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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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umher.
    «Die Zukunft baut auf der Vergangenheit auf, und das
    können Sie auch», versicherte sie ihm, Mirabella mit ihrem
    zweifarbigen Haar und den grünen Netzstrümpfen an den
    Beinen – wie ein geschrumpftes Kostümteil aus dem Sher-
    wood Forest.
    Er gestand ihr: «Ich würde gern mal spielen, aber ich
    weiß nicht, wie’s geht.» Sie führte ihn zum Roulettetisch,
    aber das Spiel gefiel ihm nicht, weil es auf reinem Zufall
    beruhte und die Chancen ungleich verteilt waren, schamlos
    zugunsten des Hauses. An den Blackjack-Tischen gewann
    er, weil das Spiel ein mathematisches Problem war und die
    meisten Spieler in ihrem törichten Optimismus versuch-
    ten, ihr Blatt mit einer weiteren Karte zu verbessern, und
    genau darauf setzte das Kasino. Am meisten Spaß machten

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    ihm die Maschinen, die unpersönlichen Schlitze, grell und
    feierlich zugleich, ihre ineinander übergehenden Farben
    und das seidige Rucken der Griffe, das sanfte mechanische
    Geräusch in der Maschine und der Schwall, wenn sie bei
    gelegentlichen Jackpots die Fünfzig-Cent-Stücke mit Ken-
    nedys Konterfei in die zerbeulte Schüssel spuckten.
    In seinem Zimmer hoch über dem Strip zeigte sie ihm
    noch etwas anderes – eine Linie von weißem Pulver auf
    dem gläsernen Couchtisch. Er kniete auf dem Teppichbo-
    den, wie er mit Jacqueline in einer anderen Stadt, in einem
    anderen Hotelzimmer gekniet hatte. Mit einem leuchten-
    den Lächeln auf ihrem breiten Gesicht zeigte ihm Mirabel-
    la, wie er einen Zwanzig-Dollar-Schein aufrollen sollte, um
    damit das Pulver zu inhalieren, so gut es eben ging. Er war
    auch nie besonders geschickt darin gewesen, Kerzen auf ei-
    nem Geburtskuchen auszupusten. Er mochte das kitzelnde
    Gefühl nicht, es war wie ein loses Haar auf der Lippe, nur
    dass dies tiefer in seinen Kopf eindrang. Das Pulver, das
    nicht in seine Nasenflügel gelangte, strich sie schnell und
    geschickt mit einer einseitigen Treet-Rasierklinge zusam-
    men und inhalierte es selbst, worauf sie ein Gesicht machte
    wie ein Kind, das sich einschmeicheln möchte. Mirabella
    war ein Engel, sie hatte etwas Slawisches in ihrem leuch-
    tenden, breiten Gesicht.
    Owen misstraute Drogen, weil er seine Gehirnzellen
    brauchte, doch dies hier war ein langsamer Eiszapfen
    in seinem Gehirn, der das graue Organ zu seinen vollen
    Fähigkeiten weckte und ihm die Präzision und die Ge-
    schwindigkeit verlieh, von der unsterbliche Geister wis-
    sen mussten. Und seinen Körper ebenso: Nie hatte er so
    unbedingt ficken wollen, nie war er so gut gewesen, so
    hart und kontrolliert, ein Mann aus Eisen, Geilheit stieg

    299
    die Nacht hindurch immer wieder in ihm auf, wie hydrau-
    lischer Druck, und wurde willig begrüßt von der phantasti-
    schen Mirabella, deren Körper kompakt und unverwüstlich
    war wie der einer Bäuerin, die Brüste ganz und gar braun
    und nur ein winziges nicht gebräuntes Fleckchen, kleiner
    als ein Zierdeckchen, um ihre gestutzten Schamhaare. Sie
    erinnerte ihn an Alissa, nur dass ihr Körper fester und dass
    sie jünger war und kein Kind wollte. Ihr Rücken, von oben
    betrachtet, während er sie von hinten stieß, war weniger
    anrührend, weniger ausdrucksvoll mit seiner gepolsterten
    Wirbelsäule. Ihr Rücken war leer. Ihre Fotze floss über von
    ihm und wurde so schlüpfrig, dass er immer weniger Rei-
    bung spürte und sie gegen Morgengrauen gestand, dass er
    ihr mit seinem Schwanz wehtat. Er entschuldigte sich und
    küsste sie zärtlich am ganzen Körper, auch den Wirbel über
    dem dunkleren Spalt ihres Arsches, aber in Wirklichkeit tat
    es ihm nicht Leid, vielmehr gefiel ihm die Vorstellung, dass
    er ihr einfach nur mit sich selbst wehtat.
    Sie sagte, sie wolle ihm etwas Schönes zeigen, und schlug
    vor, dass er ein Auto mietete. Er sagte, es sei sechs Uhr früh
    und keine der Au to ver mietungen se offen
    i
    .
    «O doch, alle», sagte Mirabella. «Wir ind
    s
    hier in Ve-
    gas.»
    Las Vegas war ihr Sherwood Forest, so schien es ihm in
    seinem voll gedröhnten Kopf, und es war vielleicht kein
    Fehler, dass er sie zu fragen vergaß, für welche Computer-
    firma sie arbeitete. Oder dass ihm, falls er sie gefragt hatte,
    ihre Antwort entfallen war. Aber sie hatte Recht: Gleich an
    der Rezeption des Hotels – war es das Dunes? – mieteten
    sie ein Auto, und in seinem wirren, extrem glücklichen Zu-
    stand entschied er sich, als es ihm angeboten wurde, für
    Tangerinrot, weil er dachte, dann fände er es auf einem

    300
    Parkplatz immer

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