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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Bilanz, das
    Freibeutertum mit riskanten Unternehmungen in einem
    fruchtbaren, aber verminten Feld. Bestimmte Ehemänner,
    zu denen Henry Slade offenbar gehörte, waren einfach zu
    vertrocknet, zu steif, zu sehr vereinnahmt von dem Öden
    Geschäft, den Lebensunterhalt zu verdienen und mit dem
    Besitz hauszuhalten, um bei dem Liebesreigen mitzuma-
    chen. Sein Posten in der Bürokratie in einem der farblosen
    Marmorkästen von Hartford, die sich um das Capitol aus-
    dehnten, eine spitze, turmbewehrte Basilika mit einer gol-
    denen Kuppel, so schmal wie der Streifen oben an einem
    Bleistift, definierte und erfüllte ihn auf eine Weise, dass
    er in das gesellschaftliche Leben in Middle Falls lediglich
    Bodensatz einbrachte, im Vergleich zu den vielen Aktivitä-
    ten seiner Frau. Nicht dass Henry bei den Wochenendzu-
    sammenkünften fehlte: Im Gegenteil, er kam, mit Vanessa,

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    zu jeder Cocktailparty und zu jedem Wettschwimmen der
    Kinder am Heron Pond und zu jedem geselligen Picknick
    und jedem förmlichen Wohltätigkeitsball. Abgesehen von
    einem gelegentlichen trockenen Lachen gab er mit kei-
    nem Zeichen zu verstehen, ob ihm diese Geselligkeiten
    gefielen oder nicht. Er rauchte Pfeife und nickte beim Zu-
    hören, und seine Antworten umfassten selten mehr als ein,
    zwei Wörter, wobei er, bevor er diese Antwort gab, seine
    Pfeife ausklopfte oder die Lippen zusammenkniff und sei-
    ne Blicke ausweichend seitwärts schwenkte. Er erweckte
    den Eindruck, als zögerte er bei der Wahl zwischen Arten
    oder Geschmacksrichtungen von Weisheiten, die er in sei-
    nem umfangreichen Sortiment zur Verfügung hatte; Owen,
    der ihn seit über zehn Jahren kannte, war zu dem Schluss
    gekommen, dass Henrys Schweigen nicht weise war, son-
    dern dass Jahre gewissenhafter Schufterei im Dienste der
    banalsten Regeln und Richtlinien von Connecticut ihn ab-
    gestumpft hatten. Er war dunkelhäutig, nicht groß, und er
    ging, als hätte er ein Brett verschluckt, sodass sein Kopf
    und seine Pfeife vorragten, wenn er durch die Welt trottete
    wie ein Bauer unter einem Bündel Reisig.
    Vanessa war ein bisschen jünger als er – in seinem Büro
    in Hartford war sie eine seiner Untergebenen gewesen –
    und wirkte forsch und alterslos und so zielstrebig in ihren
    Bewegungen, dass man nicht auf die Idee kam, die Jahre
    zu zählen. Ihr unauffälliges, androgynes Gesicht, zu jeder
    Jahreszeit von der Sonne gebräunt – denn sie lief begeistert
    Ski, spielte aber ebenso gern Golf und Tennis und gärtner-
    te –, war außergewöhnlich frontal; das hieß, während Owen
    sich Henry immer im Profil vorstellte, in Gedanken und
    auf dem Weg irgendwohin, sah Vanessa den Menschen in
    die Augen, wie um sie herauszufordern, nervös zu blinzeln

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    oder zu lächeln. Mit derselben unterschwellig herausfor-
    dernden Autorität beherrschte sie die verschiedenen Ko-
    mitees der Stadt, in denen sie Mitglied war, desgleichen
    ihren Bridge-Kreis und den Gartenclub. In ihrem eigenen
    Garten war sie eine beeindruckende Gestalt, mit Hand-
    schuhen und langen Ärmeln zum Schutz vor Rosendornen
    und mit langen Hosen, in denen sie bis zu den Hüften in
    Rittersporn und Phlox und sorgfältig an Stöcken befestig-
    ten Peonien stand, ihr wachsames, ernstes Gesicht unter
    dem losen Geflecht des Strohhuts im Schatten und mit ei-
    nem gleichmäßigen Muster aus Sonnentupfern überzogen.
    Die Blumen, so wirkte es auf Owen, machten sie weicher,
    fügten ein weibliches Element hinzu, das ihrem direkten
    Blick, ihrer barschen Art und ihrer rauen Tenorstimme fehl-
    te. Die Slades waren eine Einkindfamilie, was sie zu einem
    ungewöhnlichen Paar machte und etwas Abgeschlossenes
    und Festgefügtes in ihrer Ehe andeutete. Das Kind war
    ein ernst blickender Junge mit olivbrauner Haut, der Vic-
    tor hieß. Unter den vielen Paaren, die die Mackenzies in
    Middle Falls kennen gelernt hatten, waren die Slades nicht
    etwa ungewöhnlich in dem Sinne, dass der Mann eine ko-
    mische Figur abgab und die Frau nicht. Die Frauen besaßen
    Kompetenz, etwas Geheimnisvolles, und zumindest einen
    Anflug von Schönheit. Vanessa war nicht schön – sie legte
    wenig Wert auf ein Make-up, und ihre oberen Schneidezäh-
    ne standen, wie Owens, zu eng für den Kiefer und hatten
    die Eckzähne nach vorn geschoben – aber sie war würdevoll
    und nüchtern und sachlich. Wie sachlich, wurde Owen erst
    bewusst, als sie bei einer Party, die von Dwight und Patricia
    Oglethorpe, den Nachbesitzern des Hauses der

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