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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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«Ich glaube nicht», sagte sie. «Wenn du einen
    Dreier machen willst, dann musst du für die dritte Person
    sorgen. Was bist du doch für ein Schlimmer, du verrückter
    Kerl. Wie ein junge Hund.»
    r

    Die Oglethorpes hatten das verwinkelte viktorianische
    Haus mit den Spindelarbeiten und den muschelförmigen
    Schindeln hinter dem Palisadenzaun und den Fliederbü-

    314
    schen von den Dunhams gekauft – für sich und ihre drei
    Kinder und für ein ganzes Rudel Golden Retriever, wie es
    schien, wenn diese alle auf einmal über den abschüssigen
    Rasen gerannt kamen und Gäste zur lockeren Begrüßung
    am Schritt beschnüffelten. Beide Oglethorpes waren ge-
    radezu lächerlich dünn, und während er auf liebenswerte
    Weise unkoordiniert war, als wollte er seine peinliche Grö-
    ße (er war ein Meter neunzig) mit einem Wirbel wedelnder
    Hände und unpassenden Gelächters überspielen, hatte sie
    einen twiggyesken x-beinigen Liebreiz, den sie gern mit
    hauchdünnen kurzen Hängern und schuluniformartigen
    Jacken mit großen Knöpfen betonte, als ginge sie gerade
    mit Mommy einkaufen. Ihr Haar war eine glänzende, ze-
    dernholzfarbene Kappe, die sie manchmal mit einem gro-
    ßen, zu einer Schleife gebundenen Band schmückte. Die
    Oglethorpes luden fast so viel ein, wie es die fortgezogenen
    Dunhams getan hatten. Vielleicht verlangte das alte Haus
    danach. Die Zimmer waren auf ein Leben mit Dienerschaft
    zugeschnitten, die Dampfheizung schepperte so laut, als
    wäre ein Verrückter mit einem Hammer in den Wänden
    gefangen. Wenn Owen durch die vertrauten Zimmer ging,
    jetzt alle renoviert und neu möbliert, in einem weniger wil-
    den, eklektischen Stil als dem, den Faye bevorzugt hatte,
    fühlte er sich oft von einzelnen Erinnerungen an sie durch-
    bohrt. Es war, als sähe er sie, wie sie fröhlich durch einen
    Türrahmen flatterte, in einem ihrer bunten, improvisierten
    Kostüme, oder wie sie nackt aus dem hinteren Badezimmer
    im ersten Stock auf ihn zukam, barfuß und mit einem we-
    niger strahlenden Lächeln, vorsichtig und gefährdet. Ihm
    hatten sich in dem kleinen Raum die braunen Wasserfle-
    cken in der Porzellanschüssel aus der Zeit der Jahrhundert-
    wende und der hohe Duschkopf von der Größe einer Son-

    315
    nenblume mit dem starken Wasserstrahl eingeprägt. Diese
    besonders schönen Einrichtungen, stellte er fest, als er
    oben herumschlich, während n
    u ten eine Oglethorpe’sche
    Party tobte, waren gnadenlos ersetzt worden.
    Die Oglethorpes bekämpften Alkoholkalorien mit kör-
    perlicher Betätigung, vom Hundeausführen bis zum Ten-
    nis. Sie zu sehen, wenn sie Tennis spielten, war komisch,
    speziell wenn sie gemeinsam auf einer Seite spielten:
    so viele spitze Ellbogen und Knie und Füße, die in wei-
    ßen Sneakers hervorragten wie die Füße eines Kängurus,
    während sie beide hin und her hüpften und ihre Schläger
    manchmal krachend gegeneinander schlugen. Trish war
    die erste Frau, die Owen kennen lernte, die das Joggen zu
    einem Bestandteil ihres Lebens gemacht hatte, und es war
    irgendwie aufregend, sie unerwartet in anderen Teilen der
    Stadt zu sehen, sogar in der Partridgeberry Road, gut zwei
    Meilen von seinem Haus entfernt. Bei Regenwetter trug
    sie eine kurze gelbe Öljacke, unter der ihre nackten Bei-
    ne über dem Asphalt zu schlenkern schienen wie bei einer
    Gliederpuppe, und einen Regenhut mit ausladender, über
    den Rücken reichender Krempe, wie das kleine Mädchen
    auf der Schachtel mit Morton’s Salz. Als Owen sie Vanessa
    als mögliche Dritte vorschlug – in spielerischer Fortsetzung
    ihrer Phantasien, die sie beide erregten –, sagte seine Ge-
    lie e
    bt : «Nicht viel Fleisch auf diesen Kn chen,
    o
    wie Spen-
    cer Tracy zu sagen pflegte.»
    Er h tt
    a e den Film einst im Scheheraz de
    a
    gesehen, und so
    beendete er das Zitat: «Aber was dran ist, ist erste Wahl.»
    «Ich weiß nicht, Owen. Du kannst es gern probieren,
    aber wenn ich mit ihr rede, kommt nie viel von ihr zurück.
    Das Springen geht zu schnell. Da ist keinerlei Tiefe hinter
    dem, was du siehst.»

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    «Wie viel Tiefe brauchst du denn, du Gierige? Mir ge-
    fällt es, wie die Sprunghaftigkcit immer ein bisschen dane-
    ben trifft, als hätte sie dich nicht ganz verstanden und über-
    legte verzweifelt, welche Antwort du von ihr erwartest. Die
    beiden sind rührend darauf aus, mitzumischen. Ich glaube,
    sie ist für alles offen. So etwas merkt man. Sie ist ihr Leben
    lang immer brav gewesen und findet, was sie

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