Landy, Derek - Tanith Low - Die ruchlosen Sieben
versteck den Bogen gut.“
Sie lief den Gang hinunter. Hinter der nächsten Ecke stand mit dem Rücken zu ihr ein Mann mit einem Gewehr. Er hielt sein Funkgerät fest ans Ohr gepresst.
„Sagen Sie es noch einmal“, bat der Mann. „Wie viele? Hallo? Hallo, können Sie mich hören?“
Tanith hob das Bein und trat ihm seitlich gegen den Kopf.
Er sackte zusammen, und sie nahm sein Funkgerät, hörte es rauschen und zwitschern und dann Earls Stimme.
„Gleich kommt eine Frau“, hörte sie ihn sagen. „Braunes Leder, blondes Haar. Schwert auf dem Rücken. Bringt sie um. Erschießt sie auf der Stelle. Lasst sie nicht entkommen.“
Tanith ließ den bewusstlosen Mann liegen und ging weiter. Schurken. Man konnte ihnen einfach nicht trauen.
Auf dem Weg nach unten setzte sie zwei weitere Männer außer Gefecht. Am Fuß der Treppe lag der Hauptbereich der Lagerhalle. Auch hier liefen Typen mit Gewehren herum, aber sie ging an der Decke entlang und konnte ihnen so problemlos ausweichen. Sie schlug einen Salto und landete auf dem Boden, schlich zur Tür und blieb stehen. Der Ausgang war gleich da vorn, wartete buchstäblich auf sie, aber die Tür stand offen, und es gab keine Deckung. Das schrie geradezu nach einem Hinterhalt.
Sie riskierte einen kurzen Blick. Da lag die zusammengesackte Leiche eines Schützen. Ein Blick zur anderen Seite -noch ein toter Schütze. Mit einem leisen Lächeln ging sie zwischen ihnen hindurch. Sie war weiterhin auf der Hut, es konnte immer noch eine Falle sein, aber sie war zuversichtlich. Ihr Handy summte.
„Wir räumen hier auf“, berichtete Sanguin. „Bist du bald fertig?“
„Ich bin draußen. Danke, dass du den Hinterhalt vereitelt hast.“
Es entstand eine Pause, sie hörte die Geräusche eines Handgemenges, dann einen Schmerzensschrei, und dann war Sanguin wieder da. „Von welchem Hinterhalt sprichst du?“
„Die beiden Typen, die nur darauf gewartet haben, dass ich den Kopf aus der Tür strecke.“
„So gern ich dir imponiere, aber das war ich nicht. Jack vielleicht?“
Sie runzelte die Stirn. „Nein, es ist kein Blut zu sehen.“
„Annis war es auch nicht“, meinte Sanguin. „Sie war die ganze Zeit hier drüben.“
„Vielleicht haben wir unseren ureigenen Schutzengel oder so, einen Schutzpatron der Killer.“
„Den gibt es tatsächlich.“
„Ach ja?“
„Ja. Und wie alle, die was taugen, ist er Texaner wie ich. Hast du den Bogen?“
Sie lächelte. „Klar. Ich hab ihn sofort ausgetauscht, als ich in den Raum kam, noch bevor Earl überhaupt wusste, dass ich da bin. Im Moment glaubt er, dass er den echten hat und ich mit der Fälschung abgehauen bin.“
„Dann sind es jetzt zwei weniger“, meinte Sanguin.
„Zwei weniger“, bekräftigte Tanith.
FÜNFZEHN
„Dieser Teil deines Trainings ist hiermit abgeschlossen“, sagte Quoneel. „Du hast alles getan, was von dir verlangt wurde, und stehst jetzt an der Schwelle zu deinem neuen Leben. Hinter der Tür wartet deine Familie. Hinter der Tür wartet die Welt. Ist dir bange?“
„Ja“, gab sie zu.
„Das ist auch gut so. Es steht dir frei, die Regeln und Beschränkungen, die wir dir hier auferlegt haben, über Bord zu werfen. Du bist kein Kind mehr. Du hast das Aufwallen deiner Kräfte hinter dir. Du bist neunzehn Jahre alt, eine erwachsene Frau und eine Zauberin. Du bist jetzt für dich selbst verantwortlich.“
„Was ist, wenn ich nicht gehen will?“
Quoneel lächelte. „Du würdest lieber bleiben? Die anderen nennen dich immer noch Hochwohlgeboren, oder? Und das, obwohl Avaunt schon über ein fahr weg ist?“
„Der Name ist hängen geblieben“, bestätigte sie. „Aber er hat seinen Stachel verloren. Es macht mir nichts mehr aus, wenn die anderen mich so nennen. Dies ist mein Zuhause, Meister. Es ist dunkel und kalt und einsam, aber … es ist mein Zuhause. Ich kenne meine Familie nicht mehr. Ich war acht, als ich zum letzten Mal mit meinen Eltern gesprochen habe. Ich kann mich nicht mehr an die Stimme meines Bruders erinnern.“
„Dein Vater war lange vor dir ein Messer in der Dunkelheit. Alle diese Gefühle, die du jetzt durchlebst, hat auch er durchlebt. Genauso dein Bruder. Sie werden es verstehen, wenn du zunächst noch etwas zurückhaltend bist. Und ich weiß, dass sie sich auf dich freuen.“
„Was ist, wenn es mir da draußen nicht gefällt?“, fragte sie. „Wenn ich da draußen nicht leben kann?“
„Dann kommst du mit eingezogenem Schwanz zurück, und ich lache
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