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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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dachte daran, wie Gnom ihr zum ersten Mal sein »Verteidigungssystem« vorgeführt hatte. Nun war er in seinem Haus eingesperrt wie eine Ölsardine in der Dose.
    Sie sah sich noch einmal um. Gestalten in Grün und Braun strömten aus den Wiesen und Bäumen zusammen, kletterten aufs Haus, einer von links, die anderen beiden von rechts. Ein Mann kroch auf allen vieren übers Dach. Er hob den Kopf, seine Augen starrten sie unverwandt an.
    Vor Angst gelähmt blieb sie einen Moment lang wie angewurzelt stehen. Ein seltsames, ekelhaftes Gefühl überkam Audrey, drehte ihr den Magen um und würgte sie in der Kehle. Sie krümmte sich vor Übelkeit, die feinen Härchen an den Armen sträubten sich.
    Der Mann öffnete den Mund. Eine lange, schwarze Zunge zuckte zwischen einem Wald aus langen, nadelspitzen Fangzähnen hervor.
    Audrey wurde von einem widerlichen Gifthauch aus Magie überflutet, der an ihrer Haut haftete. Winzige Zähne nagten an ihr und wollten sich unter ihre Haut bohren. Audrey wirbelte herum und stürmte durch den Wald. Baumstämme flogen vorüber. Sie rannte so schnell wie noch nie in ihrem Leben, flog fast über den Waldboden, um vor der furchtbaren Magie zu fliehen. Unter ihren Füßen knackte das Unterholz. Die Magie jagte hinter ihr her. Sie fühlte sie hinter ihr den Wald überschwemmen.
    Eine Schrotflinte krachte. Es klang wie Donner. Bum ! Bum !
    Dann zerriss ein schriller Schrei die Stille und spornte sie an. Irgendetwas hatte Gnoms volle Ladung abgekriegt.
    Bum !
    Glas klirrte. Etwas schlug dumpf auf.
    Bum !
    Dann klang ein raues Jaulen in ihren Ohren, und sie wusste, dass es sich um Gnoms Todesschrei handelte.
    Jenseits der Bäume kam sie schlitternd auf einem Teppich aus braunen Kiefernnadeln zum Stehen. Vor ihr sackte der Boden ab, als hätte das Messer eines Riesen ein Stück herausgeschnitten. Weit unter ihr erstreckte sich ein breites, blaugrünes Tal.
    Kaldar schoss aus dem Wald, doch sie hielt ihn fest und wirbelte ihn herum.
    »Und jetzt? Sie kommen!«
    Kaldar zog seine Tasche auf und entnahm ihr eine kleine Bronzekugel von der Größe eines Tennisballs. Er drückte auf die Seiten, hob die Kugel zum Mund und atmete aus. Wie ein wütender Bienenschwarm summte die Kugel und streckte sich zu einer stählernen Wespe.
    »Gaston«, sagte Kaldar.
    Die Wespe zitterte, auf ihrem Rücken entfalteten sich die dünnen, goldenen Membranen ihrer Doppelflügel. Mit einem schwachen Sirren erhob sich das Insekt in die Luft, schoss davon und verschwand hinter dem Berg.
    Kaldar zog eine Münze aus seiner Tasche. »Vertrauen Sie mir?«
    »Nein!«
    »Tja, das werden Sie aber müssen.« Er griff nach ihrer Hand. »Rühren Sie sich nicht, egal was Sie zu sehen bekommen. Wenn Sie sich bewegen, war’s das. Und keinen Mucks.«
    Die Münze in seiner Hand färbte sich weiß, und ein durchscheinendes Flirren breitete sich von ihr aus, glitt über seine Hand, seinen Ellbogen, seine Schulter und überrollte dann Audrey. Sie schob die linke Hand in ihre Hosentasche. Ihre Finger spürten die beruhigende Kühle des Kreuzes ihrer Großmutter.
    Die Magie der Münze hüllte sie beide ein. Farben flossen über die Außenseite der Zauberblase, vereinigten sich und ahmten das Aussehen des umgestürzten Baumstamms und der Bäume ringsum nach. Dann verschmolzen sie unsichtbar mit dem Wald.
    Audrey hatte davon gehört. Der Zauber des Spiegels, dem dieser seinen Namen verdankte. Kaldar hatte also wenigstens nicht gelogen.
    Winzige Nadeln stachen in ihre Haut. Angstschauer liefen ihr den Nacken hinunter, als würde auf ihrem Rücken ein Eiswürfel schmelzen. Audrey erstarrte.
    Dann erreichte sie der verdorbene Zauber. Er sickerte durch die Barriere des Spiegels und wollte sich tief in ihre Haut graben und in sie eindringen.
    Kaldar drückte ihre Hand.
    Im Gesträuch raschelte es.
    Dann trat ein Mann auf die Lichtung. Er lief gebückt, reckte den Hals, wie ein Jagdhund, dem man den aufrechten Gang beigebracht hatte und der nun seiner Beute folgte. In seinem Gesicht waren grüne und graue Tarnfarbe verschmiert. Das lange, braune Haar fiel ihm in Dutzenden Zöpfchen auf den Rücken. Noch drei Schritte, und Audrey hätte ihn anfassen können.
    Hitze strich über ihre Haut, und Audrey hatte das absurde Gefühl, bei lebendigem Leib zu verbrennen. Sie spürte beinahe physisch, wie die Haare an ihrem Arm sich unter der Hitze kräuselten. Kaldars Finger drückten behutsam ihre Hand.
    Eigentlich ein ganz normaler Job. Man steht da, wartet,

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