Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
homöopathischen Dosen, um die Patienten irgendwie am Leben zu halten und betet um Regen.
Auch beim Stromverbrauch leben sie nach einer komplizierten Philosophie. Sie waren es leid, an langen Winterabenden bei Kerzenlicht im Halbdunkel zu sitzen. Erster Schritt: Anschaffung einer kleinen Solaranlage, deren Paneele aber nicht auf den alten Dachschindeln sichtbar sein durften. Der Energiespeicher war so schwach, dass an verregneten Tagen die drei Glühlampen dunkel blieben. Nach langen, langen Diskussionen die mutige Entscheidung: Wir wollen kommunalen Strom.
Nun hängen über dem Küchentisch zwei Lampen. Je nach Wetter wird die gute oder böse Lampe angeknipst und lässt die Romantik der vielen Kerzen heller strahlen.
Mit dem Strom im Überfluss tauchten neue Gewissensfragen auf, die einträchtig entschieden wurden und zumindest für die beiden einleuchtend sind.
Radio hören ist abends durchaus erlaubt. Die Anschaffung eines Fernsehers wird hingegen erst gar nicht diskutiert.
Festnetztelefon geht gar nicht, Handy schon. Also darf dieses an der Steckdose aufgeladen werden. Durfte es am Anfang nur zwei Stunden am Tag eingeschaltet sein, sind die beiden inzwischen von zehn bis 13 Uhr und von 15 bis 20 Uhr erreichbar. Wobei der Disput, ob 19 Uhr nicht reichen würde, auch nach zehn Jahren noch täglich geführt wird.
Ungetrübt ist das Verhältnis zum Handy auch während der „Bürostunden“ nicht. So fand sich das erste Gerät im brennenden Kamin wieder. Dem zweiten ging es nicht besser. Sein Tod war nur süßer - es köchelte im Saft heißer Quitten. Nun könnte man Freud bemühen und an einen unterbewussten Widerwillen gegen diesen Draht zur Außenwelt denken. Oder schlicht an Schusseligkeit. Die wahre Erklärung jedoch ist simpel. Es gibt weder eine freie Hand noch Hosentasche, um das Ding mit sich rumzutragen. Die Hosentaschen sind stets mit dem Nötigsten gefüllt. Keinen Schritt ohne Bindfaden, kleinem Schraubenzieher und Klebeband.
Und mit den Händen schleppt man den Korb mit Anmachholz, das dann in den Kamin geschüttet wird - ach Mensch, da war ja das Handy noch drin! -, oder den schweren Topf, der jede Großküche schmücken würde, mit den zerstückelten Quitten zur Scheune, wo er auf einem kleinen Kocher für Stunden vor sich hin brodelt. Mit Handy, das auf den Quitten „nur mal eine Sekunde“ abgelegt worden war.
Zum Empfang der neuen Mitbewohner gibt‘s ein Festmahl. Für Esel und Pferd Zucker und Möhren. Für Nico und Micky einen Kauknochen. Für uns Mozzarella mit Zitronencreme:
Mozzarella in Scheiben schneiden. Schmand salzen und pfeffern und dünn auf dem Käse verstreichen. Mit wenig Zitronensaft beträufeln und Zitronenschalen sowie Ingwer, beides fein gewogen, belegen.
Als zweite Vorspeise hat Katie
dünne Auberginen-Scheiben in Öl gebraten, auf Küchenkrepp abtrocknen lassen und in eine feuerfeste, geölte Form gelegt. Darauf kommen, mit Salz und Pfeffer gewürzte, klein gehackte Tomaten und fein gewürfelter würziger Ziegen-Frischkäse, der mit Thymianblättchen bestreut wird. Das Ganze wird bei 200 Grad für ca. acht Minuten überbacken.
Und als Pasta gab es Tagliatelle mit Mangold:
Mangold in kochendem Salzwasser blanchieren, abgießen, kalt abschrecken, gut ausdrücken und mit einem großen Messer grob hacken.
In einer großen Pfanne zwei Zwiebeln und mindestens sechs Knoblauchzehen, beides fein gewürfelt, in wenig Olivenöl mit Bratwursthack andünsten und mit einem Glas Weißwein ablöschen. Einen Feta würfeln und mit dem Mangold unterrühren. Das Ganze zehn Minuten auf kleiner Flamme köcheln lassen. Fehlt Flüssigkeit, ein wenig Gemüsebrühe zugeben. Die Sauce soll aber cremig bleiben.
Parallel die Nudeln, am besten frische, kochen und unter die Sauce heben.
XVIII
Neueste Hiobsbotschaft aus der Wildnis . Ratten in der Vorratskammer.
Jeden Tag sind sechs ausgelegte Giftpäckchen weg, einfach weg. Sinnigerweise heißen die Dinger übersetzt „Leckerbissen“. Auch wenn ich die Viecher wenig possierlich finde, ja, frei von jedweder Sympathie ihnen gegenüber bin, bleibt der Name grotesk. Andererseits geben sich die Hersteller viel Mühe. Als Killer können wir zwischen den Geschmacksrichtungen „Lachs“ (ich wusste gar nicht, dass Ratten auf Fisch stehen), „Hühnchen“ und „Rind“ wählen. Vegetarier scheint es unter diesen
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