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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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ge-
    sagt hatte – es war wie ein Verstoß gegen die guten Sitten,
    schlimmer noch als sein Samen in einer Pfütze über ihren
    Brüsten wie eine jähe Entladung von Rotz.
    Rückblickend erkannte Owen, dass er es versäumt hat-
    te, ihre Willigkeit, die Momente ihrer Trance und äußers-
    ten sklavischen Hingabe voll auszuschöpfen. Obwohl sie
    sich gegenseitig gestanden, dass sie in nervöser Bedürftig-
    keit masturbierten, masturbierten sie sich nie gegenseitig,
    obwohl es leicht gewesen wäre, wie er sich in der Dunkel-
    heit hinter seinen geschlossenen Lidern vorstellte, wenn

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    er neben Phyllis lag und Alissa vermisste. Aber in der Be-
    gegnung dann schienen ihrer beider Genitalien, wenn sich
    die Gelegenheit ergab und der Liebesrausch heiß auf ihrer
    Haut brannte, a
    d zu gemacht, versteckt zu werden, beiein-
    ander, wo ihre Wärme und ihre Nässe sich vermischten.
    Obwohl Alissa unschuldig war und mit ihren knapp über
    dreißig Jahren Ian nie zuvor betrogen hatte, versuchte sie,
    Owen das seltsame Unbehagen, dass er überhaupt einen
    Körper bewohnte, zu nehmen. Einmal, als er in einer An-
    wandlung von Schüchternheit, kurz nachdem er ihr Lieb-
    haber geworden war, zwischen ihren gebreiteten Beinen
    kniete und seine Hände über seine flammende Erektion
    legte, sagte sie leicht gekränkt und sanft zurechtweisend:
    «Versteck dich doch nicht, Owen.» «Dich» – dieses wund
    aussehende, blauädrige Ding war er selbst. Diese mit Haa-
    ren versehenen Teile der unteren Regionen, dicht bei den
    Stellen des Urinierens und des Ausscheidens gelegen, wa-
    ren Sitze des Seins, von außen betrachtet hässlich und rie-
    chend, aber von köstlicher Empfindsamkeit. Dieser hohe
    Wert war ganz und gar inwendig und musste von anderen
    auf Treu und Glauben akzeptiert werden. Die Benommen-
    heit sexueller Erregung schenkte ihm diesen Glauben, ließ
    dann aber Owen im Ungewissen, warum Frauen sich – die
    gleiche Frage hatte er sich hinter dem Schuppen auf dem
    Spielplatz gestellt – damit abfinden sollten. So hohe Ri-
    siken, so viele Möglichkeiten der Entwürdigung und Er-
    niedrigung. Erniedrigung gehörte vielleicht mit zur Glück-
    seligkeit: hinabgelassen zu werden wie ein Eimer in den
    schwarzen Brunnen der Biologie, solange man wusste, dass
    er an de
    m Seil befestigt war n
    u d dass oben das Tageslicht
    der Gesellschaft wartete.
    Er hätte sie dazu überreden können, stellte er sich vor,

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    als es dazu zu spät war, seinen Samen zu schlucken. Er
    hätte sie auch dazu bringen können, ihm zu gestatten, sie
    zwischen den Beinen so lange zu küssen, bis sie kam. El-
    sie hatte ihm das in jenem letzten Sommer gestattet, als
    sie beide böse waren, weil ihre Liebe zu nichts führte. Es
    war sein Geschenk an eine Jungfrau. Sie war auf dem Au-
    tositz ganz nach vorn gerutscht, den Rock um die Taille,
    und kam mit einem Zucken, einem unmissverständlichen
    inneren Trommelwirbel. Sein Rücken und seine Schultern
    taten ihm weh, so angestrengt hatte er sein Gesicht in ih-
    ren Schoß gesenkt, auf dem durchgehenden Vordersitz des

Chryslers ihres Vaters. Es hatte ihm gefallen, auf eine an-
    dere Art in Berührung mit ihr zu sein, nicht ihr Gesicht zu
    sehen und ihre Stimme zu hören. Alissa hatte gesagt, sie
    wäre so noch nie gekommen und würde so auch nie kom-
    men. Er hätte darauf beharren sollen. Dann hätte sie sich
    deswegen immer an ihn erinnert. Aber sexuelle Ereignisse,
    die sich in der Abgeschiedenheit seines Schädels leicht in-
    szenieren ließen, stießen in der Wirklichkeit auf Hinder-
    nisse, auf Grenzen in der Psyche des anderen.
    Eine sexuelle Transaktion war eine psychische Transak-
    tion – man muss das Gefühl haben, dass die andere, der
    andere, bei aller Bereitschaft zur Unterwerfung, eine Psyche
    hat, einen Verstand, die solche Ereignisse weitgehend ähn-
    lich registrieren. Sonst bleiben wir stecken in der schmutzi-
    gen Erbärmlichkeit aufblasbarer weiblicher Körper, mit be-
    nutzbaren Mündern und Vaginen, wie sie auf den hinteren
    Seiten des Hustler angeboten werden. Es gehört ein Mensch
    dazu, nicht ein Ding-ein anderes Bewusstsein. Mit dem an-
    deren kommt eine politische Dimension zu der psychologi-
    schen. Er konnte sich von Alissa gelöst einen blasen lassen,
    weil sie Brüste hatte; sein Vergnügen an der Empfindung,

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    die ein anderer Mann ebenso gut hätte hervorrufen können,
    wurde von ihrer Vagina sanktioniert, dieser rosigen Plakette,
    die sie autorisierte, einem

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