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Landnahme

Landnahme

Titel: Landnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hein
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kein Grund für eine Brandstiftung.«
    »Vergiss nicht, ich habe es schon erlebt. Ich weiß, wie es ist, ein Brand.«
    »Es können dumme Jungs gewesen sein, Kinder. Du solltest Vorsorge treffen. Drahtglas und Eisengitter.«
    »Ich werde nicht wie mein Vater enden. Der es getan, soll es bezahlen.«
    »Sicher. Wenn du es beweisen kannst. Aber stell dich nicht gegen die Stadt, Bernhard. Du hast es geschafft, die Firma läuft. Du hast mehr Erfolg, als dein Vater je hatte. Zerstör das nicht.«
    Er schwieg verbittert, nickte dann kurz und gab mir zum Abschied die Hand.
    »Schau einfach ab und zu nach dem Rechten«, sagte ich, »bei uns Holzwürmern kann es immer mal brennen. Ich habe es mir angewöhnt, hin und wieder mitten in der Nacht auf den Holzplatz zu gehen. Wenn es spät wurde oder wenn ich nachts wach werde, dann fahr ich kurz hin und werf einen Blick darauf. Und wenn im Adler Tanz ist, geh ich erst Mitternacht zu Bett und schau vorher auf dem Platz vorbei. Und Silvester, wie du weißt, sowieso. Sicher ist sicher.«
    »Und? Hast du mal einen erwischt?«
    Ich lächelte ihn an und überlegte lange. Dann nickte ich.
    »Und?«
    »Na ja. Ich habe das mit einer Holzlatte geregelt. Und als er mit gebrochenen Beinen im Sägespoon lag, habe ich von ihm verlangt, dass er die Stadt verlässt. Das wollte er ohnehin, wie er sagte.«
    »Genau das meine ich, Sigurd.«
    »Das dachte ich mir. Aber dann darfst du nicht vorher herumlärmen. Und du musst dir den Richtigen vornehmen. Beuchler war es sicher nicht. Der macht seine Arbeit und lässt andere leben, er ist kein Feuerteufel. Also verbeiß dich nicht in Beuchler. Das ist nicht dein Mann, Bernhard.«
    »Und wer ist es?«
    »Keine Ahnung. Wenn ich etwas höre, werde ich es dich wissen lassen. Holzwürmer halten schließlich zusammen, nicht wahr? Und wer immer es war, irgendwann wird erirgendwo darüber plaudern, wird damit prahlen. Er wird sich dir selber auf einem silbernen Tablett präsentieren. Und dann hast du ihn. Und jetzt geh und schau bei der Werkstatt vorbei. Da es ihm missglückte, wird der Bandit es bald ein zweites Mal versuchen. Und verbeiß dich nicht in ein Gespenst, Bernhard. Es gehört nun einmal zum Geschäftsleben dazu. Ich will nicht, dass du wie dein Vater endest. Bist schließlich einer meiner besten Kunden. Wenn du ihn gefasst hast, wenn du wirklich den Richtigen hast, mit einer Dachlatte kann ich dir aushelfen.«
    Eineinhalb Jahre später brannte es wieder, und diesmal half kein Zufall, und die Tischlerwerkstatt verkohlte bis auf die Grundmauern. Die Feuerwehr pumpte Tag und Nacht Wasser in die glimmenden Holzstapel. Das Feuer war bis in den Kern gedrungen, ließ schmutzige Rauchfahnen aufsteigen, wenn das Wasser darüber pladderte, und eine Flamme hervorschießen, sobald die Feuerwehrleute sich abwandten und das Löschwasser verlaufen und verdampft war. Nichts blieb von der Werkstatt übrig, nur die Grundmauern und ein paar Reste der Maschinen, die nicht einmal als Schrott etwas taugten. Aber es war nicht Habers Werkstatt, die durch Brandstiftung vernichtet wurde, sondern die Tischlerei in der Kupferstraße, die Tischlerei von Beuchler. Es gab wieder viele Gerüchte und langwierige Untersuchungen. Auch ich wurde von der Kriminalpolizei befragt, konnte jedoch nichts dazu aussagen. In der Stadt wurde Haber verdächtigt, es gab sogar Stimmen, die Beuchler den Brand in die Schuhe schoben und sagten, er selbst habe das Feuer gelegt, um die Versicherungssumme zu kassieren. Ich beteiligte mich nicht an diesen Vermutungen, ich hatte ein Geschäft zu führen, und das verbessert man nicht mit wilden, fragwürdigen Verdächtigungen.
    Ich hatte mir den Brandort angesehen und war dann zu Beuchler gegangen, um ihm meine Hilfe anzubieten, doch er sagte, dass er aufgeben werde. Er sei Ende fünfzig undhabe weder Kraft noch Zeit, eine neue Werkstatt aufzubauen. Zudem sei Habers Tischlerei in der Lage, jeden Auftrag auszuführen, und hätte alle seine Kunden längst übernommen und an sich gebunden, bevor er wieder einen Fuß auf den Boden bekäme.
    »Was willst du tun? Dich aufs Altenteil zurückziehen?«
    »Dafür langts nicht. Was mir die Versicherung zahlen wird, ich weiß es nicht, leben kann man davon sicher nicht. Werde wohl wieder als Tischler anfangen. Arbeiten kann ich.«
    »Willst dich anstellen lassen? Bei wem?«
    »Sicher nicht bei Haber. Ich werde sehen.«
    »Vielleicht hast du Recht. Wir sehen uns am Freitag?«
    »Wenn Haber nicht mehr dabei ist,

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