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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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drehte William das Boot. Der Stechkahn stieß ans Ufer. »Denken Sie nicht mal dran.«
    Cerise bemerkte, dass sie ihr Kurzschwert gezogen hatte. Sie schniefte.
    William streckte die Hand aus.
    »M-meins«, sagte sie.
    »Das brauchen Sie momentan nicht.«
    Cerise holte tief Luft und betonte jedes Wort. »Wenn Sie mir mein Schwert wegnehmen wollen, bringe ich Sie damit um.«
    Seine Augen musterten sie. »Gut«, sagte er dann. »Ich lege mich nicht wegen der Klinge mit Ihnen an, wenn Sie mir sagen, wie wir nach Sicktree kommen.«
    Cerise zwang ihren Verstand zu funktionieren. Aber es ging nur langsam voran, wie bei einer rostigen Wassermühle. »Sch-schmale Fahrrinne. Drei Meilen weiter den Fluss rauf. Rechts. Zwischen zwei Kiefern. Eine wurde mal vom Blitz getroffen. Da geht’s nach Mozer Lake, aber die letzten zwei Meilen müssen wir das Boot schleppen.«
    Wenn sie jetzt zu kratzen anfing, würde sie nicht mehr damit aufhören. Da ist kein Ungeziefer, da ist kein Ungeziefer …
    »Königin der Landstreicher?«
    »Was?«
    »Mozer Lake.«
    Mozer Lake. Was war denn mit dem verdammten Mozer Lake? Sie stellte sich die Flussläufe vor. Sicktree. Sie wollten nach Sicktree. Zu diesen Dreckloch von einem Kaff. Irgendwas Wichtiges war in Sicktree.
    Urow.
    Urow war in Sicktree. Sie musste zu ihrem Cousin, damit der sie nach Hause zurückbringen konnte, schnell, damit sie zum Gerichtstermin wieder da war, damit sie das Haus zurückbekamen, die Sheeriles und die Hand töteten und ihre Eltern zurückkriegten. Eltern retten. Nach Sicktree. Genau .
    »Mozer Lake öffnet sich zum Tinybear Creek«, erklärte sie. »Aus Tinybear wird Bigbear. Bevor der Bigbear in den Hauptarm mündet, geben wir das Boot auf und durchqueren den Sumpf bis Sicktree zu Fuß.«
    Cerise vergegenwärtigte sich die Strecke. »Drei Meilen. Rechts Wasser. Mozer Lake, Tinybear, Bigbear, Miller’s Path.«
    »Danke, Dora. Und jetzt stecken Sie Ihr Schwert in den Rucksack zurück, wir brechen auf.« Er wies mit einem Nicken auf ihr Boot.
    »Wer ist Dora?«
    »Sie. Dora-Explora. Vamanos . Stecken Sie das Schwert ein, oder ich nehm’s Ihnen weg.«
    Arroganter Arsch. »Wenn Sie mich anfassen, si-sind Sie to-tot.«
    Er kicherte. Es war ein kratziger, kehliger Laut. Wölfe lachten so.
    Doch Cerise kroch ins Boot zurück, verstaute ihr Schwert und umklammerte die Scheide. Das Ungeziefer bohrte beharrlicher, winzige Stahlzangen nagten an ihren Sehnen, verwandelten die Muskeln unter ihrer Haut in blutiges Mus … Cerise biss die Zähne zusammen und dachte daran, wie das groteske Gewebe aus schmierigen, rot behaarten Tentakeln aus dem Wasser gekommen war. Verdammter Freak. Wenn wir uns das nächste Mal treffen, stutz ich dir die Arme zurecht. Dann drehe ich dich so lange durch den Fleischwolf, bis du mir verrätst, wo meine Eltern sind .
    »Es gi-gibt Regen«, sagte sie und deutete auf die dichten, grauen Wolken.
    William sah ebenfalls hin. »Regen hilft uns. Verwischt unsere Spuren.« Er hielt inne und beugte sich zu ihr. »Alles spielt sich nur in Ihrem Kopf ab. Lassen Sie sich davon nicht einschüchtern. Ich passe auf Sie auf, bis Sie wieder auf den Beinen sind.«
    Auf sie aufpassen, ha! Sie würde schon selbst auf sich aufpassen. Zusammengekrümmt lag Cerise auf der Ruderbank, raffte ihre Jacke fester um sich und versuchte, sich nicht zu kratzen.
    Cerises Abkürzung erwies sich als Schlamm unter fünfzig Zentimetern Wasser. Zu flach für das voll beladene Boot. William packte fester zu, watete los und zog das Boot mit ihrem Gepäck darin. Cerise stapfte ihm mit gezücktem Schwert voraus.
    Sie hatte sich nicht unterkriegen lassen, sich nicht mal gekratzt, trotzdem forderte die Magie der Hand ihren Tribut: Sie ging gebeugt, als trüge sie eine schwere Last, und hatte seit einer Stunde kein Wort mit ihm gesprochen. Er war sich nicht sicher, ob er darüber froh sein oder ihre Sticheleien vermissen sollte.
    Es war dunkel geworden im Sumpf. Schattenlos. Über ihnen wälzten sich Sturmwolken, grau, dicht und schwer. Ein Windstoß fuhr durch Schilf und Strauch und ließ das Unterholz rascheln. Es würde jeden Moment regnen.
    Cerise trottete weiter voran. Allmählich zog sie die Füße nach. Je empfänglicher man für Magie war, desto härter schlug die Hand zu. Ruh war so modifiziert, dass selbst William das Kotzen kriegte, und er hatte schon vorher mit der Hand und ihren Zauberkräften zu tun gehabt.
    Letztlich war alles eine Frage des Willens. Sie besaß Mumm und Ausdauer,

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