Land der wilden Sehnsucht
gefunden hatte.
„Ich kann nicht mehr“, stöhnte Amanda neben ihr.
Schnell legte Sienna den Arm um sie und drückte sie an sich. „Ich weiß, du fühlst dich hundeelend“, flüsterte sie, „aber gemeinsam schaffen wir es.“
Als die Zeremonie zu Ende war, konnte sich Amanda kaum noch auf den Beinen halten. Ihre zarte, helle Haut war gerötet, und ihre Stirn glänzte feucht. Blaine hatte vollauf damit zu tun, seine Stiefmutter zu unterstützen, die in Tränen aufgelöst und einem Zusammenbruch nahe war. Deshalb wurden Sienna und Amanda von Senator Kilcullen zum nächsten Wagen gebracht.
„Das ist eine schwere Zeit für uns alle“, sagte er, während er die Autotür öffnete und Amanda beim Einsteigen behilflich war.
„Vielen Dank, Sir.“ Sienna reichte ihm die Hand, die er eine Weile festhielt.
„Eine traurige Geschichte“, meinte er, während er hingerissen ihr Gesicht betrachtete, das von einem Hut mit breiter Krempe beschattet wurde. „Sie sind eine Cousine von Marks Witwe, nicht wahr?“
„Ja, Sir“, antwortete Sienna höflich. „Nochmals vielen Dank.“
„Wir unterhalten uns später“, versprach er, ehe er weiterging.
„ Mich hat er nicht beachtet“, beschwerte sich Amanda. „Und er will sich auch nicht mit mir unterhalten. Wann wird das alles endlich vorbei sein? Ich hasse diese elende Trauerei!“ Es klang wie das Fauchen einer gereizten Tigerin.
Einige Gäste hatten sich schon im großen Wohnzimmer versammelt, als Sienna und Amanda das Haus betraten. Dort war ein Büfett aufgebaut worden. Die arme Hilary musste alle persönlich begrüßen. Sie hielt sich tapfer, auch wenn kein Lächeln auf ihrem bleichen Gesicht erschien. Marcia stand genauso ernst neben ihr.
Sienna hätte sie immer als Marks Schwester erkannt. Die Ähnlichkeit war nicht so verblüffend wie bei eineiigen Zwillingen, aber Marcia hatte das gleiche mittelblonde Haar, die gleichen dunklen Augen und die gleiche Art, sich zu geben. Sie hatte Amanda nicht direkt geschnitten, war ihr aber möglichst aus dem Weg gegangen.
Amanda blickte sich entsetzt in dem überfüllten Raum um. „Hoffentlich erwartet niemand von mir, dass ich das hier mitmache“, sagte sie, nahm den geliehenen Strohhut ab und warf ihn auf den nächsten Stuhl. Die blonden Locken klebten ihr auf der feuchten Stirn. „Ich könnte ohnmächtig werden.“
„Bloß nicht“, erwiderte Sienna, die genau das befürchtete. Amanda sah wirklich krank aus, was die anwesenden Leute hoffentlich auf den traurigen Anlass zurückführten.
Sobald Blaine auf der Türschwelle erschien, beschloss Sienna, sich ihm anzuvertrauen.
„Ja?“, fragte er, als sie neben ihm auftauchte. „Was gibt es?“
„Es tut mir leid, Blaine, aber Amanda fühlt sich nicht wohl. Die vielen Menschen machen ihr Angst. Sollte ich sie nicht lieber nach oben bringen? Sie möchte sich gern hinlegen.“
„Ganz, wie es ihr beliebt“, antwortete Blaine, ohne die Miene zu verziehen. „Ihre Cousine scheint wirklich überfordert zu sein. Sie selbst kommen doch wieder herunter?“
„Möchten Sie das?“
„Selbstverständlich.“ Er sah Sienna an, als zweifelte er an ihrem Verstand.
„Okay. Ich bringe Amanda nur ins Bett.“
Er nickte kurz. „Ich werde übrigens Amanda genug Geld geben, um ihren Lebensstandard abzusichern. Ihre Familie braucht sie in Zukunft nicht mehr zu unterstützen.“
Die Bemerkung kränkte Sienna. „Wir haben es gern getan, Blaine“, erwiderte sie. „Bitte vergessen Sie das nicht.“
„Man kann manche Dinge auch übertreiben.“ Blaine betrachtete sie fasziniert. Sie hatte, wie viele andere, in der prallen Sonne gestanden und glich immer noch einer frischen Rose. Amanda schien dagegen bedeutend anfälliger zu sein. Eigentlich eine Frechheit, dass sie sich schon vor der Beerdigung nach der Höhe ihres Erbteils erkundigt hatte! Marks Witwe schien einen ausgeprägten Sinn für Materielles zu besitzen.
Etwas anderes hatte ihn an diesem Vormittag allerdings mehr beschäftigt. Der Reitunfall seines Vaters war immer noch nicht geklärt. Wie hatte es dazu kommen können? Trug Mark vielleicht irgendeine Schuld daran? Manchmal war er zu allem fähig gewesen.
Blaine hatte seinen Verdacht nie jemandem mitgeteilt, und durch den Gedächtnisverlust seines Vaters war die Aufklärung erschwert worden. Jetzt, nach Marks Tod, würde wohl alles für immer im Dunkeln bleiben.
Als Sienna wieder herunterkam, hatten sich bereits alle Gäste am Büfett bedient, das Magda zusammen
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