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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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mit Jungen Bälle in die Körbe versenkte,
sah er in ihre Shorts hinein, als sie triumphierend über ihm
stand, die Beine über seinem Gesicht gespreizt, und er sah,
dank ihrer lose sitzenden Unterhose, ein paar geringelte
schwarze Haare: Es war, als hätte er noch nie Schamhaar
gesehen. Er selbst hatte noch keins. Dass er das von Do-
ris gesehen hatte, war eine Sünde, das wusste er, aber es
machte ihn glücklich, und es war wirklich. Es war Wissen,
und Wissen, darin waren sich alle Älteren in Willow einig,
war ein wichtiges Gut.
     
     
     
     

 

lll Ehemann
     
     
    Wenn Owen aufwacht und entdeckt, dass Julia nicht mehr
im Bett ist, macht er sich auf die Suche nach ihr, und beide
führen eine halb-komische Szene auf, in der sie bewusst
mit der Senilität flirten – wie um ihrem Fortschreiten be-
sänftigend entgegenzuwirken.
    «Wo bist du nur, Süße?», ruft er.
    «Hier, Liebling», antwortet sie aus einem weit entle-
genen Zimmer, aber seines nachlassenden Gehörs wegen
kann er nicht sagen, ob sie oben oder unten ist.
    «Wo ist hier?», ruft er, zunehmend irritiert.
    Auch ihr Gehör ist nicht mehr das, was es einmal war,
und das Gleiche gilt für ihr Bedürfnis, ihm zu antworten.
Sie verstummt, wie ein Autoradio in einem Tunnel. Was für
ein Kind sie doch ist, denkt er bei sich, dass sie glaubt, «hier»
erkläre alles, als wäre sie der Mittelpunkt des Universums. Wie
erstaunlich egoistisch!
    Andererseits – wäre sie nicht egoistisch gewesen, hätte
sie ihm nicht das geben können, was er sich zu der Zeit,
als sie sich kennen lernten, so sehr ersehnte: einen neuen
Mittelpunkt für sein Leben. Die Eigenliebe im anderen zu
entdecken war ihrer beider point de départ gewesen. Seine
erste Frau war vergleichsweise selbstlos gewesen, als wäre
ihr Selbst etwas, das sie gedankenverloren in einem ande-
ren Zimmer hatte liegen lassen, wie eine Lesebrille.
    Vielleicht ist Julia in ihren Flip-Flops nach draußen ge-wandert. Sie ist gern draußen, wo das Wetter ist und der
Verkehr. Im Sommer wandert sie hinaus in ihren Garten,
fängt an, Unkraut zu jäten, im Nachthemd, sodass der Saum
feucht wird vom Morgentau und ihre Flip-Flops schmutzig.
Owen muss nach unten gehen, im Schlafanzug, um eine
Reaktion zu bekommen. Er watschelt sogar mit bloßen Fü-
ßen nach draußen, auf die asphaltierte Einfahrt, die am frü-
hen Morgen noch nicht heiß genug ist, um ihm die Füße zu
versengen. In den zwei Jahrzehnten, seit sie hier wohnen,
ist Owen bei dem einen oder anderen kleinen Notfall (eine
nicht geschlossene Autotür, sodass die Innenbeleuchtung
langsam den Saft der Batterie verschlang, oder eine Zei-
tung, sorglos ins Gebüsch geworfen, als der Zusteller im
Dunkel vor der Morgendämmerung rasend die Runde
drehte, oder ein Gartenschlauch, versehentlich nicht abge-
dreht, als sie zu Bett gingen, sodass sein Plätschern in ih-
rem Schlafzimmer hörbar war wie ein murmelndes Herz) –,
ist er bei unterschiedlichstem Wetter barfuß hinaus auf den
Asphalt getreten, sogar bei zentimeterhohem Neuschnee,
und stellte fest, dass ein paar Schritte lang fast alles zu er-
tragen war, dass Schnee und Hitze den abgestumpften,
meist von Schuhen fest umschlossenen Nerven einen kräf-
tigenden, elementaren Schock versetzten.
    Er möchte ihr seinen Traum erzählen. Er erwacht öfter
mit einem solchen Wunsch, obwohl Julia schon seit langem
beträchtlichen Mangel an Interesse für seine nächtliche
Gehirnaktivität bekundet. Wichtig ist, dass man es gleich
in den ersten Minuten nach dem Erwachen tut, bevor das
zarte Traumgebilde vom Gewicht der stumpfsinnigen Rea-
lität zerdrückt wird.
    In der Nacht hat er geträumt, dass er auf dem Rasen an
der dem Meer zugewandten Seite ihres weißen Hauses      stand und ihr nachsah, wie sie mit ihrem schwarzen BMW
davonfuhr, zu einer ihrer unzähligen Besorgungen oder
Fluchten nach Boston. Er sah ihr Auto vorbeirauschen,
glänzend wie Lackleder, und unmittelbar dahinter seinen
schäbigen maronenbraunen Mitsubishi, der nicht von ihm
gefahren wurde, sondern wieder von Julia – das blasse Pro-
fil besorgt. Auch seine erste Frau, Phyllis, hatte, wenn sie
am Steuer saß, den Kopf in dieser angespannten auffälligen
Art gehalten, leicht zurückgeneigt, als erwartete sie jeden
Moment, dass der Motor explodierte.
    In seinem Traum sah er nichts Befremdliches in der
verdoppelten Julia, aber er empfand die Geschwindigkeit,
mit der sie fuhr, als kopflos und gefährlich. Langsam, Lieb-
ling, fahr langsam.

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