Land Spielen
sind, muss der Förster sein Laster nicht verstecken, im Hirschen sitzt er ruhig da und vernebelt sich seine Aussicht mit einem Stumpen. Für die Waldarbeit trägt er Cowboyzigaretten mit sich, und für alle Fälle hat er in der Waldhütte Nachschub deponiert. Wir kannten die Waldhütte noch nicht, sie ist weit oben am Hügel, ist gut versteckt. Neben Zigaretten liegen Motorsägenersatzteile, daneben Schmieröl, ein paar Äxte und anderes Waldarbeiterzubehör. Die Hütte ist klein, bietet aber auch Platz für eine Campingliege, die dem Förster bei Regen die Möglichkeit eines trockenen Mittagsschlafs bietet. Der Schlüssel der Hütte ginge bei Waldarbeiten wohl leicht verloren, also liegt er unter einem Stein neben der Tür. Während wir nur träumen können von Eigenheimen im Wald und in den Bäumen, kennt der Sohn des Försters das Schlüsselversteck, tut, als wäre er oft hier, öffnet die Hüttentür mit betonter Selbstverständlichkeit. Während sich die Zurückgelassenen in Indianer verwandelt und die Spur des Dorfschönsten aufgenommen haben, bietet der Försterssohn dem Superheldenverehrer Platz an auf der Liege und eine echte Marlboro. Während Ralf das Husten und die aufsteigende Übelkeit unterdrückt, liegen Indianer Fabian Büffeltöter und Squaw Ada Hasenherz auf der Lauer. Sie bewundern das schlichte Bauwerk, das sie gerne ihr Eigen nennen würden, sie sähen gerne zur Tür hinein, Ada wäre gerne diejenige, die von ihrem Angehimmelten über diese Schwelle begleitet würde. Sie stellt sich vor, wie sich hinter der Schwelle eine lange Treppe ins Erdinnere verbirgt, wie sie schmalen Schultern und sehnigen Armen Stufe für Stufe hinunterfolgt, bis sich unten irgendwann ein großer Ballsaal öffnet, bis sich der Angebetete umdreht, Ada aus dunklen Augen anschaut. Was weiter passiert, muss sich Ada nicht vorstellen, immer und immer wieder geht sie diese Treppe hinunter, sie träumt von ewiger Vorfreude, hat den Wald um sich herum längst vergessen, hat Fabian vergessen, der sich zu langweilen beginnt. Er weckt sie aus ihren Träumen, sagt: »Lass uns zurückgehen.« Ada findet den Weg auch allein, immer hügelabwärts, da kann man nicht verloren gehen. Also macht sich Fabian davon, während Ada liegen bleibt im Gebüsch. Sie schaut sich die Bretterwände an und träumt weiter von Marmorstufen.
In der schäbigen Hütte hat der Zigarettenrauch den Modergeruch beinahe vertrieben. Ralf kämpft gegen Übelkeit, würde sich gerne hinlegen, fragt, was der Förster machen würde, wenn er den Sohn hier entdeckte. Der Sohn kennt das Tagesprogramm des Vaters, weiß, dass heute andere Waldbereiche dran sind. Wie Ralf wird auch er erst beim Abendessen wieder vermisst, also bietet der Försterssohn eine weitere Zigarette an, Ralf lehnt ab, der Försterssohn grinst, Schwächling heißt das wohl, aber wahrscheinlich ist er froh, dass er auch keine mehr rauchen muss.
Der Indianerin wird ihr Platz im Gebüsch ungemütlich, der von ihr Geliebte ist zu weit weg. Sie schleicht näher zur Hütte, versucht, auf der Hinterseite durch Bretterritzen zu spähen. Dachpappe versperrt den Blick, wurde angebracht, um den Wind abzuhalten. Also ist Späherin Hasenherz ganz Ohr, versucht zu erhorchen, was nicht zu sehen ist, sie hört die Stimme ihres Bruders, hört dann den Sohn des Försters mit Cowboystimme sagen: »Der beste ist Superman. Aber die Filme sind da noch besser.« Ralf sagt, dass er die Filme auch extrem gut fand, Ada fragt sich, wann er die wohl gesehen hat. Der Försterssohn beschreibt, wie Superman im Film geflogen kommt, weil da steht Lois, fffffsssschhh, und da ist aber der Bösewicht und dann das Kryptonit und bummm, aber Superman dann so einen linken Haken, und die Szene ist geil! Und Ralf: »Ja, sehr geil.« Dann hört Ada wieder Schweigen, was sich anhört wie Waldgeräusche, die sich anhören wie Wind in Bäumen, untermalt mit Vogelgezwitscher. Leise hockt sich Ada auf einen Stein, den Rücken angelehnt an die Hüttenwand. Während drinnen geschwiegen wird, betrachtet sie ihre zerkratzten Unterschenkel, zieht die caprilange Leggings hoch. Auch auf den Knien sind Kletter- und Unterholzspuren zu sehen. Ihr Sommerkleidchen hat gelitten, sie hat sich die Beine wund- und das Kleidchen grünbraun geklettert. Statt Zweitklässlerinnenschrammen zu besichtigen, säße Ada lieber im Bretterverschlag, spräche mit dem schönen Fünftklässler lieber selbst über Filme, die sie wie Ralf nicht gesehen hat. Aber »Superhelden
Weitere Kostenlose Bücher