Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
verlangte nach ihr, wollte sie schmecken, anfassen, sie irgendwohin in Sicherheit bringen, wo es nur ihn und sie gab. Er starrte die Moorkiefern an. Er stand nicht auf der sicheren Seite. Sie hatte ihm nichts versprochen. Womöglich hatte sie ihre Meinung geändert, und er hatte seine Chance gehabt und verpasst.
    Und morgen würden sie ihr Leben aufs Spiel setzen.
    Cerise kam die Treppe herauf. Er lauschte auf den Klang ihrer Schritte. Leicht und flüssig. Sie kam zu ihm, stellte sich neben ihn und blickte auf die Wälder.
    »Ich hab’s gehört«, teilte William ihr mit, um ihr Ungemach zu ersparen.
    »Und wie gut hörst du so?«
    »Gut genug.«
    »Es würde mir viel bedeuten, wenn du meine Familie darauf vorbereiten könntest, mit welchen Gegnern wir zu rechnen haben.«
    Sie machte keine Anstalten, ihn zu berühren. Also lag er richtig: Sie hatte ihre Meinung geändert. »Klar.«
    »Ich werde heute Abend sehr viel zu tun haben«, sagte sie. »Und am Nachmittag auch.«
    Schön. Das war angekommen. Sie wollte nicht, dass er sie nervte.
    »An der Grenze unseres Landes, hinter den Wehren, steht ein alter Heuschober. Wir trocknen dort unsere Kräuter. Weil er hinter der Wehrlinie liegt, lässt unsere Familie sich da nur selten blicken. Etwa in einer Minute gehe ich diese Stufen hinunter und mache mich auf den Weg zu dem Heuschober. Wenn ein gewisser Jemand so zehn Minuten warten würde, damit niemand Verdacht schöpft, könnte er mich dort treffen.«
    Er brauchte einen kleinen Moment. Sie lud ihn ein . »Wo ist die Scheune?«
    In ihren Augen funkelte ein boshafter Glanz. »Das werde ich dir nicht verraten.«
    Was, zur Hölle …?
    Cerise wölbte die dunklen Augenbrauen. »Wirklich bedauerlich, dass du keine Hunde hast, Lord Bill. Wenn du nämlich welche hättest, konntest du meinem Geruch folgen und mich aufspüren, wie ein Jäger. Durch die Wälder. Stell dir das mal vor!«
    Damit drehte sie sich um und stieg die Treppe hinunter.
    Verdammt. Er liebte diese Frau.
    Zehn Minuten später trennten William bereits zweihundert Meter vom Haupthaus. Weit genug. Er streifte sein Hemd ab. Stiefel und Hosen folgten. Einen Moment lang stand er da und genoss das Gefühl kalter Luft auf der Haut, dann ließ er die Wildheit von der Leine.
    Sein Körper bäumte sich auf und verdrehte sich. Seine Wirbelsäule bog sich. Fell umhüllte seine Beine.
    William holte tief Luft, nahm den Atem des Waldes in sich auf. Erregung erfasste ihn, machte ihn stärker, schneller, gerissener. Die Geräusche des Sumpfes klangen lauter in seinen Ohren. Die Farben wurden lebhafter, und er wusste, dass seine Augen nun ihr typisches Leuchten angenommen hatten, jenes von Magie entzündete blassgelbe Feuer.
    William warf den Kopf zurück und stimmte einen lang anhaltenden Gesang an, eine Hymne auf den Kick der Jagd, auf den Puls der Beute zwischen den Zähnen, auf den Geschmack nach langer Hatz vergossenen heißen Blutes. Kleine Pelztiere verschwanden in ihren Verstecken, zwischen Wurzeln und in Hohlräumen, als sie das Raubtier in ihrer Mitte gewahrten.
    Cerises Fährte duftete süß. William lachte sein leises Wolfslachen, rannte los und fiel in einen weit ausgreifenden, geschmeidigen Rhythmus. Er hatte eine Verabredung mit einem schönen Mädchen, das sich tief im Wald mit einem Gestaltwandler treffen wollte.
    Wolfsgeheul. Vur regte sich auf seinem Ast. Spider hatte ihn und Embelys vor fast einer Woche auf das Land der Mars angesetzt. Er hatte es satt, draußen zu sein, und doppelt satt, seine Zeit auf einem Baum zu verbringen.
    Bewegung. Seine runden, gelben Augen fixierten eine kleine Gestalt, die mit Höchstgeschwindigkeit aus dem Wald gerannt kam. Sie flitzte über die freie Fläche und lief in eine baufällige alte Scheune.
    Vur streckte die Hand aus und griff in das Gewirr aus getrocknetem Moos und Stofffetzen, das Embelys als Gewand diente. Sie streckte sich aus, die Wirbel an ihren Armen und in ihrem Gesicht gerieten in konstante Bewegung, als sie unbewusst das Aussehen der Zypressenrinde annahm, die sich über Nacht mit Nässe vollgesogen hatte.
    Ihr Leib bog sich in einem unnatürlichen Winkel, bis ihr Kopf sich auf Augenhöhe mit ihm befand. »Sie ist’s.«
    Vur nickte. Von seiner Schulter segelte eine einzelne gefleckte Feder. Der Frühling stand in voller Blüte, und er war mal wieder in der Mauser.
    Sie beobachteten, wie die Scheunentür zuschlug.
    »Sollen wir sie uns jetzt schnappen?«, fragte Vur.
    »Dumm von ihr, ganz alleine aus dem Haus

Weitere Kostenlose Bücher