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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen
Autoren: Nancy Mitford
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Hand angefertigt hatten – eine Kombination von diskreter Propaganda mit der Ankündigung des Kostümfestes, der Gartenparty und des mittelalterlichen Jahrmarktes in Chalford House. Einlass sollte am kommenden Mittwoch ab 14.30 Uhr sein, Eintritt ein Shilling. Eugenia machte Jasper darauf aufmerksam, dass der besondere Reiz dieser Plakate darin liege, dass keines dem anderen gleiche.
    »Ach ja?«, sagte Jasper. »Ich finde, sie sehen alle gleich aus – und auf jedem prangt ein Bild von King Kong.«
    »Wie dumm Sie sind«, sagte Eugenia und fingerte wütend an ihrem Dolch herum. »Sehen Sie nicht, dass es ein Kamerad ist, der Britanniens Jugend die Fackel des Sozialunionismus überreicht? Der ist auf allen Plakaten, nur die Texte sind unterschiedlich, je nachdem, wo das Plakat hängt. Das vor dem Jolly Roger etwa, haben Sie das noch nicht gelesen?«
    »Nein«, sagte Jasper, »ich bin gar nicht dazu gekommen vor lauter Bewunderung für den King – äh, für den Union-Jackshirt-Kameraden.«
    »Sollten Sie aber. Es geht um die Dekadenz des Hochadels in diesen Nachkriegsjahren, dessen Mitglieder keine Bedeutung mehr für die Gemeinschaft haben, weil sie weder Moral noch politische Integrität besitzen. Das gilt für euch alle.«
    »O ja, ganz sicher, vielen Dank«, sagte Jasper.
    »Die Plakate in Rackenbridge sprechen von der gelben Hand der pazifistischen Brandstifter und davon, dass van der Lubbes Schicksal jeden Feind der sozialunionistischen Sache ereilen wird. Am großen Kuhstall von Major Lace hängt ein Plakat, auf dem unsere Agrarpolitik mit derjenigen der Torie-Schwächlinge verglichen und darauf hingewiesen wird, dass unter dem Regime die Landwirtschaft verstaatlicht wird und Bauern nicht mehr unkontrolliert vor sich hinwurschteln dürfen. Das Plakat am Pfarrhaus sagt, dass die Religion hierzulande ganz kläglich versagt hat und der Sozialunionismus bald an ihre Stelle treten wird. Das Plakat am Haus von Mr Isaac verspricht allen Juden, dass wir sie ins goldene Jerusalem schicken, wo Milch und Honig fließen. Und das am Parktor von Lord Alexander informiert darüber, warum die Erbschaftsgesetze völlig veraltet sind.«
    »Ich vermute, das wird Ihnen ungeheure Popularität hier in der Gegend verschaffen.«
    »Was ist schon Popularität?«, rief Eugenia verächtlich. »Was ist das Leben, verglichen mit unserer Fahne? Ich versichere Ihnen, die Kameraden fiebern dem Mittwoch entgegen. Wie gut sie alles vorbereitet haben! Sieben Omnibusse mit Union Jackshirts werden erwartet, sie kommen schon zur Generalprobe am Montag. Diejenigen, die keine Rolle haben, werden in zeitgenössischen Kostümen die Menge verstärken, die George III zujubelt. Ach, verdammt! Es ist wirklich zu dumm, dass Mrs Lace in dieser Kutsche hockt.«
    »Ach was, ihr müsst euch eben auf Mr Wilkins konzentrieren, er scheint ja ein begeisterter Parteigänger zu sein.«
    »Ja, das ist ein Trost. Ich werde ihn fragen, ob er das Parteiabzeichen an seinem Gewand trägt, George III war doch so etwas wie ein Prophet, nicht wahr?«
    »Ich glaube, er war ziemlich durchgeknallt«, sagte Jasper.
    »Miss Trant war wunderbar«, sagte Eugenia. »Ich weiß gar nicht, was wir ohne sie gemacht hätten. Sie hat es geschafft, hundert Dolly-Varden-Kostüme und hundert Dresdner Schäferkostüme für nur eine halbe Krone das Stück auszuleihen, und sie kümmert sich um den Tee. Ich muss jetzt los, Postkarten an alle beteiligten Ortsgruppen schreiben, dass die Generalprobe am Montag nicht, wie ursprünglich vereinbart, um fünfzehn Uhr, sondern um vierzehn Uhr stattfindet. Sie glauben doch auch, Union Jackshirt Aspect, dass es ein großer Erfolg wird, nicht wahr?«
    »Es wird bestimmt ein überaus amüsanter Nachmittag«, sagte Jasper.
    Eugenia trabte auf ihrem kleinen schwarzen Pony davon.
    »Na, Mr Birk, was gibt’s?«
    »Bitte vielmals um Entschuldigung«, sagte Mr Birk. In der Hand hielt er einen Scheck, den Jasper sofort als denjenigen erkannte, den er wenige Tage zuvor Mrs Birk gegeben hatte. »Er kam mit dem Vermerk ›Ungedeckt‹ zurück«, sagte Mr Birk. »Es muss sich um ein Missverständnis handeln.«
    Jasper nahm den Scheck, warf einen flüchtigen Blick darauf und sagte: »Ah ja, ein kleines Missverständnis, sicher. Wie dumm von meiner Bank. Ich werde diesem Trottel von Manager wohl ein Telegramm schicken müssen.«
    Er schlenderte in Richtung Postamt, wo er ein Telegramm an seine Schwester aufgab, sie möge ihm dringend telegrafisch zehn Pfund
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