Landpartie mit drei Damen
anbieten? Man sieht Sie dieser Tage so selten in senkrechter Position, dass ich glaube, Sie könnten eine kleine alkoholische Unterstützung gebrauchen.«
»Schönen Dank«, sagte Lady Marjorie kalt. »Ich habe gelernt, den Genuss alkoholischer Getränke zwischen den Mahlzeiten als eine sehr bürgerliche Gewohnheit zu betrachten.«
»Aha, Sie ziehen es also vor, sich im Speisesaal einen anzutrinken. Und Sie, Miss Smith?«
Poppy sagte, dass sie gern einen Sherry hätte, und als der gebracht worden war, kam Jasper auf die Neuigkeit zu sprechen.
»Der Punkt ist«, sagte er, »dass sie hinter jedem von uns her sein können. Es wäre also wirklich gut, wenn wir herausfinden könnten, wer es ist. Je früher, desto besser. Wir sollten zusammenarbeiten. Ich schlage vor, dass Miss Smith, Noel und ich heute Nachmittag einen langen Spaziergang in verschiedene Richtungen unternehmen. Da Lady Marjorie offenbar ihre Beine nicht mehr gebrauchen kann, sollte sie sich einen Tiegel ›Ponds‹ ins Gesicht schmieren und sich wieder in die Horizontale begeben. Nun verhalten sich Privatdetektive ja immer furchtbar auffällig, und derjenige, hinter dem sie her sind, wird schon merken, dass er beschattet wird. Wie schnell, wie unermüdlich man auch geht, sie lassen sich nicht abschütteln. Wenn sie aber im Jolly Roger bleiben, können wir alle beruhigt sein. Es würde bedeuten, dass der olle Dartford nur diese goldenen und diamantenbesetzten Haarbürsten und so weiter im Auge behalten will.«
»Wie können Sie es wagen, mein Zimmer zu betreten!«, sagte Lady Marjorie in kaltem Zorn.
»Verehrteste, ich musste es nicht betreten. Die Tür stand weit offen, und das Funkeln der Edelsteine auf Ihrem Toilettentisch hat mich total geblendet. Ich wäre fast die Treppe hinuntergefallen.«
Poppy kicherte.
Lady Marjorie warf ihr einen tadelnden Blick zu, sagte: »Ich finde, Sie sind ein ungehobelter, unerzogener junger Mann, Mr Aspect. Diese Detektivgeschichte ist einfach kindisch.« Und verließ den Schankraum.
»Schon gut«, sagte Jasper. »Wir können uns darauf verlassen, dass sie sich den ganzen Nachmittag nicht rührt – vielleicht könnten Sie ihr Ihre Gesichtscreme leihen, Miss Smith, für den Fall, dass sie keine mehr hat. Und Sie, machen Sie mit bei meinem Plan?«
Poppy meinte, es sei alles wie in einem Kriminalroman, aber sie könne nichts Schlechtes daran finden.
Nach längerer Diskussion wurde schließlich vereinbart, dass Jasper um vier Uhr in Richtung Comberry Manor losgehen und Mrs Lace besuchen würde.
Poppy, die Lady Chalford zugesagt hatte, sie zu besuchen, um mit ihr über die Gartenparty und das Kostümfest zu reden, blieb bei diesem Vorhaben. Und Noel würde auf Eugenia warten, die wie üblich vor dem Schokoriegelladen erscheinen würde.
»Der gesunde Menschenverstand verlangt, dass wir zunächst jeden möglichen Verdacht ausräumen, bis klar ist, woher der Wind weht«, sagte Jasper. »Wenn ich etwa nach Comberry Manor gehe, werden sie nicht mehr Noel und Mrs Lace hinterherschnüffeln …«
»Aber da war gar nichts«, sagte Noel. »Ich meine, ich habe Mrs Lace nur etwa dreimal in meinem Leben gesehen.«
»Trotzdem bist du ganz verrückt nach ihr und willst sie in Zukunft noch viel öfter sehen. Wer weiß schon, mein Lieber, was nächste Woche um diese Zeit alles passiert sein wird, hm? Miss Smith kann ganz selbstverständlich ihre Cousine fünften Grades oder so besuchen gehen, und es kann auch nicht schaden, wenn Noel auf dem Dorfplatz seine Pfeife raucht oder Lady Marjorie sich züchtiger Schönheitspflege hingibt, was sie bekanntermaßen unablässig tut. Meine Damen und Herren, ich halte es für unabdingbar, dass wir herausfinden, was die beiden Jungs vorhaben. Sobald wir das wissen, können wir ihnen jederzeit ein Schnippchen schlagen.«
8
Es war wieder ein sehr warmer Tag, der Himmel war von einem leuchtenden Indigo, die Schatten unter den Bäumen waren schwarz. Kein Vogel sang, und die Luft flirrte. Poppy, unterwegs nach Chalford House, fühlte sich besonders wohl und energiegeladen. Diese Hitze tat ihr gut. Es war der erste Sommer seit einigen Jahren, den sie in England verbrachte, und ihr schien, als habe sie in der Fremde nie solch schöne Tage erlebt. Das Wäldchen kurz hinter der Parkeinfahrt war düster und roch wunderbar nach moderndem Laub und warmer Baumrinde. Chalford House schimmerte im Dunst wie drei große rosafarbene Perlen auf einem grünen Samtkissen. In diesem Moment erblickte sie
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