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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Ungeziefer dutzendweise über Schultern und Rücken wuselte. Starre Insektenborsten und winzige Chitinklauen kratzten sie und huschten ihren Nacken hinunter. Sie fuhr zusammen, kratzte sich überall.
    William beugte sich zu ihr und gab ihr einen Klaps auf die Hand.
    »Fassen Sie mich nicht an!«
    »Mach ich nicht, wenn Sie die Finger von sich selbst lassen.«
    »Was geht das Sie an?« Sie raffte ihre Jacke um sich und spürte unter glattem Plastik die Papiere. Alles noch da.
    »Der rote Freak, den Sie gesehen haben, war ein Fährtenleser. Der benötigt sehr wenig, ein bisschen Spucke, ein paar Blutstropfen im Fluss, und schon weiß er, wo Sie stecken. Wir paddeln stromaufwärts. Wenn Sie sich blutig kratzen, nimmt der Fluss Ihr Blut mit, und er findet beim nächsten Stopp heraus, wie Sie schmecken. Dann drehen die um und kommen mit ihren sieben Gewehren hierher zurück.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Er legte eine Hand an ihre Stirn, sie wich zurück – fast hätte er sich die Finger verbrannt. Er zeigte ihr seine von ihrem Schweiß feuchte Hand.
    »In diesem Moment meinen Sie, Geisterkäfer krabbelten über Ihre Haut. Ihr Herz rast. Ihre Zunge ist wie verdorrt, und Ihr Mund schmeckt nach Baumwolle. Sie haben eiskalte Hände und Füße, während Sie am ganzen Leib glühen. Ich weiß das, weil ich dasselbe durchgemacht habe.« Er stieß das Boot weiter voran.
    Nicht kratzen . Um sich zu wärmen, schlang sie die Arme um sich. Ihre Zähne klapperten. »Was ha-haben Sie dagegen ge-gemacht?«
    William verzog das Gesicht. »Ich war Soldat in Adrianglia. Wir sind den Freaks von der Hand damals schon begegnet.« Er beugte sich über die Stange. »Der Spiegel von Adrianglia und die Hand von Louisiana liefern sich schon seit Jahren einen kalten Krieg. Adrianglia und Louisiana sind etwa gleich stark. Ein heißer Krieg würde Jahre dauern, stattdessen bombardieren sich beide auf der Suche nach einer Hintertür zum Sieg gegenseitig mit Spionen. Die Spione von Adrianglia setzen Magie ein. In ihren Gadgets und Waffen. Die Spione von Louisiana sind Magie. Sie sind so modifiziert, dass manche von ihnen nicht mal mehr menschlich sind.«
    Das wusste sie alles schon. »Wie-wieso wird man da-davon krank?«
    »Die Freaks von der Hand sind am Ende dermaßen am Arsch, dass sie ihre verdrehte Magie abstrahlen. Und die ist Gift für uns. Als würde man auf einen Kadaver stoßen – von dem Gestank muss man kotzen und weiß sofort, dass man nichts Essbares vor sich hat. Hier ist es genauso. Je verkorkster sie sind, desto schlimmer ihre Magie. Und das wissen sie. Sie zermürben ihre Opfer damit. Irgendwann stellt sich der Körper darauf ein, aber bis dahin ist man verwundbar.«
    »U-und wa-wann lässt es na-nach?«
    »Kommt drauf an.«
    Was war das denn für eine Antwort? »Wie la-lange hat’s denn bei Ih-ihnen gedauert?«
    Es entstand eine winzig kleine Pause, ehe er antwortete. »Achtzehn Stunden.«
    »Wie haben Sie’s ge-geschafft, sich nicht zu kra-kratzen?«
    »Hab ich gar nicht. Man hat mich in einem Verlies angekettet und mich mir selbst überlassen.«
    »Fu-furchtbar.« Was war denn das für eine Armee, die ihn sich blutig kratzen ließ? »Hätte ma-man Sie nicht be-betäuben können o-oder so?«
    Seine Stimme klang ganz sachlich. »Daran hat keiner gedacht.«
    »Das ist nicht richtig.« Cerise biss ihre unkontrolliert klappernden Zähne zusammen, bis ihr die Knie schlotterten. »Es wi-wird no-noch schlimmer, o-oder?«
    Er beugte sich zu ihr vor und sah ihr tief in die Augen. »Sehen Sie kleine, rote Punkte?«
    »Nein.«
    Er zog eine Grimasse. »Dann wird es noch schlimmer.«
    Schrecklich. »Du-du-du-«
    »Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
    »Du-durchgeknallte Arschlöcher.«
    Er lachte auf.
    Das Ungeziefer machte sie immer noch rasend. Wenn ihr nur wärmer wäre …
    »Gibt es einen anderen Weg nach Sicktree?«
    Sie brauchte einige Zeit, bis sie die Frage verdaut hatte. Endlich kapierte sie. »Der Spurensucher ke-kehrt um, oder? Wir müssen vo-vom Fluss ru-runter.«
    Er nickte. »Stimmt.«
    Das Ungeziefer auf ihren Armen verbiss sich jetzt in ihre Haut, grub sich ein, wollte sich offenbar durch ihre Muskeln bis zu ihren Blutgefäßen und in ihr Blut durchbeißen. Um sich nicht zu kratzen, ballte sie die Fäuste.
    Ihre Nase lief. Dann überkam sie das absurde Gefühl, wenn sie nur etwas Scharfes hätte, zum Beispiel ein Messer, um sich damit über die Haut zu fahren, würde das Ungeziefer verschwinden.
    Mit einem kräftigen Stangenstoß

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