Land der Sehnsucht (German Edition)
wichtiger als ein Menschenleben.
Sluice Box war die kleinste Stadt, in die Jack bis jetzt etwas geliefert hatte. Als er die Männer betrachtete, die aus den Zelten am Bachufer strömten und aus dem Saloon kamen, vermutete er, dass sie die rauesten Typen waren, mit denen sie es bis jetzt zu tun gehabt hatten. Er hob sein Gewehr vom Wagenboden und lehnte es an seinen Oberschenkel.
Welches der drei Gebäude der Laden war, war nicht schwer zu erraten. Das Wort Lahden war in grellen, roten Buchstaben über den Türrahmen des letzten Gebäudes auf der Straße gemalt. Wer auch immer das Wort geschrieben hatte, legte offensichtlich nicht viel Wert darauf, die Schindeln ordentlich festzunageln oder Wörter richtig zu schreiben.
Jack behielt die Straße und die wachsende Anzahl von Bergarbeitern im Auge. Manche riefen Véronique etwas zu, einige machten grobe Gesten, die sie hoffentlich nicht sah. Er entsicherte das Gewehr. „Wir schauen, dass wir hier so schnell wie möglich wieder fortkommen. Ich lade die Waren ab und …“
„Ich werde nichts sagen, versprochen. Aber bitte lass mich nicht allein, Jack. Wenn du in das Gebäude gehst, dann nimm mich mit.“
Er hörte die Angst in ihrer Stimme mitschwingen und ärgerte sich, dass er diese Situation überhaupt zugelassen hatte. „Du verlässt diesen Wagen nicht, und ich gehe auch nirgendwohin. Hinter dem Sitz ist eine Decke. Nimm sie und deck dich damit zu.“
Ohne zu fragen, tat sie, was er sagte.
„Hier, nimm den.“ Er schob ihr seinen Schofield-Revolver auf den Schoß. „Er ist geladen und entsichert.“
Sie starrte die Waffe an, als wäre sie eine Schlange. „Aber du hast mir noch keine Schießstunden gegeben.“
„Ich weiß, und wahrscheinlich musst du heute auch nicht schießen. Im Moment brauchst du nur zu wissen, dass du zielen und abdrücken musst. Aber tu nichts ohne mein Signal. Verstanden?“
Sie nickte.
„Jetzt nimm ihn am Griff und lass ihn auf deinem Schoß liegen, damit sie ihn sehen können.“ Es wäre sicherer gewesen, wenn er sie vor der Stadt abgesetzt hätte.
Sein nächster Gedanke überraschte ihn selbst: Er sah nirgends eine Spur von einem Bordell. Und ausnahmsweise beunruhigte ihn diese Entdeckung.
Die einzige Straße, die durch diese Stadt führte, war ungewöhnlich schmal. Auf der linken Seite waren die wenigen Geschäfte, die Sluice Box zu bieten hatte, untergebracht. Die armseligen Gebäude drängten sich an die Bergwand. Zelte und provisorische Hütten säumten die andere Seite, die von einem Bach begrenzt war, der aufgrund der Schneeschmelze viel Wasser führte. Es gab keine Möglichkeit, im Notfall den Wagen in einem einzigen Zug schnell zu wenden.
Als sie sich dem Laden näherten, kam ein Mann heraus. Er war kleiner als Jack, aber sein Oberkörper war doppelt so breit wie seiner. Er sah aus wie ein Baumstamm mit Beinen.
Er sah nach Jack hinauf. „Jack Brennan?“
Jack nickte und zog an den Zügeln. Er legte die Bremse ein und ließ sein Gewehr gut sichtbar liegen. „Sol Leevy?“
Der Mann gab sich gleichgültig und gelassen. Laut Hochstetlers Berichten leitete Leevy sowohl die Mine als auch den Laden. Und das nicht allzu gut, wenn man bedachte, wie es hier aussah.
Leevy betrachtete Véronique und baute sich vor ihr auf.
Sie senkte den Blick, zeigte sonst aber keine Reaktion.
Jack ließ seinen Finger am Abzug des Gewehrs liegen. „Ich habe Ihre Waren. Sorgen Sie dafür, dass sie abgeladen werden. Ich habe noch eine Lieferung heute Nachmittag weiter oben auf dem Berg abzugeben, und man erwartet mich dort.“ Er sprach absichtlich nur von sich selbst, da er nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf Véronique lenken wollte, als sie mit ihrer Anwesenheit ohnehin schon erregte.
Leevys Blick wanderte zu den Männern, die um sie herum standen. „Wenn nur Sie erwartet werden, Brennan, können Sie ja die Frau bei uns lassen. Auf dem Rückweg in zwei Wochen können Sie sie wieder mitnehmen.“
Lautes Lachen ertönte, gefolgt von vulgären Vorschlägen, was Véronique tun könnte, wenn sie hier bliebe.
„Nehmen Sie die Decke weg, Missy. Wir wollen sehen, was Sie verstecken.“
Ein anderer Mann, der ganz nahe neben dem Wagen an Véroniques Seite stand, rief. „Decke, ha! Nimm alles weg, Schätzchen.“ Dann zählte er genau auf, was er sehen wollte.
Jack wagte es nicht, Véronique anzusehen, aber er konnte ihre Demütigung fühlen. Glühender Zorn stieg in ihm auf. Er hob das Gewehr und das raue Gelächter erstarb. Er zielte
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