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Land der Sehnsucht (German Edition)

Land der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Land der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamera Alexander
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bestimmt schon. Aber zuerst müsste er auf Miss Maudelaine Mahoneys ausdrücklichen Wunsch hin kurz bei Mrs Rawlings in der Bäckerei vorbeifahren.
    * * *
    Véronique stand am Rand des Friedhofs und war dankbar, dass sonst niemand da war. Sie brauchte neue Hoffnung. Warum sie nicht schon früher daran gedacht hatte, hierher zu kommen, wusste sie selbst nicht.
    Trockene Zweige knackten unter ihren Stiefeln, während sie durch die Gräberreihen schritt. Die Baumkronen über ihr flüsterten ein Lied, das Véronique schon von den Bäumen weiter oben in den Bergen kannte. Einige der Gräber hatten Grabsteine mit Namen und Daten und liebevollen Abschiedsworten, während andere nur ein einfaches Holzkreuz schmückte, in das der Name des Verstorbenen tief ins Holz eingeschnitzt war.
    Obwohl keiner dieser Gedenksteine an diesem heiligen Fleck Erde es mit der Extravaganz der Grabsteine auf ihrem geliebten Cimetière de Montmartre aufnehmen konnte, herrschte hier derselbe Geist.
    Ein Geist der Endgültigkeit. Und der Erwartungshaltung.
    Diese Erwartungshaltung war es, diese gesegnete Vorfreude, die sie jetzt anzog. Vielleicht war sie es auch gewesen, die Véronique ihr ganzes Leben lang an solche Orte gezogen hatte. In den letzten Tagen war ihr eine Wahrheit bewusst geworden, die sich durch ihr ganzes Leben zog, so weit sie zurückdenken konnte.
    Alles wirkliche Leben kam aus dem Tod. Und der Tod hatte weniger mit einem Ende als mit einem neuen Anfang zu tun.
    Das rauschende Wasser des Fountain Creek lockte sie, und sie ging eine kurze Strecke am Rand des Friedhofs entlang.
    Sie durchlebte noch einmal die Ereignisse im Kolonialwarenladen und dann auf der Bank mit Monsieur Gunter. Als sie sich ausmalte, wie die Carlsons auf ihre schlechte Nachricht reagieren würden, wollte sie am liebsten weglaufen und sich verstecken.
    Aber das hatte sie schon in den vergangenen drei Tagen gemacht, und es hatte nichts geändert. Ihr Gewissen quälte sie und ihre Ehrlichkeit ließ ihr keine Ruhe, da sie genau wusste, was sie tun musste.
    Sie war zu Madame Dunston ins Kleidergeschäft gegangen und staunte immer noch darüber, dass diese Frau ihr so bereitwillig vergeben hatte. Es hatte sich sehr heilsam auf sie ausgewirkt. Véronique hatte angeboten, in ihrem Geschäft mitzuhelfen, um das, was sie ihr schuldete, zu begleichen, und Madame Dunston hatte dieses Angebot mit unerwarteter Begeisterung angenommen. Die meisten anderen Geschäftsleute in der Stadt hatten ebenfalls Verständnis gezeigt. Alle bis auf Madame Hochstetler, der sie immer noch einen Besuch schuldig war.
    Und den Carlsons. Dieser Gang würde der schwerste von allen werden.
    Sie sah auf ihre Hände hinab. Ihre Nägel waren abgebrochen und ungleich. Die Kratzer und Abschürfungen, die sie sich zugezogen hatte, als sie mit Jack an dem Abend des furchtbaren Gewitters Steine geschleppt hatte, waren längst verheilt. Dennoch sahen ihre Hände ganz und gar nicht mehr wie die einer Dame aus. Jack hatte einmal eine Bemerkung gemacht, dass sie so viel auf Regeln halte, und angedeutet, dass sie sich zu viele Sorgen über den äußeren Schein mache und darüber, was die Leute von ihr dachten.
    Sie wehrte sich innerlich dagegen, obwohl sie wusste, dass er recht hatte.
    Erst als sie gezwungen worden war, die Sicherheit des Hauses der Familie Marchand zu verlassen, und damit den weitreichenden Einfluss, den der gesellschaftliche Status der Familie mit sich brachte, hatte sie einen ehrlichen Blick darauf geworfen, wer sie allein und losgelöst von alledem war.
    Was sie gesehen hatte, hatte ihr nicht gefallen.
    Bei dem Gedanken daran, dass Jack sie für verwöhnt und eingebildet hielt, wand sie sich innerlich. Aber noch mehr verletzte es sie, dass er richtig lag, wenn er das von ihr dachte.
    Sie stieß auf eine seichte Stelle im Fountain Creek, an der die Erde sanft das Wasser berührte. Sie kniete nieder und tauchte ihre Hände in den plätschernden Bach.
    Maman …
    Eine schwache Stimme aus ihrer Kindheit hallte in ihrem Kopf wider. Sie kannte diese Stimme. Selbst wenn ihr etwas von ihrer früheren Verklärtheit fehlte. „Reife lässt sich oft daran messen, wie ein Mensch auf Erfolg reagiert, Véronique. Aber sie lässt sich immer daran messen, wie er auf Misserfolg reagiert.“ Im Licht dessen, was Véronique jetzt wusste, klangen die oft gesagten Worte ihrer Mutter noch wahrer. Aber sie fragte sich, ob ihre Mutter je selbst von ihrem Versagen, ihrem fehlenden Mut, wie sie es formuliert

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