krieg gegeneinander gezogen war. Noch konnte Galfyn sie beschwichtigen, aber es war fraglich, wie lange noch. Auch Barands Ritter wurden, je weiter es nach Süden ging, von immer mehr Zweifeln befallen; Búron Dunán hatte sie besänftigt und ihre Mägen gefüllt, aber würden sie durchhalten? Würde es noch ein schlagkräftiges Heer sein, das Barand und Galfyn vor die Mauern Iónadors führten, oder nur noch ein versprengter Haufen, der dem Untergang geweiht war?
    Die Zweifel wuchsen mit den Schatten, als die Sonne dem Horizont entgegensank. Nur vereinzelt vermochten ihre Strahlen die dichte Wolkendecke zu durchdringen, fahle Funken Hoffnung, die auf die Erde fielen, um sogleich in Schnee und Eis zu verlöschen.
    Das Böse hielt Einzug in Allagáin.

 
    22
     
     
     
    Die Kälte, die tief unter der gewaltigen Bergmasse herrschte, unterschied sich von jener an der Oberfläche. Gegen diese Kälte half keine Kleidung und kein wärmendes Feuer; sie war unbarmherziger als der Eiswind über den Hügeln, schneidender als der Frost, der Flüsse und Seen erstarren ließ, tödlicher als die längste Winternacht.
    Die Kälte war von solcher Bitterkeit, dass sie nicht nur alles Leben, sondern auch den Geist gefrieren ließ. Wer dieses unterirdische Reich betrat, dem ließ sie das Blut in den Adern gefrieren. Zischend, heulend strich sie durch Höhlen und Grotten, getrieben vom Atem des Untiers, das ihr Urheber war. Überall breitete sie sich aus, drang auch in den letzten Winkel Urgulroths, um von dort emporzusteigen in die Welt. Der eisige Tod, der Allagáin erstickte, nahm hier seinen Anfang.
    Als Erwyn die Augen öffnete, konnte er zunächst nicht sehen.
    Seine Hände und Füße spürte er kaum noch vor Kälte, die ihre nadelspitzen Zähne nicht nur in seine Haut und seine Knochen senkte, sondern auch in sein Herz. Furcht ergriff von ihm Besitz, die ihn nur noch mehr zittern ließ, und er vermochte nicht festzustellen, wo die Kälte endete und die Angst begann. Dunkelheit umgab ihn, die durchsetzt war mit unheimlichen Geräuschen.
    Das Pfeifen kalter Luft.
    Das Klirren von Eis.
    Unheimliche Schreie.
    Und schließlich das Schnauben einer Kreatur, die älter und gefährlicher sein musste als alles, was Erwyn kannte. Mit jedem Atemzug, den sie tat, nahm die Kälte zu, auch wenn das kaum noch möglich zu sein schien.
    Der Eisdrache…
    Erwyn entsann sich der finsteren Kreatur, von der Yvolar ihm berichtet hatte, und mit der Erinnerung an den Druiden kehrte auch jene an die jüngsten Ereignisse zurück, obschon sie dunkel und verschwommen waren. Der Junge entsann sich, dass plötzlich riesenhafte Gestalten aus dem Nebel aufgetaucht waren. Die Schreie seiner Gefährten und das Gebrüll der Ungeheuer klang ihm noch in den Ohren.
    Etwas hatte ihn gepackt und hinfortgerissen, mit derartiger Wucht, dass er das Bewusstsein verloren hatte. Was seither geschehen oder wie viel Zeit verstrichen war, wusste er nicht. Und wären da nicht das grässliche, alles durchdringende Schnauben gewesen und die tödliche Kälte, so hätte der Junge wohl auch keine Ahnung gehabt, wo er sich befand. So jedoch stand ihm die

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