Landung ohne Wiederkehr
weiß. Also, versuchen wir, uns auf die Wolke zu konzentrieren. Es muß eine Möglichkeit geben, die Richtung und Entfernung des nächsten Randes abzuschätzen.«
Hanson unterbrach den Kontakt und blickte stirnrunzelnd vor sich hin. Es war zweifelhaft, ob sie es bei der Geschwindigkeit des Schiffes relativ zur umgebenden Materie wagen durften, die für eine radikale Kursänderung nötige Energie zu verbrauchen. Sie bewegten sich gegenwärtig mit etwa halber Lichtgeschwindigkeit durch die interstellare Wolke, und es war gut möglich, daß eine Kursänderung mehr Energie kostete, als sie Vorteile bringen konnte.
Es war beinahe ein Witz, daß ausgerechnet ein erfahrener Fusionist wie Viluekis sie mitten in eine kosmische Staubwolke gesetzt hatte. Sein gesunder Instinkt sagte ihm, er solle es Viluekis überlassen, einen Ausweg aus dieser Lage zu finden.
Aber wenn es keinen Ausweg gab?
Hansons schreckte vor diesem letzten Gedanken zurück. Er bemühte sich, ihn nicht zu denken. Aber wie schafft man es, einen Gedanken nicht zu denken, der laut durch das Bewußtsein schreit?
Henry Strauss, Schiffsastronom, befand sich in einer Stimmung tiefer Depression. Wenn das, was stattgefunden hatte, eine Katastrophe sein sollte, so mußte man es hinnehmen. Kein Raumfahrer konnte seine Augen vor der Möglichkeit einer Katastrophe verschließen. Man war darauf vorbereitet oder versuchte es wenigstens zu sein. Für die Passagiere war es natürlich schlimmer.
Aber wenn die Katastrophe eine Ursache hatte, für deren Studium man sein linkes Auge geben würde, und wenn man dann erkennen muß, daß die Sternstunde der wissenschaftlichen Karriere eben dieselbe ist, die einen umbringt ... Er seufzte tief.
Er war ein gedrungener, kräftiger Mann mit getönten Kontaktlinsen, die seinen Augen eine unnatürliche Tiefe und Beseeltheit verliehen.
Er wußte, daß der Kapitän nichts tun konnte. Der Kapitän mochte für das übrige Schiff ein Autokrat sein, aber ein Fusionist unterstand eigenen Gesetzen, und so war es immer gewesen. Selbst in den Augen der Passagiere (dachte er mit einigem Mißvergnügen) war der Fusionist der Herr der galaktischen Straßen, neben dem jeder andere zu Bedeutungslosigkeit schrumpft.
Es war eine Sache von Angebot und Nachfrage. Der Computer mochte die genaue Menge und den genauen Zeitpunkt der Energieeingabe berechnen, mochte Wiedereintrittsort und Richtung (wenn »Richtung« im Übergang von Tardyon zu Tachyon einen Sinn hatte) genau bestimmen, aber die Toleranz war riesig, und nur ein talentierter Fusionist konnte sie verringern. Niemand wußte, wie ein Fusionist zu seinem Talent kam – sie wurden so geboren, nicht dazu gemacht. Und die Fusionisten wußten nur zu gut, daß sie das Talent hatten und beanspruchten eine Sonderstellung.
Viluekis war für einen Fusionisten kein übler Bursche, obwohl auch hier besondere Maßstäbe galten. Er und Strauss redeten sogar miteinander, wenngleich Viluekis sich mühelos die hübscheste Frau unter den Passagieren geangelt hatte, nachdem Strauss bereits ihr Günstling gewesen war. (Diese Allüren gehörten irgendwie zu den herrscherlichen Vorrechten eines Fusionisten – solange man unterwegs und von ihm abhängig war).
Strauss rief Anton Viluekis an. Es dauerte eine Weile, bis der andere sich meldete, und als die kleine Mattscheibe aufleuchtete, blickte ein von Sorgenfalten durchzogenes Gesicht mit traurigen, geröteten Augen verdrießlich heraus.
»Was macht die Röhre?« fragte Strauss freundlich.
»Ich glaube, ich habe sie noch rechtzeitig stillgelegt. Ich habe alles überprüft und finde keine Schäden. Jetzt muß ich mich säubern.« Er blickte an sich herab.
»Wenigstens ist kein Schaden eingetreten.«
»Aber wir können nichts damit anfangen.«
»Vielleicht doch, Viluekis«, sagte Strauss in listigem Ton. »Wir können nicht sagen, was dort draußen passieren würde. Wäre die Röhre beschädigt, so spielte es keine Rolle, was draußen vorginge, aber wie die Dinge liegen, ich meine, wenn die Wolke sich auflöst ...«
»Wenn, wenn, wenn! Wenn ihr einfältigen Astronomen gewußt hättet, daß diese Wolke hier ist, hätte ich ihr vielleicht ausweichen können.«
Das war völlig irrelevant, und Strauss nahm den hingeworfenen Köder nicht auf. Er sagte: »Es könnte aufklaren.«
»Haben Sie eine Analyse?«
Strauss seufzte. »Sie sieht nicht gut aus, Viluekis. Es ist die dichteste Hydroxwolke, die je beobachtet wurde. Soviel ich weiß, gibt es in der ganzen
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