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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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überhaupt zu Gesicht – wie sie mit leuchtenden Augen den Mond anstarren.«
    »Meine Mutter wurde von einem Thoas vergewaltigt«, sagte Urow. »Auch wenn der Rest der Familie was anderes zu glauben scheint.«
    Cerise räusperte sich. »Wir streiten nicht über diese Thoas-Sache, sondern sind nur unsicher, was die Vergewaltigung anbelangt.«
    Urow beugte sich zu William und ließ die Augenbrauen hoch und runter hüpfen. William kämpfte gegen den Drang an, mit einem Sprung auf Abstand zu gehen.
    »Meine Mutter war eine Frau mit fragwürdigen moralischen Grundsätzen.« Er zwinkerte.
    »Du hörst dich an, als wäre sie eine Hure gewesen.« Cerise schnitt ein Gesicht. »Tante Alina hatte einfach gern Spaß. Abgesehen davon war sie so ziemlich die Einzige in der Familie, mit der deine Frau klarkam.«
    Frau ?
    »Sagen Sie’s nicht«, warnte Cerise.
    »Sie sind verheiratet?«, fragte William.
    Sie seufzte. »Nun haben Sie den Salat. Jetzt wird er keine Ruhe mehr geben. Jetzt heißt’s auf der ganzen Fahrt nur noch: Oh, sehen Sie nur, wie hübsch meine Frau ist. Und erst die süßen Kleinen.«
    Schon senkte Urow den Kopf und streifte eine Plastikbrieftasche über seinen Hals. »Bloß weil du keine hübsche Frau hast …«
    »Ich will auch gar keine.« Cerise seufzte. »Frauen machen bloß Ärger.«
    William lachte auf.
    Urow hielt ihm die Brieftasche hin. »Die Rothaarige ist mein Weib. Da rechts, das sind meine drei Jungs und das Baby.«
    »Drei Jungs und ein Mädchen«, klärte Cerise ihn auf.
    »Jetzt ist sie noch ein Baby. Eine Tochter ist sie erst, wenn sie zu sprechen anfängt und kommt, wenn ich sie rufe.«
    William klappte die Brieftasche auf und hielt sie vorsichtig an den Rändern. Von der linken Seite sah ihn das Bild einer hübschen rothaarigen Frau an. Auf dem Bild rechts drängten sich drei heranwachsende Jungen. Alle hatten schwarze Haare und gräuliche Haut. Bis zu der übergroßen Hand und den Krallen sah der Älteste wie ein jüngeres Abbild von Urow aus. Der Kleinste, der ein Baby im Arm hielt, hätte beinahe als Mensch durchgehen können.
    William schloss die Brieftasche. Selbst dieser Mann musste eine Familie haben. Aber sosehr er, William, sich auch anstrengte, er vermasselte es jedes Mal. Er schüttelte seinen Familienfrust ab, bevor dieser die Oberhand gewann und ihn etwas anstellen ließ, was er später womöglich bereuen würde.
    Sie sahen ihn an. Das war wohl eine jener Situationen, in denen erwartet wurde, dass er irgendetwas sagte. »Ihre Frau ist sehr schön.«
    Er machte sich darauf gefasst, dass Urow auf ihn losging.
    Doch der graue Mann grinste nur und nahm William die Brieftasche ab. »Ja, das ist sie, nicht wahr? Ich habe das schönste Weib im ganzen Moor.«
    »Du solltest lieber nicht länger darauf herumreiten«, meinte Cerise leise.
    Offenbar hatte sie etwas gemerkt. William vergrub sein Bedauern noch tiefer unter der Oberfläche.
    »Haben Sie Familie, Lord Bill?«, fragte sie behutsam.
    »Nein.« Er wusste ja nicht mal, wie seine Mutter ausgesehen hatte.
    Urows Augenbrauen krochen aufwärts. »Alles klar. Alles klar.« Damit hängte er sich die Brieftasche wieder um den Hals.
    In diesem Moment bohrte sich ein Bolzen in Urows Schulter, an dem eine Leine befestigt war.
    William packte Urow, doch die Leine straffte sich und riss den grauen Mann vom Boot.
    Urow stürzte ins kalte Wasser. Zwischen seinen Zehen entfalteten sich Schwimmhäute, und er stieß die Beine nach hinten, aber die Leine zog ihn an die Oberfläche. Dort sprühte er einen Vorhang aus Gischt über den Fluss. Wasser verbrannte ihm den Bauch. Er drehte sich auf die Seite und wieder auf den Bauch, tauchte tief in die Wellen ein und stieß die Hände in den Strom. Seine Finger fanden die Leine und packten sie. Er tastete nach einem Halt für seine Beine, trat aber nur Wasser.
    Ein dunkles Etwas rauschte durch die Wellen auf ihn zu und krachte gegen seinen Leib. Mit einem gewaltigen stummen Schrei entwich die letzte Luft aus seinem Mund. Seine linke Seite war in Schmerz gebadet. Er griff nach dem Hindernis und packte es. Faulende, von Algen glitschige Borke zerfiel ihm unter den Fingern. Ein Baumstamm, erkannte Urow und grub seine Krallen in das aufgeweichte Holz.
    Die ballerten auf ihn. Diese Hurensöhne schossen mit einer Harpune auf ihn und rissen ihn dann von seinem Boot. Er würde denen ihre eigenen Eingeweide zu fressen geben.
    Die Leine straffte sich. Der Bolzen zerrte an seinem Fleisch, fest, fester, und entrang

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