Landleben
bekommen
hat, ist nicht genug.» Er sprach etwas hastig, sogar atemlos,
wie ein jüngerer Polizist, der einem Vorgesetzten Bericht
erstattet. Er überlegte, ob der Ausdruck «für alles offen»
eine Frau kränken konnte, weil er zu sehr nach Männer-
klatsch klang, nach Bruderschaftsjargon. Vanessa sagte
nichts, nickte nur kurz und ließ ihn weiterplappern. «War-
um haben sie sich uns angeschlossen», fragte er, «wo es
doch genügend fade, ordentliche Paare in ihrem Alter gibt,
die neu in der Stadt sind? Wie nennt man sie doch jetzt?
Yuppies. Weiße Stadtfluchttypen, die in Hartford oder in
Norwich arbeiten. Nein, die Oglethorpes möchten was er-
leben – sie zumindest. Könntest du sie nicht ein bisschen
lieben?»
«‹Ör t
s e Wwahl›», sagte Vanessa. «D s
a war der Witz. Tra-
cy sagte: ‹Örste Wwahl›.»
Auf Vanessas Knochen war Fleisch genug; sie hatte brei-
te Schultern und eine breite Taille, wie ein Mann. Er hatte
hin und wieder den Wunsch verspürt, ohne ihm nachzuge-
geben, ihr das Handgelenk umzudrehen, sie zu schlagen,
weil er wusste, sie würde das hinnehmen. Wie er kam auch
sie aus armen Verhältnissen, und wie in einem gnadenlosen
Spiegel zeigte sie ihm die Niedrigkeit seiner Bedürfnisse.
Er lernte, sich gegen die Macht aufzulehnen, die sie über
ihn hatte. Es war möglich, wie er feststellte, alle Geschen-
ke, die ein Körper einem anderen machen konnte, anzu-
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nehmen und doch den Bewohner dieses Körpers nicht zu
mögen. Er empfand eine unangemessene Zärtlichkeit für
Vanessa. Ein Jahr lang, und dann noch eins, war er ihr Lieb-
haber, zweifellos nicht der einzige. Ihre Tage waren lang,
auch wenn sie ausgefüllt waren mit Aktivitäten.
Es tat ihm Leid, dass er Trish als «offen für alles» bezeich-
net hatte. Jedes Mal wenn er sie bei einer Party traf, hatte
er Angst, er würde sie umstoßen. Seine ungehörige Charak-
terisierung war wie ein Belag in seinem Mund, der es ihm
erschwerte, so mit ihr zu sprechen, wie es nötig war, wenn
er ihr Vertrauen gewinnen wollte – freimütig, amüsiert, ohne
Folgerungen über das hinaus, wozu sie bereit war. «Und?»,
sagte er auf einer Her s
b tparty, die Roscoe und Imogene Bis-
bee gaben, «wie gefällt dir dein neuer Präsident?»
«Ganz gut, aber ich bin mir nicht sicher, ob er Nixon
hätte begnadigen dürfen.»
«Wir sind alle darauf angewiesen, dass wir begnadigt
werden, oder?»
«Meinst du?», fragte Patricia, wobei sie den Blick ab-
wandte, als ob gerade jenseits des Verandageländers etwas
passierte, unten in der Dunkelheit, wo Schritte auf dem
Splitt der Einfahrt knirschten und Gäste zu ihren Autos
gingen.
«Du vielleicht nicht», sagte Owen. «Aber im Ernst, wenn
er i
hn nicht begnadigt ä
h tte, wäre unsere ganze Energie
von der Aufregung um den Prozess aufgefressen worden.»
«Du hast Recht», sagte sie; ihre Zustimmung kam, fand
er, zu schnell, als wollte sie ihn loswerden. Er betrachtete
sie von der Seite. Ihr Profil zeigte ein wie wund geriebenes
Rosa bis zu den Nasenflügeln und ein hängendes Kinn, über
dem ihre volle Oberlippe hervorstand, als machte sie eine
nachdenkliche Miene. Er spürte bei ihr den Riss irgendei-
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nes alten Kummers, es war, als fühlte er einen Sprung am
Rand einer Teetasse an seiner Zunge. Bildete er sich auch
eine gewisse Ungeduld ein, ein Übermaß an
t
Erwar ung,
das sich, wie bei Faye, in ihrer Kleidung ausdrückte?
«Ich sehe dich da ernd
u
beim Joggen», sagte er. «Du
siehst allerliebst aus.»
«Oh, bitte nicht», rief Trish im selben Moment und
wand sich am
n
Vera dageländer wie im Griff einer V r
e ärge-
rung, die sich nicht abschütteln ließ.
Sie sah in ihm, wie ihre Reaktion ihm verriet, einen
gefährlichen Mann. «In deinen hohen Sneakers und den
Trainingshosen», erklärte er hastig. «Ich frage mich immer,
ob du keine Angst hast, angefahren zu werden.»
«Ich sehe zu, dass ich immer etwas Weißes anhabe. Und
die Laufschuhe haben jetzt Streifen, die im Scheinwerfer-
licht aufleuchten.»
Und ihre Augen, deren Wimpern so gleichmäßig verteilt
waren und glitzerten, dass sie auch künstlich sein konn-
ten, flammten wie Scheinwerfer. Er hatte sie erschreckt,
bedrängt, er war zu direkt gewesen. «Okay, gut», sagte er
schnell und machte einen Rückzieher. Er hatte die Er-
fahrung gemacht, dass eine Frau in ihrem grundlegenden
Wunsch zu gefallen einem auch nach einem Affront gewo-
gen blieb. So
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