Landpartie mit drei Damen
meine Enkelin verkehren sollte, würde niemand sie empfangen wollen. Und selbst wenn der eine oder andere sie aus Mitleid oder mir zuliebe einladen würde, wäre mir das sehr unangenehm. Wie könnte es mir eine Freude sein, die Tochter einer geschiedenen Frau am Hofe einzuführen? Der Skandal hat meinen Mann und mich damals fast umgebracht; Eugenias Auftritt als Debütantin müsste uns stets daran erinnern. Seit dem letzten Tag dieses schrecklichen Prozesses hat keiner von uns Malmains Palace betreten. Und bedenke doch, wie unruhig ich wäre, wenn ich in London auf sie aufpassen müsste. Eugenia ist das Kind einer schlechten, unmoralischen Frau, vergiss das nie. Nein, ich versichere dir, ich kann unmöglich mit ihr nach London fahren. Mein einziger Wunsch ist, dass sie bald heiratet. Aber wen? Dieser Mr Aspect, was meinst du, was sind seine Absichten?«
»Oh, ich bin sicher, er sieht ein Kind in ihr«, sagte Poppy. »Sie ist doch noch so jung. Und noch dazu so jung für ihr Alter. Ich finde, sie sollte noch nicht heiraten, Lady Chalford. Das wäre ein Fehler, wenn Sie mir diese Bemerkung erlauben. Sie könnten doch hier ein Fest für sie geben. Eine Gartenparty beispielsweise und später im Herbst vielleicht einen Ball? Es muss hier in der Gegend doch ein paar nette junge Leute geben.«
Lady Chalford sagte nach kurzem Nachdenken: »Das scheint mir ein ganz ausgezeichneter Plan zu sein, liebe Poppy. Ich will heute Abend meinem Mann davon erzählen, und wenn er einverstanden ist, geben wir im nächsten Monat eine Gartenparty für das Kind. Und jetzt musst du mir versprechen, dass du noch ein wenig in Chalford bleibst und mir hilfst, kleine Poppy. Ich habe seit Jahren kein Fest mehr gegeben, und es soll doch fröhlich werden. Darling Aggie hatte ein fabelhaftes Händchen dafür, Picknicks und andere Sachen zu organisieren. Ich erinnere mich lebhaft, dass sie einen reizenden Ausflug zu einem Wunschbrunnen arrangierte, weil ich mir so gewünscht habe, diesen gut aussehenden Mr Howard zu heiraten (ich war sehr jung damals). Aber ich habe Effie Cholmondely von meinem Wunsch erzählt, und so konnte natürlich nichts daraus werden. Und um Weihnachten gab es immer Theateraufführungen. Wie wär’s, wenn wir unsere Gartenparty mit etwas Ähnlichem verbinden? Ein Kostümfest beispielsweise – so etwas soll heutzutage ja furchtbar beliebt sein. Dann könnten alle jungen Leute mitmachen.«
»Ich finde, das ist eine glänzende Idee«, sagte Poppy.
»Sehr schön, dann wollen wir mal sehen, was sich machen lässt. Ach übrigens, meine Liebe, wo ist eigentlich dein Mann?«
Poppy hielt es für angebracht zu sagen, dass ihr Mann in London geschäftlich aufgehalten worden sei, in ein paar Tagen aber ebenfalls im Jolly Roger eintreffen werde.
»Meine Freundin Marjorie Merrith ist da und ihr Mädchen«, fuhr sie fort, in der sicheren Annahme, dass Lady Chalford keine Zeitung las.
»Ah ja«, sagte Lady Chalford, »schaut doch beide mal vorbei. Der arme Puggie, ihr Vater, war ein guter Freund meines Mannes. Aber, mein Kind, ist es nicht recht abenteuerlich für zwei junge Frauen, ganz allein in einem Landgasthof zu wohnen? Natürlich weiß ich, der Jolly Roger ist ein sehr anständiges Haus, aber trotzdem scheint es mir nicht sehr passend. Möchtet ihr nicht lieber hier wohnen, bis dein Mann eintrifft?«
Poppy, der Freiheit wichtiger war als Komfort, brachte einige Ausreden vor, die Lady Chalford bereitwillig akzeptierte. Bald erschienen Jasper und Eugenia, die ihren Rundgang durch das Haus beendet hatten.
»Ich glaube, wir sollten langsam aufbrechen«, sagte Poppy.
Nachdem sie gegangen waren, begab sich Lady Chalford in das Schlafzimmer ihres Mannes und brüllte durch sein Hörrohr, dass Poppy ein entzückendes Kind mit wunderbar roten Lippen sei, sie erinnere sie stark an Darling Aggie. »Ich fürchte nur«, fügte sie hinzu, »dass sie einige recht unkonventionelle Gewohnheiten hat. Sie hat sich anscheinend allein mit dem jungen Mr Aspect auf den Rückweg gemacht. Ich frage mich, ob ich Eugenia in dieser Freundschaft bestärken soll.« Lord Chalford äußerte sich nicht. Er lag, wie immer, auf dem Rücken und starrte an die wunderschöne hohe Stuckdecke. Lady Chalford besprach sich stets mit ihm, bevor sie eine Entscheidung traf.
»Vielleicht«, fuhr sie fort, »sollte ich sie wirklich nicht wieder einladen, vielleicht sollte ich diesen Gedanken mit Gartenparty und Kostümfest nicht weiter verfolgen.«
Sie seufzte, denn
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