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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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würde sie ohne die Zurückhaltung sprechen können, die sie sich auferlegen müsste, wenn sie mit einem Gentleman über den Fall diskutieren würde. Erst war ihr gar nicht klar gewesen, welch großes Glück ihr widerfahren war. Sie ärgerte sich ungemein über Eugenia, die statt des einen, der erwartet wurde, zwei Gäste mitgebracht hatte. Ein Gedeck fehlte, und auch ein Stuhl musste herbeigeschafft werden. Nun verstanden Poppy und Jasper, warum Eugenia Marjorie und Noel nicht dabeihaben wollte. Lady Chalford würde ein solcher Zwischenfall völlig aus der Fassung bringen. Doch als alle schließlich Platz genommen hatten, erklärte sie, wie sehr sie sich freue, Poppy zu sehen.
    »Agathas Enkeltochter«, rief sie und umarmte sie. »Mit zehn Jahren waren Agatha und ich unzertrennlich. Ich erinnere mich gut, dass wir beide pflaumenblaue Merinokleider trugen, mit pennygroßen Messingknöpfen vorn am Mieder. Als mein armer Großonkel starb, schnitt Mama die Messingknöpfe von meinem Kleid ab. Ich war furchtbar enttäuscht, denn ich wollte richtige Trauersachen tragen wie die Erwachsenen, und außerdem fand ich die Messingknöpfe so schön – ohne sie machte das Kleid nicht mehr viel her. Mit neunzehn war Aggie ein bildhübsches Mädchen. Wir gingen in denselben Salon, und alle sprachen von ihrer Schönheit. Als Braut ist sie mir unvergesslich. Alle schwärmten von ihr. Der arme Driburgh war so verliebt in sie, dass wir befürchteten, er werde sich umbringen, als sie deinen lieben Großvater heiratete. Und mit zweiundzwanzig starb sie. Ich erinnere mich, eine Woche nach meiner Verlobung hörte ich die Nachricht, meine ganze Freude war wie verflogen. Heute denke ich, dass es vielleicht ein Gutes für sie hatte, so jung und noch so glücklich zu sterben. Ich freue mich sehr, dass du gekommen bist, mich zu besuchen, mein liebes Kind.«
    Poppy war gerührt von dieser Würdigung ihrer Großmutter, von der sie bislang nur ein sehr blasses Bild hatte.
    »Und ich freue mich auch, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mr Aspect. Wie geht es dem armen verehrten Driburgh?«
    »Ich glaube, es geht ihm sehr gut«, sagte Jasper. »Meine Mutter besucht ihn ziemlich oft.«
    »Peersmont ist so ein wunderbarer Ort«, sagte Lady Chalford. Sie meinte die Irrenanstalt, in der, wie der Name schon sagt, ausschließlich geisteskranke Peers Aufnahme finden. »Ich denke oft, wo wären wir ohne Peersmont? Unsere Angehörigen in ihrer größten Bedrängnis so aufmerksam versorgt zu wissen, das ist in der Tat sehr viel. Übrigens, Peersmont ist gar nicht weit von hier, Sie sollten Ihren lieben Großvater also wirklich einmal besuchen. Ich lasse Sie jederzeit in einem meiner Wagen bringen, wenn Sie möchten.«
    Jasper bedankte sich und sagte, dass er gern auf das freundliche Angebot zurückkommen wolle. Dann stellte er viele Fragen über Chalford House, musste sich aber mit den allervagesten Informationen begnügen. Lady Chalford nahm die Schönheiten ihres Hauses offensichtlich ebenso wenig wahr wie die Luft zum Atmen.
    Doch nach dem Tee sagte sie, da Jasper so interessiert sei, könne Eugenia ihm die übrigen Räume und die Gemälde zeigen, solange Nanny sie als Anstandsperson begleite.
    »Ich möchte ein wenig mit der reizenden Poppy plaudern«, sagte sie und zog sich mit Mrs St.Julien in ein kleines, edwardianisch ausgestattetes Boudoir im oberen Stockwerk zurück. Es war rosa und weiß wie eine Hochzeitstorte, mit weißer Spitze über rosa Satin an den Wänden. Es gab zwei sehr bequeme Chaiselongues, die mit weißem Brokat bezogen und mit seidenen Rosenknospen umsäumt waren, mehrere Sesselchen in rosa Satin, jedes mit einem blauen Kissen mit Musselinbändern, einige Beistelltische mit Alben, Fotografien von Damen mit eindrucksvollen Augenbrauen und Strohhut sowie allerlei Krimskrams. Poppy glaubte, noch nie etwas so Zierliches und so Feminines gesehen zu haben.
    Während der folgenden kleinen Unterredung goss Lady Chalford all ihre Sorgen über Eugenias Zukunft in Poppys verständnisvolle Ohren. »Du siehst also, liebe Poppy, wie die Dinge liegen«, sagte sie. »Was soll ich mit dem armen Kindchen anfangen, was würdest du mir raten?«
    »Ich persönlich würde sie in London einführen«, sagte Poppy. »Seit dem Krieg hat sich alles sehr verändert, die Leute sind längst nicht mehr so streng wie früher.«
    »Meine Liebe, für bestimmte Kreise mag das zutreffen«, sagte Lady Chalford steif. »Doch unter meinen Freunden und bei den Leuten, mit denen

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