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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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ungelegen. Captain Chadlington und seine Gattin, Lady Brenda, waren ein Gipfel an gesellschaftlicher Ambitioniertheit, den sie unlängst erklommen hatte.
    »Ja, und?«, sagte sie.
    »Ich nehme an, dieser Affe hat Ihnen erzählt, dass es uns allen ganz hervorragend geht. Ganz hervorragend! Ich fordere Sie gar nicht auf, sich die Arbeitslosenzahlen anzuschauen, die sind allgemein bekannt. Ich weise darauf hin, dass es uns an großen Persönlichkeiten mangelt, in der Politik, in der Kunst, in der Literatur. Ich zeige mit Abscheu auf unsere Millionäre, die zu feige sind, ihren Reichtum zu genießen, und sich stattdessen in auf alt getrimmten Bauernhäusern verstecken, in der Hoffnung, dass niemand herausfindet, dass sie reich sind. Ich zeige auf den Bankier, der das ganze unrechtmäßig erworbene Geld einstreicht, in der Hoffnung, seine langweiligen Träume zu verwirklichen, und der sich für nichts anderes als Börsenkurse oder Golf interessiert. Ich zeige auf die Aristokraten, die, wie Eugenia zu Recht sagt, lieber in einer komfortablen Luxuswohnung leben als bescheiden auf der eigenen Scholle; ich verweise auf die leidenschaftslosen kleinen Affären, denen sich alle Klassen hingeben, und auf den feigen Pazifismus, der wohl den Zeitgeist verkörpert. Da ist nichts Großes, nichts Eigenes, nichts, was den Gedanken zuließe, dass die Engländer einmal ein feines Volk waren, mutig, heiter und exzentrisch. Darum sage ich, dass wir einen neuen Geist im Land brauchen, eine neue Kultur, und die Rettung sehe ich in den Eugenien dieser Welt. Vielleicht heißt dieser neue Geist Sozialunionismus, jedenfalls sollten wir nichts unversucht lassen. Unser Elend ist groß, wir müssen jede Bewegung begrüßen, die den Lebensfunken unserer Nation wieder anfacht, ehe es zu spät ist, was immer uns bewahrt vor lähmendem Verfall, geistig und moralisch, der uns gegenwärtig so furchtbar zu schaffen macht. Deutschland und Italien hat der Nationalsozialismus gerettet. Für England könnte der Sozialunionismus die Rettung sein, wer weiß? Darum sage ich ›Heil Hitler!‹, ›Viva il Duce!‹ und Fräulein – Fräulein, bitte noch ein Bier für mich.«

7

    Lady Marjorie Merrith lehnte sich in der Badewanne zurück, die dummerweise nicht eingebaut war, und bedeckte ihre glatten weißen Arme mit Spitzenärmeln aus Seife.
    »Du musst zugeben, dass sie anstrengend sind«, sagte sie zu Poppy, die, ganz die zuverlässige Vertraute, neben der Badewanne auf einem Stuhl saß. »Schließlich habe ich zweimal darauf hingewiesen, dass meine Bank jede Nachricht weiterleitet, und außerdem hätten sie inzwischen mühelos herausfinden können, wo wir sind, wenn sie es wirklich gewollt hätten. Ich finde, sie könnten ein Lebenszeichen geben – eine unangenehme Situation für mich. Was mache ich als Nächstes?«
    »Darling, das musst du schon allein entscheiden. Es hängt alles davon ab, ob du Osborne heiraten willst – ja oder nein?«
    Marjorie sagte verdrießlich, dass sie es nicht wisse. »Ich bin weggelaufen«, fuhr sie ärgerlich fort, »um eine Romanze zu finden, und was finde ich – diese blöde Badewanne.«
    »Ich weiß nicht, was du erwartest. In diesem Hotel wohnen zwei durchaus vorzeigbare junge Männer, mehr, als du hoffen konntest.«
    »Ich kann sie nicht leiden.«
    »Ich werde nie verstehen, wie du dieses hinreißende Brautkleid zurücklassen konntest.«
    »Weißt du, ich habe so eine Idee, dass die Mode im nächsten Winter viel hübscher sein wird. Was wird Mami wohl mit den Geschenken anstellen?«
    »Behalten natürlich. In der Times stand schließlich nichts von einer gelösten Verlobung, vergiss das nicht. Du hast Scharlach. Also, dass deine Mutter diesen Einfall hatte, Chapeau! Scharlach dauert sechs Wochen, und am Ende dieser sechs Wochen kannst du, wenn du willst, die Verlobung lösen, ohne den leisesten Skandal zu verursachen. In dieser Jahreszeit sind die Leute viel zu sehr mit ihren Liebschaften in Venedig beschäftigt, als dass sie an deine Angelegenheiten denken würden. Der Herzog spielt offensichtlich auf Zeit. Du wirst dich erst nach den Ferien entscheiden müssen, wenn in der Victoria Station die Lazarettzüge eintreffen.«
    »Ja, und jetzt?«, fragte Lady Marjorie und ließ noch etwas heißes Wasser ein. Um das Geräusch zu übertönen, rief sie laut: »Ich kann doch nicht den ganzen Sommer in diesem elenden Loch verbringen!«
    »Warum denn nicht?«
    »Ich habe etwas höhere Ansprüche, Schätzchen.«
    »Im Grunde ist

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