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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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zu gehen«, meinte Embelys. »Sie trifft sich mit jemand.«
    Embelys’ Hand schnappte zu, und sie schob sich einen zappelnden Käfer in den Mund, den sie mit unverkennbarem Genuss zerkaute. »Außerdem hat sie was drauf. Und im Unterschied zu Lavern finde ich es schmerzhaft, von einem Blitz gespalten zu werden.«
    »Lavern ist tot.« Vur zuckte mit den Schultern, worauf zwei weitere Federn auf das Wurzelgeflecht der Zypresse sanken.
    »Sag ich ja.« Embelys zog sich zurück, machte es sich auf ihrem Ast bequem, drückte die Beine an den Stamm und lehnte den Kopf gegen die Rinde.
    »Also warten wir.«
    »Wir warten.«
    Unter den Bäumen tauchte ein riesiger schwarzer Wolf auf und rannte zur Scheune.
    Embelys zischte.
    Der Wolf sprang. Sein Körper wand sich, Knochen und Muskeln verdrehten sich wie eine dunkle Stoffbahn. Fell verlor sich, verschmolz im Fallen mit der Luft. Arme streckten sich, Beine wuchsen in die Länge, von Krämpfen erschüttert, dann erhob sich ein nackter Mann von der Erde. Er schüttelte sich, und Vur sah einen Moment lang sein Gesicht und seine Augen, haselnussbraun, aber noch immer glühend.
    William der Wolf .
    Der Mann glitt in die Scheune.
    Vur saß wie versteinert vor lauter Angst, sich zu rühren.
    William der Wolf. William der Mörder. Die Gestaltwandlerbestie, die den Agenten der Hand nachstellte. Der einzige Mann, der sich mit Spider angelegt hatte und noch lebte.
    Langsam ließ die Angst nach. Der Wolf war nur ein Mann.
    »Wir müssen Spider warnen«, flüsterte Embelys. »Er muss es wissen.«
    »Geh du. Ich bleibe hier.«
    »Bist du irre?«
    »Ich kann fliegen. Er nicht. Ich behalte ihn im Auge. Los.«
    »Wie du willst.«
    Sie drehte sich, löste sich vom Baumstamm, kroch nach unten und schnellte über den Waldboden.
    Vur sammelte sich und überlegte. William war lediglich ein Mann, der sich mit einem Mädchen traf, um Sex zu haben. Danach wäre er befriedigt und schlaff, und das Gift in Vurs Krallen war sehr stark. Wenn er den richtigen Zeitpunkt erwischte … Der Kopf von William dem Wolf würde dafür sorgen, dass er für den Rest seines Lebens ausgesorgt hatte.
    William blickte durch ein kleines Fenster. Der Heuschober war frisch gefegt. An den Dachsparren trockneten Kräuterbündel und würzten die Luft mit Bitteraromen. Er erhaschte einen Blick auf Cerises dunkle Haare, als sie gerade die Leiter zum Heuboden hinaufstieg.
    Er nahm Anlauf, startete, sprang und kletterte an der Wand zum Dach hinauf. Das kleine Dachbodenfenster stand offen. Drinnen breitete Cerise auf dem Heuhaufen eine Patchworkdecke aus. Er sprang kopfüber durchs Fenster und rollte sich ab auf die Füße.
    Die Patchworkdecke in Händen erstarrte Cerise. Ihr helles Hemd, über das sich glänzend ihre langen, dunklen Haare wellten, spannte über den Brüsten. Die von langen Wimpern eingerahmten dunklen Augen weiteten sich. »Du bist ja nackt!«
    So schön. Muss die Frau haben .
    Er zügelte die Wildheit. Nein. Noch nicht. Er hatte nur diese Chance.
    William umkreiste sie, pirschte sich heran, schmeckte ihren Duft, beobachtete, wie sie ihn beobachtete. »Gefällt dir, was du siehst?«
    Sie neigte den Kopf, sodass ihr langes Haar über eine Brust fiel. Ihr Blick wanderte langsam von seinem Gesicht zu seinen Zehen. Sie holte tief Luft. »Ja.«
    William blieb stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir müssen reden.«
    Cerise zögerte kurz, dann setzte sie sich ins Heu. »Okay.«
    Er lehnte sich gegen die Wand. »Ich wurde in Adrianglia geboren und kam als Welpe zur Welt. Was einen starken Gestaltwandler verheißt.«
    Sie zuckte zusammen.
    Er musste fortfahren. »Meine Mutter hat mich zwei Tage später der Regierung von Adrianglia übergeben. Ich kam dann in ein spezielles Waisenhaus für Kinder wie mich. In den ersten beiden Wochen meines Lebens war ich blind und hilflos, und keiner dachte, dass ich überleben würde. Aber das tat ich, und als ich drei Jahre alt wurde, schickte man mich auf die Hawk’s Akademie.«
    Cerise saß mit der Decke über den Knien da und sah ihn aus großen Augen an. Er rechnete schon damit, dass sie schreiend davonlief.
    »Bis ich sechzehn wurde, habe ich im selben Raum gelebt. Einer kahlen Zelle, die ich mir mit einem anderen Jungen teilte, mit einer am Boden angeschweißten Eisenpritsche und Gittern vor dem Fenster. Ich durfte Kleider in dreifacher Ausfertigung zum Wechseln, einen Kamm, eine Zahnbürste und ein Handtuch haben. Spielsachen gab es nicht, und lesen durfte man

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