Landy, Derek -Skullduggery 4
seinen Blick über die Speisekarte über ihnen
gleiten ließ. Er hatte goldfarbene Augen. "Verzeihen Sie, wenn ich skeptisch
bin, aber Sie haben uns bereits zweimal abgewiesen. Woher der Sinneswandel?"
"Ich
sehe die Dinge jetzt klarer."
Der
beschränkt aussehende junge Mann kam zurück, fragte noch einmal nach, was sie
bestellt hatte, und verschwand wieder.
"Guild
ist nicht in der Lage, das Sanktuarium zu leiten", fuhr sie fort. "Er
macht dumme Fehler. Drückt sich vor seiner Verantwortung."
"Wie
wir gehört haben, hat er Sie zurückgestuft."
Marr wurde
rot, sprach aber im selben ruhigen Tonfall weiter. "Eine vorübergehende Versetzung.
Lediglich eine seiner vielen Fehlentscheidungen der letzten Zeit."
"Dann
werden Sie uns also helfen?"
"Ja."
"Wir
hatten Mr Bliss zum Nachfolger auserkoren",
sagte der Mann. "Sein Tod bedeutete eine dramatische Änderung unserer
Pläne. Ich hoffe, das ist Ihnen klar."
"Wie
dramatisch?", fragte sie.
"Wir
werden das Sanktuarium zerstören und übernehmen, was übrig bleibt."
Der
beschränkt aussehende junge Mann kam mit dem Sandwich zurück. Es war ein völlig
falsches, aber sie hatte ohnehin keinen Hunger. Sie bezahlte und nahm das
Wechselgeld entgegen. Beim Umdrehen fing sie den Blick des Mannes auf.
"Ist
mir recht", sagte sie und ging hinaus.
MYRON
STRAY
Das Haus
hatte ein Gesicht.
Die beiden
großen Fenster im ersten Stock blickten auf den Bentley herunter, als er
vorfuhr und anhielt. Die Farbe glich trockener Haut, rissig und aufgesprungen,
und die Haustür stand wie ein riesiger Mund sperrangelweit offen. Ohne die halb
heruntergelassenen Rollläden, die dem Gesicht einen schläfrigen Ausdruck
verliehen, wäre es gespenstisch gewesen, fand Walküre. So sah es nur aus, als
hätte man es beim ausgiebigen Gähnen ertappt.
"Vor
langer, langer Zeit", sagte Skulduggery, "war Myron
Stray ein Informationsmakler, ganz ähnlich wie China heute. Er
genoss ein ziemliches Ansehen. Bis alles aus den Fugen geriet."
"Was
ist passiert?", fragte Walküre.
"Vor
hundertfünfzig Jahren, es können auch schon zweihundert sein, fand Bliss heraus, wie sein wirklicher Name lautet. Myron und Bliss haben sich nie gut verstanden - sie hingen sich ständig an der
Gurgel. Eines Abends in einem Pub in Belfast, wo sie eigentlich einen Plan aushecken
sollten, wie Mevolent unschädlich gemacht werden könnte, entbrannte ein
Streit. Ich war nicht dabei, aber wie ich gehört habe, soll Myron Bliss gehänselt und aufgezogen haben. Bliss lehnte
sich einfach nur zurück und sagte dann sehr ruhig, sehr leise: .Laudigan, geh.'
Myron
wurde anscheinend leichenblass und ging hinaus. Mr
Bliss lächelte nur."
"Sein
richtiger Name ist also Laudigan?", erkundigte Walküre sich erstaunt.
"So
ist es. So etwas macht wie nichts die Runde. Und damit war Myrons Leben, das
Leben, das er sich aufgebaut hatte, zu Ende. Er handelte mit Informationen und
nun konnte jeder diesen Namen benutzen und hatte damit die Kontrolle über ihn.
Man konnte ihn dazu bringen, dass er seine Geheimnisse verriet oder seine
Feinde falsch informierte. Seine Freunde zogen sich zurück. Die Frau, mit der
er zusammenlebte, verließ ihn am nächsten Tag. Sein Leben geriet aus den Fugen."
"Das
ist ja schrecklich."
"Schon.
Aber Myron hat einen Fehler gemacht - er hat Mr
Bliss gehänselt."
"Aber du hast zu ihm gehalten, ja? Zu Myron. Als alle anderen ihn
im Stich gelassen haben?"
"Wenn
ich ehrlich sein soll, waren wir nie wirklich Freunde. Und selbst wenn wir es
gewesen wären - ich war zu dieser Zeit nicht da. Ich hatte die Schnauze voll
von allem. Ich hatte die Schnauze voll vom Krieg und wollte nur noch, dass er
endlich vorbei ist. Als ich zurückkam und hörte, was passiert war, hatte ich
nicht mehr allzu viele Möglichkeiten, ihm zu helfen, selbst wenn ich es gewollt
hätte."
"Aber
du hoffst jetzt, dass er immer noch das eine oder andere hört, ja?"
"China
ist immer noch nicht ganz die Alte - möglich, dass ihr etwas Wichtiges
entgangen ist. Zu warten, bis es ihr besser geht, ist ein Luxus, den wir uns
nicht leisten können. Deshalb sind wir gezwungen, uns ganz unten umzusehen. Und
wenn es irgendeinen Ort gibt, an dem Myron derzeit zu Hause ist, dann ist es
ganz unten."
Sie
stiegen aus und Walküre folgte Skulduggery durch das windschiefe Gartentor und
über den Weg mit den gesprungenen Platten zum Haus. Sie lugten durch die offene
Tür. An den feuchten Wänden hingen verblichene grüne Tapeten, deren Muster die
Sonne an
Weitere Kostenlose Bücher