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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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wieder. Er fuhr in östliche Richtung, in
    die Sonne, und die Autos, die ihm entgegenkamen, mit,
    wie ihm schien, elektronischer Geschwindigkeit, waren
    schwarze Silhouetten, Formen ohne Menschen, gefähr-
    liche Unvollkommenheiten in der weiten, reinen Ebene
    des Morgens. Nachdem sie bei einem Lokal, das Mirabella
    zu kennen schien, angehalten und Kaffee getrunken und
    Eier, mit den unvermeidlichen Bratkartoffeln, gegessen
    hatten, senkte Mirabella, satt und schläfrig und verspielt,
    den Kopf in seinen Schoß, öffnete seinen Hosenschlitz,
    zog sein Hemd nach oben und fing an, ihm einen zu blasen.
    Er war so empfindlich da unten, dass es sich wie Beißen
    anfühlte, und er bat sie aufzuhören, aber sie kicherte und
    machte weiter, und es kam ihm in den Sinn, dass manche
    Frauen Sex machten, weil sie genau das gut konnten, so
    wie er gut Programme für Gehaltsabrechnungen und Ren-
    tenpläne schreiben konnte. Sie waren dazu programmiert,
    es war nichts Geheimnisvolles daran. Warum hatte er je
    geglaubt, dass es ein Geheimnis gebe? Die Sonne stieg
    höher, brannte nieder durch ihre Locken, die wie gespon-
    nener Zucker waren, und ihre Kopfhaut fühlte sich da, wo
    seine freie Hand sie leicht massierte, warm an, und die von
    hinten angeleuchteten Berge in der Ferne verloren immer
    mehr von ihren Schatten, und ihre Lippen und ihre Finger
    zupften und zogen so süß an ihm, und er kam, kam nach
    oben, in die behagliche rosa Höhle unter all den schaukeln-
    den lackierten Locken, als ein langer Lastwagen mit Lat-
    tenseiten vorbeiröhrte, in die entgegengesetzte Richtung,
    und sie würgte. Er mochte

    es, wie sie würgte. Er hätte sie
    in seinem Samen ertränkt.
    In seiner unvollkommenen Erinnerung war der Last-
    wagen mit einer Ladung weißgesichtiger Rinder vorbei-

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    gedonnert, die zwischen den Latten herausblickten. Doch
    wie hätte er sie sehen können? Er hatte sich darauf kon-
    zentriert, den kleinen Camaro auf der Straße zu halten,
    wahrscheinlich hatte er den Viehlaster zu einem anderen
    Zeitpunkt an diesem glorreichen, weit offenen Morgen be-
    merkt. Der endlose alkaline Himmel mit den durchschei-
    nenden Wolken türmen, das pupurn getönte Weideland, das
    sich zu beiden Seiten des Highways erstreckte. Mirabella
    hob den Kopf aus seinem Schoß und fragte heiser: «Woher
    hast du bloß das ganze Zeug? Ich dachte, du wärst allmäh-
    lich leer gepumpt.» Ihr Gesicht glänzte vor Schweiß, von
    der Enge, in der sie gearbeitet hatte. Sie setzte sich auf und
    wischte sich mit Daumen und Zeigefinger die Mundwin-
    kel. Ekelbä. Sie lehnte sich zurück, ließ den Kopf an die
    gepolsterte Kopfstütze sinken. Sie sah müde aus und nicht
    so jung, wie er gedacht hatte. Ihr Profil, das sich vor der vor-
    beisausenden lila Wüste abhob, hatte ein Doppelkinn und
    eine Spur von Collagen um die Wangenknochen.
    «Ich weiß nicht», sagte er. «Du machst mich an.»
    «Ich will dir was sagen. Du solltest dir eine Frau zule-
    gen.»
    «Ich hab schon eine, danke.»
    Da, wo der transformative, alles klärende Eiszapfen in
    seinen Kopf eingedrungen war, bekam er jetzt Kopfschmer-
    zen. Als sie zu der schönen Stelle kamen, die Mirabella ver-
    sprochen hatte – einem großen blauen See, dort, mitten
    in der Wüste, geschaffen durch einen mit Bundesgeldern
    gebauten Staudamm –, schien ihm auch das Teil seiner
    Kopfschmerzen, eine weitere unnatürliche Intervention,
    mit Motorjachten und einer schäbigen Marina. Owen frag-
    te sich später, ob sie vielleicht doch eine Prostituierte war,
    von Kollegen von ihm bei der Konferenz instruiert zu sa-

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    gen, sie sei schon in ihrer Kindheit ein Fan von DigitEyes
    gewesen. Aber das mochte er nicht glauben, sie schien sich
    mit Computern zu gut auszukennen, und sie verlangte
    ni h
    c ts für ihre sexuellen Dienste, sagte allerdings, er schul-
    de ihr sechshundert Dollar für das Kokain.

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    XII Kleinstadt‐Sex 6

    In Middle Falls war in den siebziger Jahren der Weg zu
    verbotenem Sex kürzer geworden, die Bahnen waren gut
    geölt. Der Geruch, der an Owen haftete, war strenger ge-
    worden, ein Geruch, der Frauen mitteilte, dass er zu ha-
    ben war für das, was nur sie bieten konnten. Das galt nicht
    für jeden. Manche Männer in Middle Falls interessier-
    ten sich mehr für den nächsten Drink als für die nächste
    Frau – Jock Dunham war einer von ihnen gewesen. An-
    dere, wie Ed Mervine, steckten alle Leidenschaft in ihre
    Arbeit – die Maschinen, die Personalkosten, die

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