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Landkarten des Lebens

Landkarten des Lebens

Titel: Landkarten des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Gundula u Waelde Gause
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Mutter, in der gleichen Situation begleitete. Meine Großmutter hatte ihr Leben in Lissabon verbracht und war vier Jahre vor ihrem Tod von Portugal nach Mainz gezogen, weil es zur damaligen Zeit in Lissabon keine adäquaten Altersheime gab. Sie starb 1996 im Alter von 86 Jahren. Ihre zweite Tochter war aus den USA zu Besuch – darauf hatte meine Großmutter gewartet, um sich zu verabschieden. Wir – ihre zwei Töchter und ich – entschieden, sie auch in den Nächten nicht mehr allein zu lassen. Und in der ersten Nacht nach dieser Entscheidung, in der ich an ihrem Bett saß, starb sie. Meine Großmutter, durchaus Kirchenskeptikerin, brauchte mein „Vater unser“ in diesem Moment zwar nicht, aber ich meine und hoffe, ihr durch meine Präsenz und Nähe Beistand gegeben und ihr geholfen zu haben.
    Der Tod eines geliebten Menschen führt einen zu den existenziellen Fragen des Lebens. Inmitten der Alltagshektik von Familie und Beruf stellt man neu fest, wie endlich und zerbrechlich alles ist. Wir leben in keiner heilen Welt.
    Die Nachrichten, mit denen ich mich täglich auseinandersetze, berichten häufig von Terrorszenarien, Unglücken und Katastrophen, von Tod, Leid und großem Schmerz. Wir zeigen Bilder von Anschlagsorten, ich formuliere dazu Nachrichten und stelle allabendlich einen Meldungsblock zusammen, der eigentlich nur „schlechte Nachrichten“ beinhaltet: Anschläge in Afghanistan oder im Irak, Erdbeben in der Türkei oder in Japan, die Atomkatastrophe von Fukushima, Rechtsextremismus – oder islamischer Extremismus, gesellschaftliche Missstände wie Kinderarmut, Firmenpleiten und nicht zuletzt das Megathema der Schuldenkrise – die Suche nach der guten Nachricht ist ein beliebtes Thema in vielen Redaktionen.
    Ich frage mich häufig, wie die Zuschauer mit diesen „schlechten Nachrichten“ umgehen, wie nah sie diese nicht heile Welt an sich heranlassen, welche Bedeutung einzelne Meldungen von Gewalt und Missständen für sie haben. Und zugleich stellt sich natürlich auch für uns Nachrichtenjournalisten die Frage, wie nah lassen wir Leid an uns selbst heran? Wie gehen wir mit unserem Anspruch an Neutralität und inhaltlicher Distanz mit Themen um, die einen natürlich auch persönlich umtreiben? Geht das überhaupt?
    Mit schlechten Nachrichten und Entwicklungen zu leben und dennoch Hoffnung für diese Welt zu haben, ist nicht einfach. Manchmal können wir helfen, zum Beispiel indem wir Geld spenden oder uns in irgendeiner Form engagieren. Wir können uns mit anderen zusammenschließen und gegen eine schlechte Entwicklung in unserer Gesellschaft die Stimme erheben. Wir können versuchen, im Kleinen etwas für den Erhalt der Natur zu tun. Anderes – wie zum Beispiel das Thema der galoppierenden Staatsverschuldung – zieht wie ein Film an uns vorbei. Ratlos stehen wir daneben und wissen nicht weiter.
    Wir werden nicht alle Fragen beantworten, alle Entwicklungen aufhalten können. Natürlich können und müssen wir es versuchen – aber wir haben es letztlich nicht selbst in der Hand.
    Nachrichten lassen sich verdrängen, persönliche Brüche im Leben nicht. Oft muss man hilflos mit ansehen, wie das Leben ganz anders verlaufen kann, als man es sich erhofft hat.
    Berg und Tal. Das eine geht zu Ende, etwas Neues beginnt. Erst im Rückblick erkennt man manche Zusammenhänge. Und wie kostbar sind die besonderen, die schönen Momente, in denen man am liebsten die Zeit festhalten möchte! Im Oktober 1991 habe ich meinen Mann kennengelernt, 1997 haben wir geheiratet, eineinhalb Jahre später wurde unsere Tochter geboren, noch mal eineinhalb Jahre später unser Sohn. Ich hatte mir immer Kinder, eine Familie gewünscht, und als es so weit war, habe ich mich schlicht gefreut und war dankbar. Wie für jede Mutter, so waren natürlich die Geburten meiner Kinder auch für mich Höhepunkte – dass alles gut ging und beide Kinder gesund zur Welt kamen, ist nicht selbstverständlich. Das zeigen die Schicksale vieler Frauen, vieler Paare. So bin ich mir meines Glücks sehr bewusst.
    Die Familie ist mein „Heimathafen“ – Basis von allem. Und zugleich kann ich mir kaum vorstellen, ohne meine Arbeit zu leben. Im Grunde habe ich immer gearbeitet. Berufstätig zu sein, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Das große Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ ist und bleibt eine Herausforderung, ist quasi die Wegstrecke zwischen „Berg und Tal“. Mein Beruf ist für mich mehr als ein „Job“, fast so

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