Land des Todes
Vergebung für die Geheimhaltung, doch sie habe gefürchtet, die Eheschließung würde ihr untersagt, weil ihr Vater einen so ungerechtfertigten Groll gegen Damek hegte. Wie auch immer, sie sei die glücklichste Frau auf dem Antlitz dieser Erde und würde Damek heiraten.
Meine gesamte Welt lag in Trümmern. Auch mein Herr erlitt vor Erschütterung einen Zusammenbruch und blieb eine Woche bettlägerig. Als er sich wieder erhob, war er ein veränderter Mann. Er schwankte zwischen rasender Wut ob des Verrats seiner Tochter und einer gefährlichen Mattigkeit, die von großen Mengen Laudanum herbeigeführt wurde. Dabei handelte es sich um eine Arznei, die er gelegentlich einnahm, um gegen seine Melancholie anzugehen, aber nach Linas Flucht verfiel er darauf, sie jeden Tag zu schlucken.
Nichts, was ich sagte, konnte ihn dazu bewegen, barmherzig an seine Tochter zu denken, und wäre er nicht so krank gewesen, hätte er sie auf der Stelle enterbt. Jedenfalls kündigte er diese Absicht unzweifelhaft an. Ich konnte mir meinerseits nicht vorstellen, dass Damek echte Liebe für mein Mündel empfand; zugleich jedoch hegte ich etwas Hoffnung, dass er nicht grausam zu einem jungen Mädchen sein könnte,das obendrein das Fleisch und Blut der Frau war, die er so leidenschaftlich geliebt hatte.
Diese Hoffnung wurde innerhalb von weniger als einem Monat enttäuscht, als ich einen verzweifelten Brief von Lina erhielt, aus dem hervorging, dass ihre Ehe ein entsetzlicher Fehler gewesen sei, und in dem sie um die Erlaubnis bettelte, nach Hause kommen zu dürfen. Was ihr trotz all meiner Fürsprache von ihrem Vater verweigert wurde.
Damek und Lina kehrten drei Monate später zurück, zweifellos, damit Damek seine Rache vor Tibor auskosten konnte. Sobald ich davon erfuhr, eilte ich zum Roten Haus, um Lina zu besuchen. Vielleicht können Sie sich vorstellen, wie mir das Herz brach, als ich sah, was meinem unschuldigen Mädchen widerfahren war. All das fröhliche Licht in ihr war erloschen: Sie wirkte eingeschüchtert und verängstigt, und ich sah den Beweis für die grausame Behandlung ihres Ehemanns in Form der blauen Flecken, die sie mir an ihren Armen zeigte. Sie erzählte mir, dass sie versuchte hatte, wegzulaufen, um seinen ständigen Misshandlungen zu entfliehen, aber Damek habe sie immer verfolgt und zurückgeholt.
Meine Wut war so groß, dass ich Damek später zur Rede stellte und ihm befahl, seine Gemahlin mit Respekt und Rücksicht zu behandeln. Er lachte mir darob ins Gesicht.
»Was denn, und die süße Rache aufgeben, die ich so lange geplant habe? Es gibt in meinem Leben herzlich wenig Vergnügen, aber zu wissen, wie Tibor sich windet und leidet, gab mir einen Grund zum Weiterleben. Wie kannst du mir das verweigern? Wofür hältst du mich?«
»Für ein menschliches Wesen«, gab ich zurück. »Früher dachte ich, Sie wären zumindest das. Aber wie ich sehe, habe ich mich geirrt, und diejenigen, die behaupten, Sie seien der Teufel höchstpersönlich, müssen wohl recht haben. Wie können Sie ein so unschuldiges Wesen auf diese Weise behandeln? Obendrein noch, wo sie Linas Fleisch und Blut ist? Ist Ihnen nicht klar, dass Sie damit auch mir das Herz brechen? Ich binsicher, ihre Mutter würde weinen, wenn sie wüsste, was Sie tun …«
»Rede du nicht von ihrer Mutter mit mir!«, brauste er auf. »Was sie gesagt hat, ist nur allzu wahr: Sie ist jeden Tag bei mir. Sie hat mich verflucht. Ich war vom Augenblick unserer ersten Begegnung an verflucht. Und dennoch sehe ich sie nie! Eine flüchtige Wahrnehmung im Augenwinkel, ein Fetzen Gelächter in einem anderen Zimmer – oh, sie ist so gerissen, mir genug Hoffnung zu geben, um mich fortwährend zu quälen, aber mich nie zu befriedigen. Erwähne sie niemals wieder im selben Atemzug mit diesem weinerlichen Balg! Sie verdient es nicht, den Namen ihrer Mutter zu tragen; sie ist ganz der Vater.«
Darauf wusste ich keine Antwort, denn für mich stand fest, dass Damek kein vernünftiges menschliches Wesen mehr war, und um ehrlich zu sein, fürchtete ich, dass er auch mich schlagen könnte. Ohne große Hoffnung forderte ich dennoch, dass er Lina gestatten möge, bei mir zu leben, auch wenn wir in den Süden gingen. Abermals lachte er und meinte, sie sei sein Eigentum, mit dem er tun und lassen könne, was immer ihm beliebe, und damit entließ er mich.
Damek bekam alles Vergnügen, das er begehrte, denn Tibor wurde immer kranker und verstarb noch vor dem Ende des Jahres. Zu allem
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