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Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkoetter
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Hambrock herab. »Ich habe das Zeug, die Firma zu leiten. Ich habe das Wissen, die Leidenschaft und die Durchsetzungsstärke. Insgeheim wusste mein Vater das auch. Aber er hatte mich von Anfang an als Nummer zwei im Unternehmen vorgesehen. Die Leitung sollte sein Sohn haben. Sein erstgeborener Sohn, so bescheuert sich das auch anhört.«
    »Und deshalb wollten Sie, dass Marius geht«, sagte Hambrock.
    »Richtig. Vater ist nicht beeinflussbar. Marius aber sehr wohl. Bei ihm wollte ich ansetzen.«
    »Was genau war Ihr Plan?«, fragte Keller.
    »Ich wollte zuerst mehr über ihn herausfinden, deshalb der Detektiv. Ich wollte eine Schwachstelle finden, mit der ich etwas anfangen konnte. Ich brauchte eine Strategie. Auf die Idee bin ich gekommen, als eine Freundin von mir Marius im Zug gesehen hatte, gemeinsam mit dieser Frau. Dieser Mulattin. Marius war verknallt, das habe ich sofort gespürt. Bis über beide Ohren. Mir war klar, hier bot sich eine Chance. Deshalb habe ich Jens Bentrup beauftragt.«
    »Sie wollten alles über die Beziehung zwischen Marius und seiner neuen Freundin erfahren.«
    »Genau. Ich wollte wissen, wer diese Mulattin ist. Wo sie wohnt, wie sie tickt, wer ihre Freunde sind. Mir war schnell klar, dass Marius sie niemals mit nach Hause bringen würde. Er kannte unsere Eltern gut genug. Diese Nathalie ist unabhängig. Sie liebt ihre Freiheit. Und sie hätte sich von unseren Eltern nicht einschüchtern lassen. Meine Mutter hätte sie gehasst. Mein Vater sicher auch. Die beiden hätten sie niemals als Freundin, womöglich sogar als Schwiegertochter, akzeptiert. Marius wusste das. Und noch etwas anderes wusste er: Marius selbst hätte dabei auch kein gutes Bild abgegeben. Diese Nathalie hätte in unserer Familie gesehen, wie sehr er sich von seinen Eltern bevormunden lässt. Wie erbärmlich er im Grunde ist. Alle seine Schwächen wären sofort sichtbar geworden. Er musste Nathalie von der Familie fernhalten. Das hätte die Beziehung kaum überlebt. Also hatte Marius beschlossen, diese Frau vor uns geheim zu halten. Und damit hatte ich ein Druckmittel gegen ihn in der Hand. Ich habe angefangen, ein bisschen an den Schrauben zu drehen.«
    »Was genau müssen wir darunter verstehen?«
    »Zum Beispiel habe ich Roland von Nathalie erzählt. Sie haben sicher schon mitbekommen, dass mein minderbemittelter Bruder sehr offen für rechte Parolen ist. Das war ein großes Thema bei uns in der Familie. Mein Vater verbietet ihm jeglichen Kontakt mit der Szene. Klaus Baar kann eine Menge erreichen, wenn er will. Aber auch wenn Roland sich scheinbar gefügt hatte, seine Gedanken konnte selbst unser Vater nicht kontrollieren. Roland hätte es nie gewagt, sich in der Familie offen zu äußern. Aber ich wusste, wenn ich Roland von Nathalie erzähle, dreht der durch. Das würde er nicht auf sich sitzen lassen. Und so war es dann auch. Ich habe ihm Nathalies Adresse in Münster gegeben. Ich wusste ja, Roland würde ihr nichts tun. Er ist nicht wirklich gefährlich. Aber irgendeine hässliche Szene würde er sich bestimmt einfallen lassen, davon war ich überzeugt.«
    »Er hat ihr eine tote Taube vor die Haustür gelegt. Als Warnung.«
    Nicole nickte. »Eine Taube also. Etwas in der Art habe ich mir gedacht. Es war ein Schachzug. Ich finde das nicht so schlimm. Keiner ist körperlich zu Schaden gekommen.«
    Hambrock wollte das lieber nicht kommentieren. Aber er begriff allmählich die Zusammenhänge.
    »Wussten Sie zu diesem Zeitpunkt schon, dass Marius mit Nathalie durchbrennen wollte?«, fragte er.
    »Ja.« Ein kühles Lächeln trat in ihr Gesicht. »Jens ist ein grauenhaft schlechter Detektiv. Aber so viel hat er herausgefunden: Die beiden planten, nach Berlin zu gehen, um dort neu anzufangen. Keiner durfte das wissen. Marius spielte mit dem Gedanken, sein Erbe auszuschlagen. Es war perfekt. Ich musste ihm nur noch einen kleinen Stoß geben, damit er keinen Rückzieher macht. So habe ich eben angefangen, meine Karten nach und nach auszuspielen.«
    Sie blickte von einem zum anderen. »Das muss sich für Sie herzlos anhören. Aber ich denke, es wäre auch für Marius das Beste gewesen. Ich weiß nicht, wo sein Platz im Leben gewesen wäre. Aber im Unternehmen sicherlich nicht. Dort wäre er nie glücklich geworden.«
    »Was ist aus der Idee geworden, nach Berlin durchzubrennen? Hatten die beiden nur herumphantasiert, oder hatte der Plan konkrete Züge angenommen?«
    »Sehr konkrete Züge sogar. Es gab schon eine Wohnung. Die

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