Landleben
gehabt
hatten. Aber jetzt war er dichter bei ihnen, als wäre er von
der Mifflin Avenue in die Second Street umgezogen. Sei-
ne Frau, die eine Vorliebe fürs Sonnenbaden hatte, und ihr
Trio kleiner Kinder – das jüngste hieß Floyd, nach seinem
Großvater väterlicherseits –, gesellte sich zu ihnen. Sie be-
richtete ihm: «Sie sind wie die Army-Ehefrauen, nur nicht
so derb und geistlos. Sie sind nett, vielleicht ein bisschen
oberflächlich. Anscheinend denken sie dauernd an andere
Leute – an ihre Kinder und ihre Männer. Und aneinander.
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Wenn eine von uns nicht aufkreuzt, kriegt sie es ab. Aber
auf denkbar nette Art.»
In Middle Falls wurden alle Persönlichkeiten studiert,
umschwärmt und verherrlicht. Die Frauen herrschten – sie
liehen ihren Männern Faszination. Ehemänner und Ehe-
frauen waren biforme Kreaturen, halb transparent, sodass
einer jeweils durch den anderen gesehen werden konnte,
wenn auch unvollkommen. Diese Absonderlichkeit war
Teil ihrer Anziehungskraft und der allgemeinen Komödie
in der Folge von Partys, Treffen, Spielen, Picknicks, im-
provisierten
Lunches,
Imbissen,
Gourmet-Abendessen,
Laientheater-Aufführungen, Chorproben, vogelkundlichen
Spaziergängen, Kanufahrten, Ski-Ausflügen und trägen,
leicht alkoholisierten Zusammenkünften an Sonntagnach-
mittagen, die dafür entschädigten, dass die Stadt von den
Vergnügungen der Großstadt abgeschnitten war. Die Kin-
der waren der vorgebliche Grund für vieles – das Skifahren,
das Schlittschuhlaufen, das Drachensteigenlassen im April,
das Muschelessen im August – und zugleich war vieles da-
von eine Möglichkeit, den Kindern zu entfliehen, selbst
wenn sie dabei waren und einem drängelnd und quengelnd
zwischen den Füßen hockten oder mit müden Augen am
Rande des Rasens saßen, während ihre Eltern, vielleicht
bei einem Volleyballspiel, in der Hitze herumsprangen und
dem Ball nachjagten. Die Frauen spielten zusammen mit
den Männern, und ihre leicht blaue Flecke davontragen-
den Körper wurden angerempelt und gestoßen, doch sie
spielten weiter – barfuß und leicht bekleidet – und nah-
men ihren Platz ein wie bei einem ländlichen Reigen. Sol-
che Riten waren Owen fremd, und sie bezauberten ihn.
Er war recht eigentlich, das begriff er in Middle Falls,
ein erstaunlich unwissender und unvollständiger Mensch.
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Seine Sozialisierung war kaum über den Spielplatz in Wil-
low hinausgekommen. MIT und IBM waren soldatische
Bruderschaften gewesen, wo jeder mit seinem eigenen
Überleben beschäftigt war, mit seinem Blatt Papier oder
seinem Computer-Monitor, seiner Logarithmentafel oder
seinem Rechenschieber. New York hatte ihn weiter ein-
geengt, ihn dichter an eine Frau gedrängt, die zwar in der
sozialen Pflicht stand, ihn zu lieben, aber nicht, ihn so zu
sehen, wie seine Mutter ihn gesehen hatte, irgendwie hef-
tig, wie einen Schatz von unendlichem Wert – sie selbst
hineinprojiziert in Männlichkeit und weiter gespannte
Möglichkeiten. Auch Grammy mit ihren trüben Augen
und ihrer schiefen Silberrandbrille hatte ihn gesehen und
über alle Maßen geliebt. Einmal, als er in seinen kurzen
Hosen durch den Garten gerannt kam, hatte er gespürt,
dass sein Darm sich regte und er nicht in der Lage war,
es zurückzuhalten, und er rannte weinend zum Haus, und
Grammy hatte ihm mit wortlosem Schnalzen den gelben
Durchfall von den Beinen gewischt. In seinen Träumen ge-
schah es wiederholt, dass sein Gedärm überfloss und seine
Exkremente sich über den Boden ergossen, seinen ganzen
Körper verdreckten und den Raum mit Gestank erfüllten,
wo andere, nur Zentimeter entfernt, bei einer Dinnerparty
zusammensaßen. Trotz seiner guten Noten und Prüfungs-
ergebnisse hatte er von grundlegenden Vorgängen so wenig
Ahnung, dass er in seinem ersten Jahr am MIT wochenlang
den Bezug seines Kopfkissens nicht wechselte und sich wie
ein Dummkopf darüber wunderte, dass er nach und nach
grau wurde. Grammy und seine Mutter hatten seine Wä-
sche gemacht; er hatte nie darüber nachgedacht, wie seine
Socken wieder in seine Kommode gelangten, sauber und
zusammengerollt, nachdem er sie irgendwo auf den Fußbo-
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den hatte fallen lassen. Es war ihm nie in den Sinn gekom-
men, kochen zu lernen. Er überließ das alles Phyllis, die
mit Floyd, dem Baby, auf der Hüfte und den beiden zan-
kenden Kleinkindern vor ihren Knien in der Küche stand.
Seine Familie hatte kein Geld
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