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Land der Sehnsucht (German Edition)

Land der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Land der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamera Alexander
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sicher, ob sie sich über seine Aussprache amüsierte oder ob sie sich gleich wieder übergeben müsste. Er stellte sich auf das Schlimmste ein.
    „Das Château de Versailles war der Wohnsitz von Ludwig dem sechzehnten und Marie Antoinette. Es ist einfach … magnifique.“
    „Du hast es gesehen …“
    „Ah oui! Meine Mutter und ich begleiteten Monsieur Marchand, unseren Arbeitgeber, oft zu Parlamentssitzungen dorthin.“ Ihr fester Griff auf seinem Arm wurde ein wenig lockerer. „Ich bin dort mit Christophe spazieren gegangen. Er kannte sich gut aus, da er schon vor mir oft dort gewesen war. Er zeigte mir alle …“
    „Erzähl mir noch einmal, wer dieser Christophe ist?“ Die Frage war ausgesprochen, bevor Jack es sich richtig überlegt hatte.
    „Christophe ist …“ Sie zögerte. „Christophe ist ein lieber Freund … in Paris. Wir wuchsen miteinander auf, er und ich.“
    Der Druck auf Jacks Arm wurde wieder stärker und er spürte, dass Christophe und das, was dieser Mann in Véroniques Leben verkörperte, im Moment nicht das richtige Thema war. „Was hat dir an dem Château am besten gefallen?“
    Sie seufzte. „Wo soll ich anfangen? Wenn die Kutsche sich dem Schloss nähert, siehst du Gärten, die sich in alle Richtungen erstrecken. Sie sind unbeschreiblich. Die Gärtner von Versailles sind Künstler ihres Fachs. Alle Gärten, die ich vorher gesehen hatte, waren in Reihen gepflanzt, aber in Versailles nicht. Die Sträucher sind in Mustern gepflanzt, sie ergeben ein Bild. Und die Blumen …“ Sie atmete seufzend aus. „Sie sind überall, in jeder Farbe, die es auf einer Palette gibt. Meine Mutter sagte immer, sie seien ein Genuss für die Augen, Gottes Art, die müde Seele aufzurichten.“
    Sie wurde still, und Jack fühlte sich gezwungen, etwas zu sagen, da er sich an den Tag im Mietstall erinnerte, an dem Sampson ihm ihre Geschichte erzählt hatte. „Ich wollte es eigentlich schon längst sagen, aber … es tut mir leid, dass du deine Mutter verloren hast. Ist das lange her?“ Er fühlte, dass sie den Kopf schüttelte.
    „Sie starb kurze Zeit bevor ich Paris verließ.“ Einige Momente vergingen. „Ich erinnere mich an unseren letzten Besuch in Versailles. Bald danach wurde sie krank. Meine Mutter beendete ihre Arbeit für Monsieur Marchand und ging mich dann suchen. Hand in Hand schlenderten wir durch die riesigen Gärten.“ Ihre Stimme zitterte. „Bis zum großen Kanal hinab.“
    Jack nickte. „Gehen dort die Schiffe vor Anker?“
    Sie kicherte. „Non, nicht solche Schiffe, wie du sie dir jetzt wahrscheinlich vorstellst. Dort hielt Ludwig der vierzehnte seine Bootsfeste ab. Es waren kleine Boote. Meine Mutter und ich picknickten an jenem Nachmittag am Kanal. Nur wir beide. Es gab frisches Brot, Wein und Käse. Ich erinnere mich immer noch an den Geschmack auf meiner Zunge. Ich wünschte nur, ich hätte damals gewusst, dass wir zum letzten Mal dort sind. Vielleicht hätte ich es dann mehr geschätzt.“
    Aus der Zärtlichkeit in ihrer Stimme schloss Jack, dass das wohl kaum möglich gewesen wäre. Er fragte sich, ob ihr bewusst war, dass sie beim Erzählen seinen Arm streichelte. Wahrscheinlich merkte sie es nicht, aber er konnte sich kaum auf etwas anderes konzentrieren.
    Er verlagerte sein Gewicht auf dem Sitz, und ihre Hand erstarrte auf seinem Arm. „Und das Haus von Ludwig ist also auch ganz nett?“ Er formulierte seine Frage absichtlich so flapsig.
    Sie schlug ihm auf den Arm. „Der Palast ist unvergleichlich. Er ist über zweihundert Jahre alt. Und doch ist er so schön wie eh und je. Aber das Schönste ist für mich der lange Gang mit den Spiegelwänden. Ich werde den Tag nie vergessen, an dem ich ihn als Kind das erste Mal sah. Monsieur Marchand wies meine Mutter und mich an, ihm zu folgen. Ich erinnere mich daran, weil er sich, als wir die geschlossenen Türen erreichten, bückte und mir die Augen zuhielt und sagte, er habe eine Überraschung für mich. Als ich sie wieder aufschlug, funkelte und glänzte alles vor mir.“
    Das klang für Jack nicht nach dem Verhalten eines Arbeitgebers, sondern eher wie das eines Vaters. Er entdeckte eine Stelle auf dem Weg vor ihnen, wo sie anhalten und Charlemagne und Napoleon eine Pause gönnen konnten. Er lenkte den Wagen dorthin und legte die Bremse ein.
    Véronique löste sich sanft von seinem Arm und rutschte wieder auf ihre Seite. Ein scheues Lächeln erschien um ihren Mund. „Wieder einmal danke, Jack, für deine Gabe, meine

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