Land Spielen
sind eh was für Kinder«, hört sie nun das Kind des Försters sagen, hier gebe es Besseres, sagt er. Ada hört Rascheln, hört: »Schau mal die hier, die ist geil.« Hört überhaupt das Wort »geil« wieder und wieder. Bis der Försterjunge fragt: »Hattest du schon einmal Sex?« Er sagt es, als hätte er schon ganz viel Sex gehabt, lacht, als Ralf etwas Ausweichendes murmelt. Es raschelt erneut, dann hört Ada Förster junior sagen: »Zeig mal deinen Schwanz!«
Während draußen ein Mädchen auf dem Stein nervös hin- und herrutscht, lehnt drinnen auf der anderen Seite der Bretterwand ein Junge ab. Ada rutscht hin und her, hört Ralf zu, versteht ihn nicht. Ada würde sich nicht wehren. Sie würde sich nicht schämen wie Ralf, der es unfair findet, allein nackt dazustehen. Er findet, dass der auf der Liege sitzende Beobachter auch zeigen müsse, was er hat. Während der Liegensitzer sagt: »Erst du«, und Ralf ihm glaubt und folgt, schaukelt Ada kaum einen halben Meter weiter ungesehen auf dem Stein. Hin und her. Erst unruhig, und dann, weil nun von unten dieses samtene Gefühl hochsteigt, wie beim Bäumeklettern und beim Sitzen auf dem Scheunenbalken. Während drinnen eine Hose aufgemacht wird, während ein Junge den Schwanz des anderen begutachtet, fragt sich Ada, warum der Försterjunge ihren Bruder ausgesucht hat und nicht sie. Der Försterjunge zieht ebenfalls die Hose aus, befiehlt: »Fass mal an!«, und will selbst anfassen. Ralf ist unsicher, welches der beiden Dinge er spannender findet, drückt erst vorsichtig am Glied des ehemaligen Feindes herum, spürt, wie die Zeit sich auflöst, während der Försterjunge sagt: »Schneller!« Und Ada stellt sich vor, er sage es zu ihr.
Der Försterjunge legt Tempo vor, aus der anfänglichen Melkbewegung ist beinahe ein Schütteln geworden, Ralf kann sich nicht auf eigene und fremde Gefühle gleichzeitig konzentrieren, ahmt die vorgegebene Bewegung nach, lässt nicht los, als der Försterjunge plötzlich loslässt, schüttelt weiter und weiter, sein neuer Freund legt sich auf die Liege, Ralf kniet daneben, seine Bewegung versetzt den Försterjungenkörper in Schwingung, die Schwingung überträgt sich auf die Liege, die ein leise quietschendes Geräusch von sich gibt. Ralf ist das Geräusch unangenehm, er würde jetzt gerne wieder aufhören, Ada hört das Quietschen, hört den Försterjungen atmen, hat schon lange niemanden mehr etwas sagen hören. Das samtene Gefühl hat sich bis in den Rücken, bis in die Schultern ausgebreitet, Ada möchte es gleichzeitig behalten und loswerden. Ralf betrachtet den Sohn des Försters auf der Liege, der Sohn des Försters, der schönste Junge des Dorfes, der Sohn der Freude, der schönste Pausenhofschläger, der regelmäßige Grund, nicht in die Schule zu wollen und dann doch unbedingt in die Schule zu wollen. Ralfs Feind, Ralfs erste Liebe. Ralf möchte sich neben ihn legen auf die Liege, seinen Kopf in die Kuhle zwischen Kopf und Schulter betten, stattdessen schüttelt er weiter, der Försterjunge spannt seinen ganzen Körper an, die Arme wirken noch sehniger, die Bauchmuskeln treten hervor, das Gesicht zusammengekniffen, die Hände zu Fäusten geballt. Dann, ohne Vorwarnung, setzt er sich auf, schiebt Ralfs Hand weg. Er weist Ralf an, sich hinzusetzen. Ralf tut es, sitzt da in seinem T-Shirt, mit dem er sich noch fast nackter vorkommt, als wenn er keins anhätte. Der Försterjunge kniet sich auf den rauen Bretterboden der Försterhütte. Die Bretter sind unbehandelt, leicht fängt man sich einen Splitter. Einen Splitter wird er sich fangen, denkt Ralf, während der Försterjunge Ralfs schlaffes Glied zwischen Daumen und Mittelfinger hält, ein Splitter im Knie, das tut weh, denkt Ralf, und der Försterjunge führt Daumen und Mittelfinger zu seinen Lippen, nimmt Ralfs Schwanz in den Mund.
Ada wird unruhig, sie hört nicht mehr, was drinnen geschieht, sie steht auf, sucht in den Ritzen zwischen den Brettern nach Löchern in der Tapete aus Dachpappe. Sie findet keinen Einblick, versucht, an den ungehobelten Brettern der Hüttenwand hochzukraxeln, aber die Ritzen dazwischen sind selbst für kleine Kinderfüße zu klein. Ada rutscht ab, das schabende Geräusch muss drinnen zu hören gewesen sein, denn jetzt hört Ada ein kurzes Quietschen, dann raschelnde Kleider, wahrscheinlich ist es der Försterjunge, der »Scheiße!« sagt. So genau kann Ada das nicht mehr hören, denn so schnell sie kann rennt sie von der Hütte weg,
Weitere Kostenlose Bücher