Land der Sehnsucht (German Edition)
gewesen war. Die Straße, die sich in den Berg schnitt, war breit und ließ genug Platz. Auf einer Seite fiel sie leicht zu einem Bach hin ab, der nicht weit unter ihnen verlief. Selbst der Berghang zu ihrer anderen Seite machte einen freundlichen Eindruck und war von Kiefern und Espen bedeckt, die eng nebeneinander standen.
Véronique war stolz darauf, dass sie die meisten Bäume jetzt beim Namen nennen konnte. Dazu hatte ihr das Buch geholfen, das sie sich in der Bibliothek von Willow Springs ausgeliehen hatte. Es trug den Titel Natur und Tiere in den Bergen. Das Kapitel über die Tiere war jedoch sehr lückenhaft gewesen und die Zeichnungen von den Tieren sahen aus, als hätten Kinder sie gemalt.
Die Maisonne brannte hell vom Himmel und Véronique schirmte ihre Augen vor dem grellen Licht ab. Ein Dach wäre auch eine sinnvolle Ergänzung für einen solchen Wagen, aber diesen Vorschlag behielt sie lieber für sich. „Mir sind diese Fahrten, die uns nicht so hoch hinaufführen, viel lieber. Aber ich vermisse die kühlere Luft.“
Jack wies mit der Hand nach oben. „Diese Wolken im Norden versprechen, dass wir am Nachmittag genug Schatten haben werden. Vielleicht sogar Regen. Mir ist aufgefallen, dass du keinen Regenschirm mehr mit dir herumschleppst. Aber heute könntest du ihn vielleicht noch brauchen.“
„Regenschirm?“ Sie versuchte, das Wort nachzuahmen, wie er es ausgesprochen hatte. „Meinst du meinen Sonnenschirm?“
„Du weißt genau, was ich meine, Vernie. Egal, wie du das Ding nennst.“
Sie lächelte, obwohl er diesen furchtbaren Spitznamen benutzte. Sie vertrat immer noch die Theorie, dass er irgendwann damit aufhören würde, wenn sie diesen Namen einfach ignorierte. „Ich denke, wenn ich ihn jetzt bei mir hätte, würdest du von mir verlangen, dass ich …“
Ein plötzliches Krachen unter dem Wagen klang, als explodiere ein Feuerwerkskörper. Dann folgte ein zweites Krachen.
Jack zog sofort die Zügel an. Napoleon und Charlemagne gehorchten, schnaubten und stampften aber unwirsch wegen des plötzlichen Befehls, stehen zu bleiben.
Véronique hielt sich am Sitz fest, beugte sich über ihre Seite des Wagens und schaute prüfend nach unten. „An deinem Wagen ist nichts kaputt, soweit ich es beurteilen kann.“
Jack bedachte sie mit einem Blick, der verriet, dass er verstanden hatte, was sie damit sagen wollte. „Na, das haben wir gern! Wenn etwas kaputt ist, ist es plötzlich mein Wagen.“
„Ich denke, das wäre eine gute Regelung, die wir treffen könnten.“
Er stieg aus und kam auf ihre Seite herum. „Dieses Geräusch hat sich nicht gut angehört.“ Er fuhr mit der Hand über das vordere Rad und bückte sich dabei. Dann hielt er inne und atmete laut aus. „Die Felge ist kaputt.“
Véronique wusste nicht, was eine Felge war, aber sie erkannte an seinem Tonfall, dass es keine leichte Reparatur werden würde. „Stimmte an dem Rad, das Monsieur Sampson dir gemacht hat, etwas nicht?“
„Nein.“ Er seufzte. „So etwas passiert einfach mit der Zeit, wenn man schwere Lasten über unebenes Gelände befördert.“
„Brauchen wir ein neues Rad?“
Er stand auf, nahm seinen Hut ab und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. „Ja, Madam, das brauchen wir. Gott sei Dank haben wir eines unten im Wagenbett. Aber das bedeutet, dass ich alles ausladen muss.“
Véronique schaute die Kisten und Schachteln an, die hoch aufgestapelt waren und jeden Zentimeter Raum ausfüllten. „Die ganze Ladung muss ausgeladen werden?“
„Alles.“ Er begann die Befestigungen des Netzes zu lösen. „Der Wagen ist an sich schon schwer genug. Ich schaffe es kaum, wenn er leer ist.“
Véronique streckte ihre Rücken- und Schultermuskeln, dann drehte sie sich auf dem Sitz herum, um ihn besser sehen zu können. „Du hast so etwas schon einmal gemacht, nicht wahr?“
Seine Hände wurden still. Er schob seinen Hut zurück. „Was, denkst du, habe ich in den letzten dreizehn Jahren gemacht, Véronique?“
Sie zuckte mit den Achseln. Als sie sah, wie sich seine Miene verfinsterte, wünschte sie, sie hätte das unterlassen. „Du hast Wagen gefahren. Du … hast ‚Trecks geleitet‘. Das hat mir Monsieur Sampson erzählt.“
Jack schüttelte den Kopf und ging wieder an seine Arbeit. „Ich werde ungefähr eine Stunde brauchen, bis ich alles ausgeladen habe, dann noch einmal genauso lange, um das Rad zu wechseln, und dann noch eine Stunde, um wieder alles einzupacken. Du kannst es dir also
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