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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Stimme.
    Jack drehte sich langsam und vorsichtig – er hatte Angst, den Blick von den vier Augen abzuwenden – und entdeckte eine zweite Bestie, die langsam an der Wehrlinie entlangtrottete. Die zweite Bestie registrierte seinen Blick, blieb stehen und zeigte ihm einen Wald spitziger roter Fangzähne. Sie würde ihn bei der ersten Bewegung schnappen. Es gab kein Entkommen. Er war geliefert.
    Jacks Herz hämmerte, als wollte es sich aus seiner Brust befreien. Sein Pulsschlag dröhnte ihm in den Ohren, pochte in seinem Kopf. Die Welt wurde kristallklar. Jack holte tief Luft, um nicht in Ohnmacht zu fallen.
    »Nicht bewegen«, befahl eine leise Stimme.
    Jack drehte den Kopf. Ein paar Meter entfernt stand der Blaublütige am Wiesensaum. Die schwindelerregende Erleichterung, die Jack erfüllt hatte, fiel sogleich wieder von ihm ab. Schließlich war auch der Blaublütige sein Feind.
    Der Mann trat vor. Sein Fellumhang lag hinter ihm im Gras. Mit einer geschmeidigen Bewegung zog er ein langes, schlankes Schwert aus der Scheide an seinem Gürtel. Sein Blick ging über Jack hinweg und erfasste die beiden Bestien.
    »Komm jetzt ganz langsam zu mir«, sagte der Blaublütige.
    Jack rührte sich nicht. Der Blaublütige war hinter Rose her. Er durfte ihm nicht trauen.
    Die Bestien rückten vor.
    »Ich tue dir nichts«, versprach der Mann. »Komm jetzt näher.«
    Ein Duft ging von ihm aus, das luftige, würzige Aroma von Gewürznelken.
    Der Blaublütige war ein Mensch. Die Bestien nicht.
    Unendlich langsam ging Jack einen Schritt zurück.
    Worauf die Bestien einmütig weiter vorrückten.
    »So ist’s gut«, sagte der Blaublütige. Jack klammerte sich an die Stimme und machte noch einen vorsichtigen Schritt.
    Die Bestien kamen näher.
    Ein dritter Schritt.
    Er sah, wie ihre Beinmuskeln sich bündelten, und wusste, dass sie gleich angreifen würden.
    »Lauf!«, bellte der Blaublütige und stürmte auf ihn zu.
    Jack stürzte los. Er flog über die Wiese, als hätte er Flügel an den Füßen. Aus den Augenwinkeln sah er die dunklen Umrisse ausscheren, um ihn in die Zange zu nehmen. Sie würden ihn erwischen, sie würden …
    Da packte eine Hand seine Schulter und riss ihn vorwärts, hinter den Mann und ins Gras. Jack rollte herum und kauerte sich hin.
    Die Bestie links sprang. Der Blaublütige holte mit dem Schwert aus, und zwei Hälften eines dunklen Leibes lagen zuckend im Gras. Wieder erstrahlte die Klinge wie ein Splitter Mondlicht, und das Haupt der zweiten Bestie kullerte über die Wiese.
    Der Blaublütige hob die Hand und trieb eine weiß leuchtende Eruption in die linke Bestie, erst in die eine, dann in die andere Hälfte. Ätzender Qualm stieg auf und kratzte Jack hinten im Hals, aber die Beine der Bestie hörten zu schlottern auf.
    Dann schleuderte der Blaublütige einen weiteren weißen Blitz gegen den Kopf der zweiten Bestie, wandte sich dann um und beugte sich vor. Jack fühlte sich vom Boden geklaubt und hing sich dem Mann an den Hals. Freund oder Feind, es war ihm egal. Der Blaublütige fühlte sich warm und menschlich an, und er hatte ein langes Schwert.
    »Das hast du gut gemacht«, sagte er jetzt.
    Jack hielt sich noch fester. Sein Körper flatterte und zitterte wie im Schüttelfrost.
    Georgie stürmte von der Veranda und blieb vor der Wehrlinie stehen. Er war totenbleich.
    Der Blaublütige trug Jack zur Wehrlinie und nickte Georgie zu. »Schieb die Steine weg.«
    Georgie zögerte nur eine Minute.
    Freitag, sagte sich Rose leise, während sie die Straße zum Haus hinaufstapfte. Morgen war Freitag. Zahltag. Sie würde ihre dreihundert Schleifen kriegen und endlich den verdammten Truck auftanken. Katzenohren hin oder her, ohne Benzin würde sie nicht noch einmal losfahren.
    Den ganzen Nachmittag hatten sie Sorgen gequält. Seit dem Augenblick, in dem sie zugesehen hatte, wie die Kinder in den Bus stiegen; danach hatten ihre Ängste immer mehr zugenommen, bis sie sich zu ausgewachsenen Angstzuständen steigerten. Die Kinder waren gut genug gerüstet, um zu Hause zwei Stunden lang allein zurechtzukommen. Sie wussten, wie man ein Gewehr oder eine Armbrust abfeuerte, und hinter den Wehrsteinen waren sie ohnehin in Sicherheit. Trotzdem spornte die Sorge sie zur Eile an, sodass sie eine Meile vor dem Haus ihre Einkaufstasche schulterte und in Laufschritt fiel. Sie bog in ihren schmalen Fußweg ein, passierte die Sträucher und erreichte den Vorgarten.
    Sie sah drei dunkle Flecke im Gras, von denen rauchend faulige Magie in

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