Landy, Derek - Tanith Low - Die ruchlosen Sieben
nicht.“
„Ich bin traumatisiert. Mein Leben ist bereits vor meinem inneren Auge vorbeigezogen.“
„Dein Leben als Wiederholung würde jeden traumatisieren. Dir geht es gut.“
Saracen wies mit dem Kinn auf eine schmale Treppe vor ihnen. „Die bringt uns zu Jackie Earl. Er ist in seinem Büro. Allein. Zwischen ihm und uns ist nur ein Mann mit einem Gewehr.“
„Dann lass uns ein wenig mit ihm plaudern“, schlug Vex vor. „Ihr anderen bleibt hier unten und habt ein Auge auf die netten Totenbeschwörer. Falls sie aufwachen, versetzt ihr ihnen Tritte, bis sie wieder einschlafen.“
Mit Saracen im Gefolge ging Vex die Treppe hinauf. Sie gelangten in einen langen Flur, und Saracen wies mit dem Kinn auf die nächste Ecke.
„Hallo, du da!“, rief Vex. „Wie geht’s? Alles gut? Insgesamt gesehen wahrscheinlich nicht. Ja, wir wissen, dass du da bist. Wir wissen, dass du da bist und ein … Saracen, was hat er dabei?“
„Eine Art Maschinenpistole“, antwortete Saracen.
„Hörst du?“, rief Vex wieder. „Wir wissen, dass du mit einer Art Maschinenpistole hinter der Ecke stehst und nur darauf wartest, dass du hervorspringen und uns töten kannst. Aber du weißt, was wir sind, nicht wahr? Du weißt, dass wir magische Kräfte besitzen. Du kannst uns nicht töten, mein Freund. Kugeln machen uns nur wütend.“
„Wenn du mir ein Loch ins Hemd schießt, reiß ich dir den Kopf ab“, drohte Saracen.
„Hast du gehört?“, fragte Vex. „Und er meint es ernst. Ich hab’s schon erlebt.“
Hinter der Ecke blieb alles still.
„Wir wissen, dass du nervös bist“, meinte Saracen. „Wir wissen, dass du einen ganz trockenen Mund hast. Im Moment leckst du dir über die Lippen. Und jetzt hast du damit aufgehört. Und jetzt bist du überrascht. Nein, es ist niemand hinter dir. Ich weiß einfach so manches. Ich weiß zum Beispiel, dass dir gegenüber ein Fenster ist. Es ist schmal, aber ich bin sicher, dass du dich durchquetschen und verschwinden könntest, wenn du es wirklich wolltest. Dein Gewehr müsstest du natürlich zurücklassen. Wir können nicht erlauben, dass du mit deinem Gewehr abhaust.“
„Abhauen könnte die weiseste Entscheidung sein“, meldete sich Vex wieder. „Und niemand würde schlecht von dir denken. Wir sind schließlich Furcht einflößende Individuen. Mein Freund Saracen zum Beispiel, der so manches weiß, ist technisch gesehen ein Monster. Er ist drei Meter groß und hat ausgesprochen spitze Zähne und zwei Köpfe. Willst du dich ihm wirklich stellen? Wirklich? Besser, du machst dich vom Acker, solange du die Chance dazu …“
„Er ist weg“, berichtete Saracen.
Sie gingen zur Ecke. Vor dem offenen Fenster auf dem Boden lag eine Maschinenpistole. Sie gingen daran vorbei zur Tür am Ende des Flurs. Vex wartete, bis Saracen ihm das Okay signalisierte, dann öffnete er die Tür, und sie marschierten hinein.
Jackie Earl saß auf seinem drehbaren Bürostuhl und hatte beide Hände flach auf den Schreibtisch gelegt. „Ich will keinen Ärger“, sagte er.
Vex hob eine Augenbraue. „Ein paar von Ihren Jungs haben versucht, uns zu töten.“
„Sie sind hier eingebrochen. Das ist Privatbesitz. Meine Jungs haben nur ihren Job gemacht. Ich hoffe, Sie haben keinen umgebracht.“
„Schwer zu sagen“, meinte Vex, „aber ich glaube nicht. Nicht mal die Totenbeschwörer. Das ist übrigens ein dickes Ding, Totenbeschwörer auf der Gehaltsliste zu haben.“
Earl zuckte mit den Schultern. „Man muss konkurrenzfähig sein, wenn man im Geschäft bleiben will.“
Während Vex im Büro hin und her ging, setzte Saracen sich Earl gegenüber. „Kann ich Sie etwas fragen, Mr Earl? Es scheint fast, als hätten Sie auf uns gewartet. Als sei das ein Hinterhalt gewesen, der nicht ganz nach Plan gelaufen ist.“
Earl zuckte mit den Schultern. „Was soll ich sagen? Meine Jungs sind immer einsatzbereit.“
„Aber Ihr Gelände ist ziemlich groß“, bemerkte Vex. Er stand hinter Earl, sodass dieser sich umdrehen musste. „Und Sie haben nur eine Handvoll bewaffneter Schläger? Ich habe gehört, sie hätten eine eigene kleine Armee hier drin, und ich habe sogar gerüchteweise etwas von einem Vampir gehört. Da unten liegen zwar fünf bewusstlose Totenbeschwörer, aber von einem Vampir habe ich heute Abend nichts gesehen.“
„Notwendiger Stellenabbau“, erwiderte Earl. „Ich musste den Vampir entlassen.“
Vex beendete seinen Rundgang durchs Büro und stellte sich neben Saracens Stuhl.
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