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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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    Wie ein scharfes Messer in einen reifen Pfirsich war er zwischen Kent und seine Schläger gefahren und hatte dabei nicht mal geschwitzt. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Kaldar hatte sie mal ins Broken in einen Actionfilm mitgenommen. Dort musste sie die ganze Zeit über die lächerlichen Schläge und Tritte lachen, die sie schon aus einer Meile Entfernung kommen sah. Dennoch waren die Kämpfe gut anzuschauen gewesen. Nicht so Williams Kampf. Der sah schrecklich aus. Der Mann bewegte sich auf verflüssigten Gelenken dermaßen schnell und sicher, dass sie nur dastand und ihm zuschaute, bis er fertig war.
    Sie wünschte sich, sie könnte alles noch einmal mitansehen, aber diesmal in Zeitlupe. Er hatte sämtliche Männer mit bloßen Händen getötet und dabei gewirkt, als hätte er es auch noch genossen. Und als alles vorbei war, schenkte er ihr einen Blick, der sagte: »War das nicht cool?«, und versuchte, sie zum Lachen zu bringen. Ich habe Ihnen einen übrig gelassen . He. Dabei war er nicht mal außer Puste.
    Sie blickte kurz zum Himmel, der sich riesig und kalt über ihr dehnte. Warum jetzt ?, fragte sie sich im Geist. Warum ist er mir nicht schon vor einem Monat über den Weg gelaufen, als ich noch flirten und lachen konnte und mir keine Sorgen darum machen musste, ob meine Familie wegen mir ins Schlachthaus wandert ?
    Sie sah ihn an. Lautlos wie ein Nachtschatten trottete Lord Bill den Weg hinunter. Sie konnte seine Schritte nicht hören, obwohl sie ihr ganzes Leben damit zugebracht hatte, auf seltsame Geräusche im Sumpf zu lauschen.
    Wenn er schon so gut mit seinen Händen ist, frage ich mich, wie gut er mit seiner Klinge umgehen kann .
    Sie konnte ihn schlagen. Natürlich konnte sie das. Trotzdem wäre es interessant, aus der Nähe zu erleben, was er draufhatte.
    Sie hätte ihn in Sicktree zurücklassen sollen. Wenn sie schlau gewesen wäre. Aber sie hatte nie behauptet, schlau zu sein. Er kannte die Hand und wollte gegen sie kämpfen, und das genügte ihr fürs Erste. Über ihre Gefühle würde sie sich später klar werden. Sobald sie sich im Rattennest in Sicherheit befand, wenn sie sauber war und einen Teller Essen und einen Becher heißen Tee vor sich stehen hatte.
    Sie musste ihre Willenskraft zusammennehmen, um nicht zu lachen, als er sich geweigert hatte, ihr im Voraus Geld zu geben, damit sie ihn zu Zeke führte. Im Edge machte man das so. Er hatte sie immer noch nicht bezahlt. Sie verkniff sich ein Kichern. Jede Wette, dass Zeke ihm sein ganzes Geld abgeknöpft hatte und Lord Bill zu stolz war, um von dem Handel zurückzutreten.
    William blieb stehen. In einer Sekunde schritt er neben ihr zwischen den Zypressen auf dem schmalen Pfad aus, in der nächsten erstarrte er mitten im Lauf. Seine Hand zuckte zum Schwert.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Ich bin nicht sicher.« Er blickte die alte Zypresse vor ihnen an.
    Holla. Er hatte Urow gefunden. Cerise seufzte erleichtert. Sie hatte sich schon gedacht, dass Urow okay war, als sie Lagars Männer auf der Straße gesehen hatte. Wenn sie gewusst hätten, wo er steckte, wären sie oder ihr Vetter jetzt tot.
    »Komm raus!«, rief sie. »Er sieht dich!«
    Vor der Zypresse entstand ein großer, grauer Schatten, und Urow trat auf den Pfad hinaus. Er trug Bluejeans, kein Hemd und keine Schuhe. Wie auf ein Stichwort kam der Mond hinter einer ausgefransten Wolke hervor. Silbriges Licht badete Urows graue Haut. Er war gut eins fünfzig groß und hatte fast genauso breite Schultern. Gewaltige Muskelstränge säumten Brust und Oberarme. Sein linker Arm war menschlich, der rechte aber war mindestens fünfzehn Zentimeter länger, auch die Finger waren dicker und länger. Ebenso wie die Zehen endeten sie in schwarzen Krallen.
    Cerise ging zu ihm und nahm ihn in den Arm. »Wie geht’s dir?«
    Er erwiderte ihre Umarmung, klopfte ihr sanft auf den Rücken. »Was hat so lange gedauert?« Seine Stimme klang, als käme sie aus einem Betonmischer.
    »Wir hatten ein Date mit den Haien.«
    Urow sah William an. »Wer ist dein Freund?«
    »Sein Name ist William. Er stammt aus dem Weird. Ich hab ihn im Sumpf gefunden, und er ist mir nach Hause gefolgt.
    Urows schwarze Augen maßen William. »Hast du ihn informiert?«
    »Ja.«
    »Dein Fehler. Wie jedes Mal.«
    Der Blaublütige hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
    »Das ist mein Vetter Urow«, teilte sie ihm mit. »Wir versuchen ihn dazu zu bringen, weniger an seiner Kraft und mehr an seiner Größe zu arbeiten, aber

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