Land meiner Träume collin1
wirbelte herum; er fürchtete sich vor dem, wozu er fähig wäre, wenn er in Reichweite seines Bruders blieb. Der Anblick von Tommys verletzter und besorgter Miene heizte seine Wut noch an. Er ging wieder hinüber zu Hal. »Glaubst du wirklich, du könntest zu diesen Männern hingehen und sagen: ›Tut mir leid, ich wollte das Geld nicht verlieren‹, und von ihnen erwarten, dass sie es vergessen und uns unserer Wege ziehen lassen?« »Ich dachte, wir wären längst weg.« Die Worte waren nicht mehr als ein defensives Gemurmel. »Was! Was hast du gesagt?«, brüllte Will ungläubig. »Du hast es gehört.« »Willst du etwa behaupten, du hast diese Schuldscheine unterzeichnet und hattest nie die Absicht, sie zu bezahlen?« Hal nickte wie betäubt. Er hörte Will fluchen, zwei harte Schritte Richtung Fenster machen und dann zurückkommen. Daran, dass Will in einen kornischen Tonfall zurückgefallen war, erkannte er, wie wütend sein Bruder war. Er spürte Wills Anspannung und welche Mühe es ihn kostete, vor Wut nicht ganz außer sich zu geraten. Schattenhafte Bilder der anderen schlimmen Sache, die er in der Nacht zuvor getan hatte, gingen ihm durch den Kopf. Wenn Will das herausfand … Hal stützte die Unterarme auf die Oberschenkel, ließ den Kopf hängen und weinte. Er weinte aus Reue, aus Scham und aus Angst vor Entdeckung. Er weinte, weil Will so wütend war und weil er gesehen hatte, wie enttäuscht Tommy von ihm war. Er weinte auch, weil er sich so verdammt schrecklich fühlte, dass er sich wünschte, der Boden würde sich unter ihm auftun und ihn verschlingen. »Was würden Ma und Pa sagen, wenn sie das wüssten?« Hal schüttelte den Kopf, bei der Erwähnung ihrer Eltern wurden aus den Tränen laute Schluchzer. Er brachte kein Wort mehr heraus. Und es gab auch nichts, was er h?tte sagen k?nnen, um die Situation zu verbessern. Will ließ die Reue seines Bruders ungerührt. Das Geld war weg. »Ich habe deine Schulden bezahlt, Hal. Aber verstehst du, was das bedeutet?« Diesmal nickte Hal. O ja, er wusste ganz genau, was das bedeutete. »Wir haben keine zwei Pfund mehr. Was glaubst du, wie weit wir damit kommen?« Er schniefte und rieb sich mit dem Ärmel wütend über die Augen. »Haben wir unsere Vorräte nicht schon?« »Nicht genug für die fünf oder sechs Wochen, die wir schätzungsweise bis nach Ballarat brauchen.« »Was sollen wir machen?«, meldete Tommy sich zu Wort. »Wir können nur versuchen, unterwegs ein bisschen Arbeit zu finden. Selbst wenn es Arbeit gegen Essen ist.« Will hatte seine Wut zwar unter Kontrolle, aber sie war noch nicht verraucht. Hal wusste, dass Will noch sehr lange wütend auf ihn sein würde. Und was für einen Schaden hatte er mit seinem dummen Betragen der engen Beziehung zu dem kleinen Tommy zugefügt? Die Enttäuschung seines Bruders schmerzte ihn mehr als alles andere. Er stieß einen tiefen, aufrichtigen Seufzer aus. »Ich weiß, dass es nicht viel bedeutet, wenn ich sage, dass es mir leidtut, Will, Tommy. Aber es tut mir wirklich leid, dass ich so ein Dummkopf war. Ich versprech auch, dass ich alles tun werde, was ich kann, um es wiedergutzumachen.« »Oh, das wirst du«, versicherte Will ihm, »verlass dich drauf. Und jetzt sollten wir zusehen, dass wir noch eine Mütze Schlaf bekommen. Wir brechen früh am Morgen auf.« »Mit Adam und Joshua?« »Nein. Die bleiben mindestens noch einen Tag. Adam kann erst fertig aufladen, wenn Joshua entlassen wurde. Abgesehen davon m?chte ich dich von Joshua Winton fernhalten. Er war dir kein Freund.? »Ich will ihn auch gar nicht zum Freund.« Hal war überrascht, wie erleichtert er war. »Ich bin froh, dass wir nicht mit ihnen reisen.«
Im weichen grauen Licht der verblassenden Nacht waren alle Farben zu Schatten gedämpft. Die Menschen, die schon auf den Beinen waren, achteten kaum auf diejenigen, die meist mit gesenkten Köpfen dahin gingen, wo sie den ganzen Tag arbeiten würden. Die Brüder Collins gingen schweigend, grüßten niemanden und sprachen auch nicht miteinander. Sie waren aufgestanden, hatten ohne viele Worte ihre Habseligkeiten zusammengepackt und das Hotel verlassen. Auch am Mietstall sprachen sie nur das, was notwendig war, um die zwei Reitpferde zu satteln und das dritte Pferd anzuspannen. Als sie bereit waren, ihre Reise fortzusetzen, tauchte die Morgendämmerung die Stadt Adelaide in ein rosagoldenes Licht. Die erste Pause des Tages machten sie nach mehr als drei Stunden. Danach übernahm Will das Führen
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