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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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bestimmt», führte sie freundlich aus, «wo das
    eine Geschlecht endet und das andere beginnt? Wenn wir
    winzige Eier sind, sind wir alle weiblich, dann kriegen ein
    paar, die Glück haben, das Y-Chromosom, wodurch sie zu
    Kaulquappen mit einem Penis werden. Das ist alles ziem-
    lich schmuddelig, so wie meine Fotze in diesem Moment.
    Aber komm ruhig rein, Liebling, bitte. Fick mich bis zu
    den Augäpfeln.»
    «Vanessa, du bist unglaublich. Was du alles so sagst!»
    «Na ja, wenigstens bist du wieder steif geworden.»
    Am leichtesten war Sex in seinem Kopf, fern von all den
    Möbeln, dem ekligen ehelichen Einerlei, dem verräteri-
    schen Licht, das schräg durch die Fensterläden fiel, den
    Kirchenglocken, die die Stunde verkündeten, die Kinder
    zur Schule riefen und wieder nach Hause schickten. Am
    liebsten mochte er in Middle Falls den Anblick zwischen
    halb acht und acht, wenn die Kinder zur Schule gingen
    und in Gruppen loszogen oder sich mit ihren Müttern an
    den Bushaltestellen versammelten, ihre Rucksäcke und
    ihre bunte synthetische Kleidung so fröhlich und so ganz
    anders als die scheußlichen Knickerbockers und dunklen
    Tuchmäntel der dreißiger Jahre in Willow, wo die Kinder
    lostrotteten, als gingen sie zu einer Schuhcreme-Fabrik.
    Nachts, wenn er in dem großen Doppelbett neben Phyllis
    lag, die ihren regelmäßigen Atemzügen nach schlief, ge-
    lang es ihm, sich die Szene vorzustellen: er und Vanessa
    und Trish Oglethorpe, die mit ihrem mageren, durchtrai-
    nierten Körper und der Oberlippe wie eine Fleischblume
    die Männer zur Jagd auf sie anlockte. Seine Intuition sagte
    ihm, dass Trish eine Extradosis jener Eigenschaft hatte, die
    sie gefügig, fangbar machte und die dem X-Chromosom
    330
    anhaftete. Er und Vanessa konnten sie fesseln, um erregen-
    deren Zugang zu ihr zu haben. Er stellte sich die Münder
    und die unteren Öffnungen vor und vektorisierte Flecken
    elastischer Haut, und drei Paar Augen, die sich angesichts
    der dehnbaren Möglichkeiten staunend weiteten. Der
    Schmuddelkram, hatte Vanessa gesagt, der ganze Schmud-
    delkram, und sie hatte ihm gesagt, dass er ihn liebte, wie
    wir alle, den mütterlichen Schmuddelkram. Dann, wenn
    sein Verstand die Bilder verlor und wiederfand und seine
    Hand den halb eingeschlafenen Schwanz hielt, ihn neck-
    te und dann fest packte, kam er in ein Taschentuch, das
    da lag, wo seine Ejakulation hintreffen mochte. Auf dem
    Höhepunkt der Empfindungen, wenn der Schweiß ihm
    aus den Poren brach, erkannte er, dass Phyllis’ nahe Wär-
    me Teil davon war, Schmuddelkram, Nähe, während ihr
    rhythmisch gehender leichter Atem – leicht, wie ihre Spra-
    che leicht war, in dem Wunsch, sich der Welt nicht krass
    aufzudrängen – durch kein Zeichen verriet, ob sie seinen
    po

    chenden Höhepunkt wahrnahm. Aber sie war da, wie die
    endliche Summe einer von Eulers unendlichen Serien.
    «Warum schlafen wir eigentlich nicht mehr zusammen?»,
    fragte sie eines Tages.
    «Wir schlafen nicht mehr zusammen? Ich habe das Ge-
    fühl, wir un e
    t
    .»
    s
    «Seit Wochen nicht. Ist mein Atem schlecht, oder was?»
    «Nein, gar nicht. Ich habe i
    n deinem Atem nie etwas
    anderes als Pfefferminz oder Kamillentee gerochen.»
    «Also dann, warum machen wir es nicht? Die Kinder
    sind von acht bis halb vier aus dem Haus. Warum kommst
    du nicht mal mittags her, zum Essen? Von morgens will ich
    gar nicht reden, weil ich weiß, wie schwer es dir fällt auf-
    zuwachen.»

    331
    «Meinst du heute?» Er überlegte angestrengt, ob etwas
    mit Vanessa verabredet war; wann Karen wieder vorbei-
    schneite, war nicht vorherzusagen. «Was ist denn über dich
    gekommen?», fragte er, um Zeit zu gewinnen.
    Phyllis war nicht gekränkt, aber sie errötete – dieses Auf-
    schießen von Blut unter ihren schrägen Wangenknochen
    war für ihn mit der studentischen Prinzessin verbunden,
    die sich anbot, um davongetragen zu werden. «Nichts»,
    sagte sie. «
    r
    Nu Zuneigung. Du siehst i
    n letzter Zeit so
    hübsch aus.»
    Er sah eine willkommene Gelegenheit zu argumentie-
    ren. «Ach, jetzt, und früher nicht?»
    «Früher auch, doch. Ich will nicht wie Ian reden, aber du
    hattest manchmal etwas von einem Nerd, als täte es deinen
    Augen weh, wenn du vom Computer weggucktest – als wä-
    ren wir alle irgendwie unwirklich für dich. Das hast du jetzt
    nicht mehr so sehr.»
    «Also, danke. Oder was?»
    Jetzt war sie doch gekränkt. «Vergiss, dass ich was gesagt
    habe», sagte sie. «Ich wollte nur

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