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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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sie sich, ihn nicht zurückgewiesen zu haben, im nächsten erschien ihr genau das vernünftig, als die beste Lösung für sie beide. Und was jetzt? Würde er wütend sein? Gekränkt. Oder würde er so tun, als wäre nichts gewesen? Das konnte sie nur erfahren, wenn sie diese Tür öffnete.
    So wie sie Kaldar kannte, gab es nur zwei Möglichkeiten: Schadensbegrenzung oder Neustart.
    Und sie konnte nicht ewig hier herumstehen.
    Audrey kehrte zu den Zimmern zurück. Da sie keine Hand frei hatte, trat sie mit den Zehenspitzen gegen die Tür. Als diese widerstandslos aufging, ließ sie ums Haar ihren Teller fallen.
    In der Tür stand ein schlanker Mann. Glatt rasiert, sorgfältig gepflegt, trotzdem betont männlich. Das kurze Haar von der Farbe braunen Zuckers hatte er straff zurückgekämmt. Die mit chirurgischer Präzision getrimmten Koteletten ließen sein Gesicht noch schmaler wirken. Er trug eine raffiniert geschnittene schwarze Lederhose mit kunstvollen, im Weird üblichen Stickereien und ein weißes Hemd mit weiten Ärmeln und einem bestickten, hochgeschlossenen Kragen. Eine Weste umschloss die schmale Taille und die breite Brust. Feine hellgraue Schnörkel in Leder auf schwarzem Grund. Seine Hände mit makellos sauberen und geschnittenen Fingernägeln blieben unbedeckt. Außer einem Silberohrring trug er keinerlei Schmuck.
    »Guten Morgen, Mylady«, sagte er. Die weiche, kultivierte Stimme verriet stille Selbstgewissheit.
    Kaldar. Irgendwie war das wahrhaftig Kaldar.
    »Wollen Sie nicht hereinkommen, Mylady?« Der neue Kaldar trat zur Seite und hielt ihr mit einer angedeuteten Verbeugung die Tür auf.
    Sie trat automatisch ein. Er schloss die Tür hinter ihr.
    »Ihr Haar«, sagte sie.
    »Vorher war es zu dunkel«, sagte er mit ernstem Gesichtsausdruck. »Menschen merken sich meistens Extreme: Zu helle oder zu dunkle Haare fallen ins Auge. Der Natur meiner Rolle gemäß sollte ich besser keine Aufmerksamkeit erregen.«
    Er hatte sein Haar zusätzlich um mindestens sieben Zentimeter gekürzt und die wilde Mähne zu einem stufigen, zweckmäßigen Haarschnitt gestutzt.
    Sie ließ sich in einen Sessel fallen. Gaston packte. Er war vom Kopf bis zu den Spitzen seiner hohen Stiefel in dunkelbraunes Leder gehüllt. Sein Haar war auf Hochglanz gebürstet und zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst. Jetzt setzte er sich grinsend einen breitkrempigen Hut aus Leder auf.
    »Du siehst aus wie ein Straßenräuber.«
    »Er ist unser Bursche«, erklärte Kaldar. »Da muss er gefährlich wirken.«
    Gaston hob die Augenbrauen, fletschte die Zähne und knurrte.
    Audrey lachte und stocherte in ihrem Obst herum.
    Da tauchten die Jungen aus dem Hinterzimmer auf. Beide frisch gebadet. George trug ein weißes Hemd, dunkelgrüne, in grauen Stiefeln steckende Hosen sowie eine graue Jacke, fast ein Lederwams, mit Aufnähern in dazu passendem Grün. Sein blondes Haar leuchtete und rahmte sein Gesicht ein wie ein Vorhang. Ein Prinz von Kopf bis Fuß.
    Jacks grüne Hose war noch dunkler, dazu trug er eine verstärkte Lederweste mit messingfarbenen Applikationen über einem beigefarbenen Hemd. Ein Stehkragen aus Leder diente als Nackenschutz. Jacks rotbrauner Mopp hatte sich irgendwie in einen vollkommen glatten, bis auf die Brauen fallenden Pilzkopf verwandelt, der überhaupt nicht zu seinem Gesicht passte. Er sah ungefähr so zufrieden aus wie ein Junge, der auf zu lange gekochtem Spinat herumkaute. Audrey würgte an einem Stück Honigmelone. »Wer hat denn die Frisur verbrochen, Jack?«
    George straffte sich. »Das ist ein sehr modischer Haarschnitt.«
    »Klar. Gefällt es dir?«
    Jack schüttelte den Kopf.
    »Dann mach dir die Haare nass und bring Gel mit. Ich werde mal was ausprobieren.«
    Kurz darauf war sie mit einer Tube Gel und einer Haarbürste gerüstet und machte sich an Jacks nassen Haaren zu schaffen, während der Junge mit übereinandergeschlagenen Beinen vor ihrem Sessel hockte. Sie rieb Gel in sein Haar und verwandelte es in ein kalkuliertes stacheliges Durcheinander.
    »Es kommt darauf an, was du draus machst«, erklärte Audrey. »Steh dazu, dann kauft dir das jeder ab.«
    »Wie gehen wir vor?«, fragte Gaston.
    »George und Jack sind sie selbst. Ich bin ihr Privatlehrer.« Kaldar wandte sich an die Jungen. »Mein Name ist Olivier Brossard. Ich bin seit zwei Jahren für euch zuständig. Declan hat mich eingestellt, und eure Schwester Rose setzt ihr vollstes Vertrauen in mich. Gaston, du bist Magnus, unser Bursche.«
    »Und

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