Land des Todes
Damek fern im Süden weilte. Herr Tibor ließ den Stein mehrere Male ersetzen, doch vergeblich, und letztlich erschien ihm dieser stille Kampf um einen Namen sinnlos, und er beließ das Grabmal so, wie es war.
Damek brach aus Elbasa in den Süden auf, sobald es möglich wurde. Nach seiner Abreise sahen wir keine weiteren Erscheinungen in der Manse, und das Leben fügte sich allmählich in den häuslichen Alltag. Wenngleich Damek in ständiger Verbindung mit den Beschäftigten auf seinem Anwesen stand, da er bis vor Kurzem immer streng gewesen war, was die Verwaltung seines Besitzes anging, blieb er viele Jahre lang ein abwesender Lord.
Wir hörten weder von den Zauberern noch vom König je etwas. Ich vermute, Linas Tod hatte ihr Verlangen nach Rache gestillt, und sie zogen es vor, sie völlig aus dem Gedächtnis zu streichen.
Mit dem Tod des Zauberers Ezra ging das Ende der Vendetta einher. Vielleicht befanden die Zauberer, Elbasa hätte genug gelitten, oder vielleicht hatte sie der Tod ihres Gefährten verschreckt, oder vielleicht war der Zyklus der Racheauch einfach abgeschlossen. Was immer der Grund gewesen sein mochte: Als der neue Zauberer ernannt worden war, trafen sich die Vertreter aus Skip und Elbasa an der Grenze, um offiziell den Frieden auszurufen. Nach der Befreiung von diesem dunklen Schatten schien es, als wäre das Dorf wiedergeboren worden: Ein neues Leben schien möglich zu sein.
So wurden die Tage länger, und die ersten Blumen erblühten, und ich begann allmählich, mich weniger untröstlich zu fühlen. An einem der ersten warmen Tage beschloss ich, die Teppiche auszuklopfen, die während der Wintermonate muffig und staubig geworden waren. Mit Irlis Hilfe hatte ich sie hinausgetragen und auf die Wäscheleinen gehängt. Ich erinnere mich noch, dass ich nach dem Tragen der schweren Rollen gerade den Rücken durchstreckte, als ich Zef am Tor stehen sah. In den Armen hielt er einen gewaltigen Strauß Frühlingsblumen, den er für mich gepflückt hatte.
Ich mochte meinen Augen kaum trauen. Ich blinzelte und schaute abermals hin, doch da war er, so echt wie der Torpfosten neben ihm. In jenen Tagen war Zef ein gutaussehender Mann, mit Haar so braun wie Kaffee und Augen so blau und mild wie der Himmel im Hochsommer. Wie er dort im matten Sonnenlicht stand – stark und fest und über mein Erstaunen lachend –, hätte kein Engel für mich schöner aussehen können. Ich verharrte reglos wie ein Stein, brachte keinen Laut hervor. Bis zu diesem Moment hatte ich nur aus Eis bestanden, doch in jener Minute brach meine Seele auf, als wären meine Gefühle ein Fluss, der Hochwasser führte. Ich stellte fest, dass ich doch nicht so abgestumpft war und mehr als nur lächeln konnte: Selbst durch meine Tränen hindurch lachte ich vor purer Freude.
Die Brautwerbung gestaltete sich kurz: Wir hatten bereits zu viel Zeit getrennt voneinander verbracht und waren beide ungeduldig, wie es junge Leute nun einmal sind. Bald hielt er um meine Hand an, und ich willigte ein; der Rest war eine Sache praktischer Entscheidungen. Ich wollte die Manse nichtrecht verlassen, deshalb trat ich an Tibor heran und bat ihn, Zef als Stallknecht zu beschäftigen, eine Bitte, der er gerne nachkam. Wir wurden im Herbst vermählt, nachdem die Zeit der Trauer geendet hatte.
Ich kann nicht behaupten, dass mein Glück völlig ungetrübt war; die Ereignisse des vergangenen Jahres hatten ihre Spuren hinterlassen, und ich betrauerte Linas Tod noch immer. Ich fühlte mich älter als meine Lebensjahre, als hätte ich für immer eine Unschuld verloren, von der ich bis dahin gar nicht gewusst hatte, dass ich sie besaß.
Manchmal wünsche ich mir, dass Lina der Friede beschert worden wäre, den ich gefunden hatte, wenngleich ich mich zu anderen Zeiten fragte, ob sie durch ihre Rastlosigkeit überhaupt je Zufriedenheit hätte finden können, selbst wenn sie weitergelebt hätte. Wie misst man derlei Dinge? Meine Liebe für Zef stand weder unter einem schlechten Stern, noch verlief sie tragisch, und unsere Ehe ging nur uns beide etwas an. Auch wenn ich vermutlich nie die extremen Gefühle erfahren habe, die Lina beseelten, glaube ich, dass ich auf meine Weise nicht weniger tief empfunden habe; und ich war in meinem Leben zweifellos glücklicher als sie.
Es erscheint mir nicht richtig, dass es so wenig Interessantes über Glück zu sagen gibt. Die nächsten fünfzehn Jahre erwiesen sich als die befriedigendsten meines Lebens, und dennoch sind sie
Weitere Kostenlose Bücher