Landung ohne Wiederkehr
Gerichtssaal. Sie waren kaum eingetreten, als der Richter bereits erschien und seinen Platz einnahm. Minuten später erschien Jenkins, flankiert von zwei Beamten.
Jenkins wirkte erschöpft und abgehärmt, aber ruhig. Seit er in einem Ausbruch von Haß versucht hatte, einem Arbeitskollegen mit dem Lasergerät den rechten Arm abzutrennen und dabei versehentlich ein elektrisches Hauptkabel unterbrochen und einen ganzen Sektor in Kälte und Finsternis gestürzt hatte, war ihm klar gewesen, welche Folgen dieses schlimmste aller Verbrechen haben mußte.
Parkinson war nicht so ruhig. Er wagte kaum, den Angeklagten offen anzusehen, und wurde von quälenden Überlegungen gepeinigt, was in diesen Augenblicken in Jenkins' Kopf vorgehen mochte. Genoß er noch einmal die vertrauten Annehmlichkeiten, bevor er für immer in die strahlende Hölle verstoßen wurde, die den Nachthimmel ritt? Genoß er die reine, wohltemperierte Luft, das keimfreie Wasser, die weiche Beleuchtung, die auf Sicherheit und Komfort angelegte Umgebung?
Der Richter drückte auf einen Knopf, und die Entscheidung des Computers wurde in den warmen, unaffektierten Klang einer standardisierten menschlichen Stimme umgewandelt.
»Eine sorgfältige Abwägung aller sachdienlichen Beweise und Informationen im Licht der gesetzlich fundierten Rechtsprechung führt zu dem Schluß, daß Anthony Jenkins in allen Punkten der Anklage des Verbrechens der Sachbeschädigung schuldig ist und die Höchststrafe verdient.«
Im Gerichtssaal selbst waren nur sechs Personen anwesend, aber ein großer Teil der Bevölkerung verfolgte die Fernsehübertragung.
Der Richter erhob sich und verkündete das vom Computer vorgegebene Urteil: »Der Angeklagte wird in Haft bleiben und mit dem nächsten Transportmittel von dieser Welt entfernt und für den Rest seines natürlichen Lebens in die Verbannung geschickt werden.«
Jenkins, der mit hängenden Schultern auf der Anklagebank saß und dumpf vor sich hinstarrte, schien noch mehr in sich zusammenzusinken, aber das war die einzige Reaktion.
Parkinson erschauerte. Wieviele Menschen, so fragte er sich, mochten wie er die Ungeheuerlichkeit einer solchen Bestrafung für ein Verbrechen gleich welcher Schwere empfinden? Wie lange sollte es noch dauern, bis genug Menschlichkeit unter die Menschen käme, daß sie die Strafe der Verbannung abschafften?
Konnte sich überhaupt jemand vorstellen, was es bedeutete, einen Mitmenschen auf einer radioaktiv verseuchten, lebensfeindlichen Welt dem langsamen Strahlentod preiszugeben, schutzlos der Tageshitze und der Nachtkälte ausgesetzt, gepeinigt von Hunger und Durst? Gar nicht zu reden von den Unbilden der Witterung und der ungewohnten Schwere, die einen wie mit Bleigewichten niederzog!
Wie konnte man so unmenschlich sein und jemanden – mit welcher Begründung auch immer – aus der freundlichen Geborgenheit des Mondes vertreiben und auf jene Hölle im Himmel verbannen – die Erde?
*
Bedenke ich, was John Campbell mir bedeutet, so fällt es mir schwer, auf seine herausgeberischen Schwächen hinzuweisen – aber er war ein schrecklicher Waschzettelschreiber. In jenen kleinen Anmerkungen zu Beginn meiner Erzählung, die den Zweck haben, das Interesse des Lesers zu wecken und ihn zum Lesen zu verlocken, gab er allzuoft die Pointe der Geschichte preis, nachdem der Autor sein Bestes getan hatte, eben diese Pointe bis zum Schluß zu verbergen.
Hier ist Johns Waschzetteltext zu EXILE TO HELL: »Die Hölle ist natürlich der schlimmste Ort, den man sich vorstellen kann, und der letzte, den man erleben möchte – wie etwa die Fidschiinseln für einen Eskimo, oder die Baffininsel für einen Polynesier ...« Liest man zuerst seinen Begleittext und dann meine Kurzgeschichte, bleibt der letzteren die Faszination von nassen Spaghetti.
Infolge anhaltender Dürre auf dem Gebiet meiner Science Fiction-Produktion wurde es wichtig für mich, nichts aus dem vorhandenen Bestand ungenutzt zu lassen.
Ein Freund von mir, Ed Berkeley, brachte eine kleine Fachzeitschrift für Datenverarbeitung und Automation heraus. (Wenn ich mich recht entsinne, trug sie den Titel »Computers and Automation«.) Im Jahre 1959 hatte er mich gebeten, um unserer Freundschaft willen eine kleine Geschichte für ihn zu schreiben, und da es mir immer schwerfällt, Anliegen abzuwehren, die mir in dieser Form nahegebracht werden, schrieb ich KEY ITEM für ihn, und er bezahlte mir einen Dollar dafür. Aber dann druckte er die
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