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Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkoetter
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waren die Umzugskartons schon gepackt.«
    »Ja, es tut mir leid. Das hätte ich wohl damals erwähnen sollen.«
    »Also stimmt es? Sie wollten gemeinsam nach Berlin ziehen?«
    »Ja, das stimmt. Es war alles geplant. Aber irgendwie war ich bis zum Schluss unsicher. Ich habe immer geglaubt, das wird nichts. Da kommt noch was dazwischen. Als hätte ich es geahnt.«
    Sie fiel in Schweigen. Hambrock wartete.
    »Marius hatte etwas Windiges an sich«, sagte sie. »Nach außen wirkte er immer sehr selbstsicher, manchmal sogar überheblich. Er war der gutaussehende Unternehmersohn. Er hatte Geld, alles schien ihm zuzufliegen. Dazu diese stechend blauen Augen, die beim Reden immer leuchteten. Die tollen Haare, seine leicht schlaksige Statur und dann ein Gang wie ein Matrose. Ich kenne keine Frau, die nicht zweimal hingesehen hätte. Aber das war nur ein Teil seiner Persönlichkeit. Er war nämlich im Grunde ziemlich unsicher, wissen Sie. Er sehnte sich danach, geliebt zu werden. Das war wohl etwas, das es in seiner Familie nie gegeben hat. Ich weiß nicht … Natürlich war mir klar, dass er unzuverlässig ist. Und schwach. Aber ich wäre bereit gewesen, mit ihm zu verschwinden. Ich hätte alles hinter mir gelassen.«
    »Frau Brüggenthies, wieso haben Sie uns damals nichts davon gesagt?«
    »Was hätte das denn geändert? Das war unsere Geschichte, Marius und meine. Ich wollte das nicht öffentlich machen. Das sollte nicht in den Dreck gezogen werden. Seine Familie ging das alles nichts an. Es sollte unser Geheimnis bleiben.«
    »Marius ist ermordet worden. Und Sie haben der Polizei wichtige Details verschwiegen.«
    »Das waren doch diese Jugendlichen! Es gab einen Streit, und dann wurde Marius totgeprügelt. Der Fall war aufgeklärt, gelöst. Die Täter waren gefasst. Damit war alles beendet. Weshalb hätte ich da noch unsere Geheimnisse ans Licht zerren sollen?«
    »Marius wurde von seinem Vater vor die Tür gesetzt. Er ist danach zu Ihnen gegangen. Ist das richtig?«
    »Ja. Er hat in den letzten Tagen bei mir gewohnt. Diese Familie war Gift für ihn. Es war gut, dass er da weg war. Sein Vater hat ihn manipuliert, seine Schwester war eine Intrigantin. Ich fand es gut, dass er rausgeworfen worden war. Wenn Sie mich fragen, hatte er nur eine Chance, um glücklich zu werden. Er musste diese Familie hinter sich lassen.«
    »Am Tatabend ist er dann aber doch nach Gertenbeck gefahren. Was wollte er da?«
    Sie stieß einen schweren Seufzer aus. »Mit seinem Vater reden. Keine Ahnung, was die noch miteinander zu besprechen hatten. Der Mann hatte großen Einfluss auf Marius. Ich weiß nicht, ob er noch irgendetwas aushandeln wollte. Und Marius sehnte sich nach einer Versöhnung. So war er nun mal. Ich dachte, ich muss ihn gehen lassen. Da musste er alleine durch.«
    »Sie haben neulich gesagt, Sie hätten keinen Kontakt zu anderen Familienmitgliedern gehabt. Roland zum Beispiel kannten Sie nur dem Namen nach.«
    »Ja, das stimmt. Marius hat nicht gut über ihn gesprochen.«
    »Aber er war bei Ihnen. Er hat eine tote Taube vor Ihre Tür gelegt.«
    Sie wirkte überrascht. Damit hatte sie offenbar nicht gerechnet. »Sie wissen das mit der Taube?«
    »Ja, das wäre dann wohl noch etwas, das Sie uns verschwiegen haben.«
    »Aber war das denn wichtig? Ich dachte, das wären Nachbarskinder gewesen, die sich einen Spaß erlauben wollten.«
    »Nachbarskinder, dachten Sie das wirklich?«
    »Natürlich war da auch der Verdacht, das könnte Roland gewesen sein. Ich wollte gar nicht weiter drüber nachdenken.« Sie wich seinem Blick aus. »Am besten ist es, so etwas zu ignorieren. Diese Familie … Sie wissen schon. Wir wollten nach Berlin. Dann wäre das alles vorbei gewesen. Warum hätte ich diesem Verdacht noch nachgehen sollen?«
    Hambrock fixierte sie. Sie zupfte nervös an ihren Ärmeln herum. Er war beinahe sicher: Sie log. Es war kein Verdacht gewesen. Sie wusste genau, dass Roland hinter der Sache steckte.
    »An dem Tatabend, als Marius nach Gertenbeck gefahren ist … Sie sagten, er müsse da alleine durch. Hatten Sie denn keine Angst, dass er es sich vielleicht anders überlegt, wenn er mit seinem Vater spricht? So manipulativ, wie Sie die Familie geschildert haben?«
    »Ich war mir sicher, er würde sich für uns entscheiden. Marius liebte mich. Er wäre nicht zu denen zurückgegangen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    Das war’s. Mehr erfuhren sie nicht von ihr. Nachdem Nathalie gegangen war, schenkte Keller Kaffee nach. Hambrock

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