Landluft für Anfänger 01: Großstadtmädchen haben's schwer
sieht das Haus allerdings sehr nett aus. Nur der Name des Dorfes: »Feulenitz« … na ja. Trotzdem: Ein Landhaus, ganz für mich alleine, wär schon super!
Pling, pling.
Eine SMS! Doch noch eine Antwort von David?!
12:35 (MEZ). Flieger Tokio–Frankfurt. Business Class
War das mein Blackberry? Nein, war wohl der vom Nachbarn … Der Typ muss mindestens 130 Kilo wiegen. Wie kann man sich nur so gehen lassen? Ah, mein Rücken tut aber auch weh, muss wohl schief gelegen haben. Gähn. Aber ein Hoch auf die japanischen Schlaftabletten! Ich habe sicher die Hälfte der Zeit geschlafen und dabei nicht an … Michael … gedacht. Hab ich wirklich 1300 Euro fürs Umbuchen ausgegeben? Michael wird sich ärgern. Aber selber schuld. Was musste der auch mit Alice … Nein, stopp, nicht dran denken. Ob ich noch eine Schlaftablette … aber ich will mich ja nicht umbringen. Also besser nicht. Außerdem sollte ich noch ein paar Dinge abarbeiten. Noch drei Stunden bis zur Landung. Am besten fange ich mit den Mails an.
12:37. Flieger Tokio-Frankfurt
Der Immobilienmakler fragt, ob er mir die Wertermittlung für das Haus per Post oder per E-Mail zukommen lassen soll. Natürlich per Mail. Und ja, ich weiß, dass ich nicht die einzige Erbin bin. Das ist aber nun wirklich nicht seine Angelegenheit. Obwohl ich auch nicht verstehe, warum Oma Hedwig die »süße Kleene« von Papa und seiner zweiten Frau zur gleichberechtigten Miterbin ernannt hat. Die haben sich doch überhaupt nicht gekannt. Mia. Ein völlig planloses und unselbständiges Geschöpf, wenn ich mich richtig erinnere. Total verwöhntes Wohlstandskind eben. Aber hier steht es, schwarz auf weiß: »… vererbe ich, Hedwig Rudolph, Haus und Grundstück zu gleichen Teilen an Iris Neuberger und Mia Mann.« (War Oma Hedwig am Ende doch senil?) Na ja, wie auch immer. Ärgerlich, aber die muss ich im Bedarfsfall halt auszahlen. Am besten bringe ich den Anruf bei der,Kleenen’ direkt hinter mich. Könnten uns vielleicht am Freitag in Berlin treffen, wenn ich sowieso in der Hauptstadt bin. Laut ihrer Mutter wohnt sie ja noch dort. – Wo ist denn jetzt mein Nasenspray, das ist immer eine Luft hier …
12:40. Spreewald
Eine Wahnsinnsluft ist das hier. Nicht zu vergleichen mit dem Mief in Berlin. Ich stehe an einer verlassenen Baustellenampel, hinter mir röhrt ungeduldig ein Jaguar. Sicher ein neureicher Berliner mit Wochenendhaus. Ärgert sich wahrscheinlich, weil wir hier mitten in der Pampa auf Gegenverkehr warten. Der soll sich bloß nicht so aufführen. Wer weiß, nachher sind wir Nachbarn, Landhaus an Landhaus! Ich nutze die Zeit und antworte auf die SMS. War leider nur von Laura, hormongeschwängert wie die ist, glaubt sie immer noch an ein David-Happy-End. Na ja, würde ich ja auch gern …
SMS von LAURA an MIA
Liebes Rehlein, ich hoffe, Du hast einen romantischen Ausflug mit dem jungen Mann. Bin sehr gespannt, was du erzählst. Von DEINEM Landhaus. Wie aufregend. Vielleicht ist das ja der ideale Ort, um ein Kind zu zeugen? ;-) Bringst du für heute Abend noch zwei Flaschen alkoholfreien Sekt mit? Einen Kuss vom Füchschen.
Früher haben Laura und ich alles zusammen gemacht. Zum ersten Mal Tampons ausprobiert, die erste Zigarette geraucht, sogar beim ersten Zungenkuss habe ich mich mit ihr abgestimmt. Aber sie kann doch nicht allen Ernstes von mir erwarten, dass ich mich schwängern lasse, nur weil sie plötzlich auf Familie machen muss! Und sich außerdem nicht vorstellen kann, dass nicht jeder Mann so bindungswillig ist wie ihr Andreas! Am liebsten wäre ihr natürlich, ich käme mit ihr zurück ins piefige München. Aber das kann sie voll vergessen. Ich sage nur: alkoholfreier Sekt! Damit muss sie klarkommen, wenn sie mich im Stich lässt!
SMS von MIA an LAURA
Romantischer Ausflug fällt aus. D. hat sich nicht gemeldet. Komm heute Abend wahrscheinlich alleine. Jetzt gibt es zwei Gründe, sich ordentlich zu betrinken. Und ICH darf ja.
Immer noch rot. Und immer noch kein Gegenverkehr. Schnell noch einen Blick auf die Karte werfen. Lustig, wie die Dörfer hier in der Gegend heißen, Byhleguhre-Byhlen, Raddusch, Straupitz … Und das sind nur die deutschen Namen. Auf den Ortsschildern steht immer noch ein Name auf … ja, was ist das? Irgendwas Slawisches. Polnisch? Hinter mir hupt der Jaguar. Es ist grün. Ist ja gut! Ich werfe die Karte zu dem Handy und den Kaffeebechern in den Fußraum des Beifahrersitzes und starte mit quietschenden Reifen.
13:00
MÜSCHENITZ
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